Zootool plant eine Pro-Version für Agenturen und Teams

Seit den Tagen von delicous und Mister Wong hielt sich die Innovation im Bereich Social Bookmarking in engen Grenzen. Zwar gibt es einige Varianten des Themas, doch die Unterschiede sind aus Nutzerperspektive eher marginal. Zootool bringt als neuen Aspekt die visuelle Seite ins Spiel. So grenzt Gründer Bastian Allgeier seine Idee im Interview* mit dem PHPmagazin ab:

Als Designer war mir das alles immer zu wenig visuell. Ich kann mir Dinge einfach besser merken, wenn ich sie sehe, und das ist genau das Prinzip hinter Zootool. Ich glaube, dass man heute nur noch punkten kann, wenn man entweder etwas völlig neues auf den Markt wirft oder eben ein bestehendes Prinzip so weit ausbaut, dass es für den Benutzer wirklich einen erheblichen Mehrwert gegenüber der Konkurrenz bietet.

zootool.png
Zootool speichert nicht nur Links, sondern auch Bilder, Dokumente, Videos und Texte, alles hübsch anzusehen und über eine Weboberfläche zu bedienen, die auch eine Mac-Anwendung sein könnte.

Das Design ist ganz gezielt an OS X angelehnt. Die Hauptzielgruppe von Zootool sind visuell orientierte Leute oder einfach nur Webjunkies und ich denke, dass in diesem Bereich der Mac eine immer wichtigere Rolle spielt. Es gibt meiner Meinung nach wenig daran zu rütteln, dass die meisten Programme für den Mac aus User-Interface-Sicht wesentlich intuitiver und attraktiver sind als Windows- oder Linux-Applikationen, auch wenn ich kein Apple-Hardliner bin. Ich wollte dem Ganzen trotzdem von Anfang an einen eigenen Charakter geben und nicht nur stupide eine Mac-App ins Web portieren. Daher stammt unter anderem auch der Gedanke, die Zoo-Metaphorik mit einzubauen und das mithilfe des Designs auch darzustellen.

Im Moment macht Bastian Allgeier, der Zootool zusammen mit seinem Professor Hartmut „habu“ Wöhlbier entwickelt hat, gerade Urlaub. Danach steht die weitere Arbeit an der geplanten Pro-Version an, die sich an Teams und Agenturen richten soll, wie Bastian jetzt im Interview* verriet. Außerdem verfolgt er streng geheime Pläne für iPhone- und iPad-Apps.
„Zootool will be one of the most creative and powerful web applications of 2010“, prognostizierte Federico Viticci im Januar bei MacStories.net. Bis dato hat Zootool noch nicht abgehoben. Laut compete.com hatte Zootool im Juli 14,379 Unique Visitors. Bastian Allgeier:

Zootool ist immer noch ein kleiner Fisch, auch wenn wir im Moment stark anwachsen. In den letzten drei Monaten seit dem Relaunch sind rund 8000 neue Benutzer hinzugekommen.

* Das Interview führte Andreas Wenk, der als Softwareentwickler bei SinnerSchrader in Hamburg arbeitet. Er beschäftigt sich nicht ausschließlich mit PHP, sondern auch ganz viel mit JavaScript, Rails, PostgreSQL, CouchDB und anderen tollen Dingen, die mit Bits und Bytes zu tun haben.

Um Hotelpreise feilschen mit Vadingo und Hotelsnapper

Die ursprüngliche Triebkraft des E-Commerce war, die Transaktionskosten zu senken. Und zwar auf beiden Seiten des Tisches, beim Kunden wie beim Verkäufer – die berühmte Win-Win-Situation. Der E-Commerce der zweiten Generation zielt nun darauf, auch noch die emotionalen Transaktionskosten zu senken. Willkommen im Social Commerce!
Social Commerce zeichnet sich dadurch aus, dass Konsumenten und Anbieter online etwas tun können, was offline nur zu hohen emotionalen Kosten möglich ist. Zum Beispiel um Hotelpreise feilschen. Frank Mansfeld, Hotelier auf Mallorca, beschreibt die Ausgangssituation so:

Mai 2009, es war schon abzusehen, dass es ein schlechtes Jahr für den Tourismus werden würde. Ich selbst war davon genauso betroffen wie die meisten anderen Hoteliers auf Mallorca. Meine Frau und ich sind seit vier Jahren stolze Besitzer zweier Landhotels auf Mallorca, und noch nie wurde von Urlauberseite her so viel gehandelt wie in diesem Jahr. Und gerade weil so viele Gäste mit uns feilschen wollten, kam mir die Idee, eine professionelle Verhandlungsplattform für Hotels im Internet anzubieten. Allerdings wollte ich etwas erschaffen, das auch dem Hotelier zugute kommen würde.

Das Ergebnis heißt Vadingo und ist seit diesem Frühjahr online. Um bei Vadingo ein Hotel zu buchen, müssen Konsumenten Reiseziel, Reisedatum, Kategorie und Wunschpreis eingeben, dann erhalten sie von Vadingo eine Auswahl an Hotels, die genau oder ungefähr dem Wunschpreis entsprechen. Mit bis zu zehn ausgewählten Hotels verhandelt Vadingo dann direkt. Die Verhandlungsangebote der Hotels kommen per Mail, können auf Vadingo verglichen und auch gebucht werden.
Vadingo deckt bis jetzt nur die Balearen ab. Ein breiteres Angebot verspricht Hotelsnapper, das allerdings noch nicht online ist. Hier gibt der Konsument ebenfalls Zielregion, Aufenthaltsdauer, Hotelkategorie und Wunschpreis ein. Hotelsnapper fragt die relevanten Hotels an und bucht dann sofort ohne weitere Rückfrage „das beste Hotel, das Sie zu dem Preis bekommen können“. Hoffentlich nicht das Nächstbeste.
Die fehlende Transparenz schützt zwar den Hotelier vor der bösen, bösen Preistransparenz – er kann über andere Kanäle weiterhin höhere Preise nehmen, ohne dass es groß auffällt. Doch der Konsument bucht blind und muss darauf vertrauen, dass Hotelsnapper wie versprochen nur die Hotels zulässt, die in den Gästebewertungen auf den einschlägigen Bewertungsportalen (zum Beispiel HolidayCheck) die besten Bewertungen aufweisen.

[Trinkgeld für s2planning]

Was wir von Google Me erwarten können

Als Googles große Schwäche gilt, Orkut und Buzz zum Trotz, das Thema Social Media. Und als Lösung ausgemacht scheint seit geraumer Zeit das sagenumwobene Google Me. Handelt es sich dabei um eine Copycat von Facebook oder benutzen wir gar Google Me schon längst, ohne es zu wissen?
Aufschluss darüber, wie Google die Sache sieht, gibt ein Vortrag von Paul Adams, den dieser im Juli gehalten und den Gina Trapani jetzt ausgegraben hat. Paul Adams ist User Experience Researcher bei Google und referiert auf sage und schreibe 224 Seiten über das „Real Life Social Network“.

Paul Adams beschreibt einige Probleme und das gängige Nutzerverhalten auf heute existierenden Social-Media-Websites und macht Vorschläge, wie das Nutzererlebnis besser zu gestalten wäre. Das größte Problem für Nutzer sieht er heute darin, dass bei Facebook & Co. alle „Freunde“ in einem großen Topf landen, während im echten Leben verschiedene Gruppen von Beziehungen auch ganz verschiedene Interaktionsmuster mit sich bringen.
Jede Menge Hintergrundmaterial zu seiner Präsentation hat Paul Adams hier publiziert.

shoedazzle: Modische Damenschuhe im Monatsabo

Das Innovationstempo im E-Commerce ist hoch. Während in Deutschland die Samwer-Brüder Zalando mit massiven Mediaausgaben in den Markt drücken und Otto mit mirapodo einen nachhaltigeren Ansatz verfolgt, erleben in den USA die abogetriebenen Modeshops einen zweiten Frühling. Zum Beispiel das im März 2009 gestartete shoedazzle.
Die Grundidee ist bestechend einfach: Frauen mit Schuhtick (eine nahezu unerschöpflich große Zielgruppe) bekommen jeden Monat für 39,95 Dollar ein Paar Schuhe frei Haus geliefert. Es gibt jeweils eine kleine Auswahl, die einem vorher definierten Stil entspricht, Versand und Retouren sind kostenlos, es gibt keine Abnahmeverpflichtung, jeder Monat kann übersprungen werden. Im Juli hatte shoedazzle 120.000 registrierte Kundinnen.
An shoedazzle ist Kim Kardashian beteiligt, was dem Bekanntheitsgrad nicht geschadet haben dürfte. Das Start-up hat im April 13 Mio. US-Dollar Kapital von Lightspeed Venture Partners und Polaris Venture Partners erhalten, um damit in weitere Segmente zu expandieren.
Welche das sein könnten, wollte Gründer Brian Lee im Interview mit Jason Nazar noch nicht verraten. Handtaschen? Gibt es bei shoedazzle bereits. Herrenschuhe? Vielleicht. Die Herausforderung: Männer geben nicht so viel Geld für Mode im Allgemeinen und Schuhe im Besonderen aus wie Frauen. Siehe manpacks: 20 bis 30 Dollar alle drei Monate sind deutlich weniger als 40 Dollar (fast) jeden Monat.

Samwers, aufgepasst: Mit justfab.com hat shoedazzle auch schon die erste Copycat.
SinnerSchrader arbeitet für mirapodo.

Manpacks: T-Shirts, Socken und Unterhosen im Abo

Gestern abend habe ich bei manpacks.com mein erstes Manpack bestellt: ein T-Shirt, zwei Paar Socken und zwei Unterhosen. Für 21 Dollar plus 15 Dollar Versand. Wenn ich nichts weiter unternehme, schickt mir manpacks.com von jetzt an alle drei Monate ein solches Paket. Mein Job ist dann nur noch, die jeweils ältesten T-Shirts, Socken und Unterhosen wegzuwerfen und die neuen in Betrieb zu nehmen.
Andrew Draper und Ken Johnson haben manpacks.com Anfang 2010 gegründet. Das Genre selbst ist nicht ganz neu: Blacksocks verschickt schon seit 1999 Socken im Abo aus der Schweiz an 40.000 Kunden in mehr als 74 Ländern. Laut Gründer Samy Liechti schreibt Blacksocks bereits seit 2000 mit den schwarzen Socken schwarze Zahlen.
Das Abomodell im E-Commerce dürfte noch jede Menge Potential haben. Allein im Modesegment sind zahllose Varianten vorstellbar, wie beispielsweise shoedazzle zeigt. Selbst in Segmenten wie Lebensmittel, die im E-Commerce noch ganz am Anfang stehen, gibt es Platz für Abomodelle.
Mir gefällt insbesondere das Man[packs]ifesto, die zehn Glaubensgrundsätze von manpacks. Meine Favoriten:

Most men have better things to do than shop for underwear.
Department stores are to be avoided at all costs.
To the extent that we outsource the mundane, we liberate our valuable time.

Andrew Draper und Ken Johnson plaudern in diesem Video aus dem Nähkästchen. Auch wenn der Interviewer leicht nervt, die beiden Gründer wirken sehr sympathisch.

TweetMeme ist tot, es lebe DataSift

Es gibt Start-ups, die sind nicht deshalb erfolgreich, weil ihre ursprüngliche Idee ein absoluter Knaller wäre, exzellent umgesetzt und dann auch noch vom Markt mit offenen Armen angenommen würde. Nein, es gibt Start-ups, die ihre Produkte schneller wieder vom Markt nehmen, als andere sie überhaupt starten. Sie erkennen Sackgassen schneller als andere und verschwenden keine Zeit in solchen.
Zu letzterer Gruppe scheint das britische Start-up Favorit zu gehören. Der namensgebende Dienst fav.or.it verschwand im August 2009 von der Bildfläche. Nun hat es TweetMeme erwischt: Fast auf den Tag genau ein Jahr später macht TweetMeme Platz für den Twitter Tweet Button. In der dritten Iteration konzentriert sich Favorit nun auf das neue Produkt DataSift.

DataSift gives developers the ability to leverage cloud computing to build very precise streams of data from the millions and millions of tweets sent everyday.

DataSift richtet sich an Entwickler, die aus dem endlosen Strom von Tweets mittels komplexer Suche Dinge herausfinden wollen, die heute noch niemand herausfinden kann. The Next Web beschreibt DataSift als „Yahoo Pipes for Twitter“.

Robert Scoble hat Gründer Nick Halstead zu Datasift befragt. Hier das Video.

Das neue Digg und der Nachrichtenkonsum der Zukunft

Social News ist das nächste große Ding. Denn bekanntlich verschiebt sich der Nachrichtenkonsum weg von den klassischen medialen Knotenpunkten hin zum persönlichen Netzwerk.
Twitter hat in dieser Woche seine Antwort auf Facebook und den Like-Button vorgestellt: den Tweet-Button. Und Digg, der Urvater des Genres, meldet sich mit der Version 4, dem neuen Digg, eindrucksvoll zurück.
Dank Alex Wilhelm (The Next Web) hatte ich die Gelegenheit, die öffentliche Alpha zu testen. Die Web-1.9-Firma Digg legt eine formidable Wende hin: Die bisherige Startseite, die zentrale Trafficschleuder, wandert in einen zweiten Karteireiter. Auf der Startseite finden sich künftig die Neuigkeiten aus meinem Netzwerk.
Das neue Digg übernimmt die von Twitter bekannte Following/Followers-Logik, also eine asymmetrische Beziehung zwischen Autor und Leser. Es ist dadurch auch für Autoren, Nachrichtengeber und Medienhäuser interessant, weil es sich gut dafür geeignet, Nachrichten zu verbreiten. Was bei Twitter die Retweets sind, ist hier der klassische, namensgebende Digg.
Kara Swisher von All Things Digital hat mit Digg-Gründer und Interims-CEO Kevin Rose über das neue Digg, die Suche nach einem neuen CEO und das Comeback eines einstmals glanzvollen Start-ups gesprochen. Hier das Video:

Übrigens: Ich habe fünf Einladungen für das neue Digg zu vergeben. Anfragen bitte in die Kommentare.

EPIC 2010

Wir schreiben das Jahr 2004. In Deutschland geht gerade die erste Interneteiszeit (2001 bis 2004) zuende. Robin Sloan und Matt Thompson veröffentlichen EPIC 2014, die leicht düstere Vision der Netz- und Medienwelt des Jahres 2014.
EPIC
Sechs Jahre später hat sich EPIC 2014 als erstaunlich prognosestark erwiesen. Manches von der damals beschriebenen Vision ist bereits eingetreten. Jetzt kündigt Google den Deutschland-Start von Google Street View an und gibt der tief im Sommerloch darbenden Medienszene ein heißes Thema. Der deutsche verpixelte Michel zieht alle Register der Aufregung.
Bis hin zur völligen Lächerlichkeit.[Trinkgeld für den Link zu EPIC 2014]

Wer braucht schon eine Website?

Wer braucht eigentlich noch eine Website, wenn es andere Plattformen doch auch tun? Volkswagen war bei der Markteinführung des Polo GTI bekanntlich dieser Meinung und setzte alles auf Facebook. Und auch SinnerSchrader leistet sich schon seit bald drei Jahren nur ein dürres Flashgerippe mit einem Haufen Links, wo einst eine prachtvolle Website residierte.
Stattdessen schreiben wir uns hier auf dem Fischmarkt und bei radicalmonday die Finger wund, schreiben jede Menge offene Stellen bei monster aus, haben diverse Seiten und Gruppen bei Facebook, veranstalten zwei Konferenzen und diverse kleinere Gigs.
Und jetzt haben wir auch einen eigenen Kanal bei YouTube. Dort erfährt man definitiv mehr über uns als auf der Website.

Warum ich den BerryReader doch nicht gekauft habe

Ein nicht unerheblicher Teil meines Nachrichtenkonsums findet nach wie vor auf dem Blackberry statt. Früher, sagen wir vor einem Jahr, war Google Reader das bevorzugte Werkzeug, heute ist es Twitter. Vor allem, seitdem die hervorragende Twitter-App da ist.
Die mobile Version des Google Reader hat dagegen sogar Funktionalität eingebüßt. Früher konnte ich direkt aus dem mobilen Reader neue RSS-Feeds abonnieren, was ich auch reichlich getan habe. Das geht inzwischen nicht mehr. Gibt es vielleicht eine App für Google Reader, die ähnlich gut ist wie die Twitter-App?
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Der kürzlich von Bellshare entwickelte BerryReader klang vielversprechend, hielt aber bei mir im Test nicht alles, was er versprach. Zwar ist die Oberfläche für Blackberry-Verhältnisse ganz gelungen, die Anwendung schnell und die Bedienung unkompliziert. Doch zwei Punkte haben mich nach Ablauf der siebentägigen Testphase daran gehindert, die 9,95 Dollar auszugeben:

  • Anders als die Twitter-App öffnet BerryReader externe Links statt in Opera Mini im Blackberry-Browser. Und dieser Browser ist leider völlig unbrauchbar.
  • Zudem kommt BerryReader offensichtlich nicht mit meinen 1526 Feeds zurecht. So erkläre ich mir jedenfalls, dass der Reader weder einzelne Feeds noch einzelne Ordner oder Tags anzeigen kann.

Und damit ist das Leseerlebnis doch deutlich eingeschränkt. Ganz anders die Twitter-App. Sie öffnet Links selbstverständlich in Opera Mini, das funktioniert zwar nicht perfekt, aber gut genug. Sie kommt mit den 1449 Twitterfeeds, die ich lese, problemlos zurecht und kann zudem auch Twitter-Listen.
Dieser Punkt im Duell Google vs. Twitter geht daher klar an Twitter.