Werbung ist ineffizient

Vierter Teil der Trilogie Die Automatisierung der Werbung. Teil eins und zwei und eine Antwort auf Martin Röll sind im Januar erschienen.

„Die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte.“ Dieser dem Marketing-Genie Henry Ford zugeschriebene Satz hat bis heute Gültigkeit. Werbung ist ineffizient, und die Werbebranche hat jahrzehntelang hervorragend davon gelebt.

Aber nicht mehr lange. Wir befinden uns inmitten einer Effizienzrevolution, die keinen Stein auf dem anderen lassen wird. Am Ende werden alle davon profitieren: Werbungtreibende, Agenturen, Werbeträger – und auch die Zielgruppe, Kunden wie Mediennutzer. Und wie das mit Revolutionen so ist: Manch ein Mächtiger wird dabei auf der Strecke bleiben. […]

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Die Frauenfänger

Schöne Überschrift, die der gestrige Tagesspiegel über den geballten Optimismus der E-Commerce-Branche setzt. Der Grund dafür ist simpel: Die Frauen sind die letzte große Zielgruppe, deren Erschließung noch im Gange ist.

Noch kaufen online weniger Frauen ein als Männer. Das soll sich ändern. Wie dereinst auf dem Postamt sollen sie nun vom Schreibtisch aus die Umsätze der Branche mit Mode, Kosmetik und Lebensmitteln befeuern – und die Männer überflügeln, die im Netz eher Bücher, Software und Computer kaufen. „Im Jahr 2000 waren 80 Prozent der Onlinekäufer männlich. Heute kaufen schon knapp 45 Prozent Frauen ein. Tendenz steigend“, sagt Dorothee Hoffmann vom Versandhandelsverband.

Der Artikel nennt aktuelle Umsatzerwartungen für 2006: Nach 6,1 Mrd. Euro im vergangenen Jahr (das war die Prognose des bvh, siehe Basisdaten zum E-Commerce) wird nun ein Zuwachs von 13 Prozent prognostiziert (das wären dann 6,9 Mrd. Euro).

Dabei sollte nicht übersehen werden, dass dies in absoluten Zahlen (+0,8 Mrd. nach +1,2 Mrd. 2005 und +1,3 Mrd. 2004) wie auch prozentual (nach 24 Prozent 2005 und 36 Prozent 2004) einer Wachstumsabschwächung entspricht. Amazon will mit 16 bis 23 Prozent weiter stärker als der Gesamtmarkt wachsen.

Stellen wir wieder die Fischmarkt-Frage: Was sind die Triebkräfte dieser Entwicklung?

  • Sortimentserweiterung: Mode und Lebensmittel werden wichtiger, die großen Versandhäuser werden zu Universalanbietern.
  • Breitband und Flatrate: Amazons Deutschlandchef Ralf Kleber spricht aus, was alle erwarten – einen „deutlichen Schub“.
  • Vorhersehbare Ereignisse: Fußball-WM 2006 und Mehrwertsteuererhöhung 2007 sollen in diesem Jahr neue Käufer bringen.

Bemerkung am Rande: Ob KarstadtQuelle, wie es jetzt geschieht, mit großen Aufwand seine Portale neckermann.de und quelle.de modernisiert, war exakt unsere Frage, als Thomas Middelhoff im vergangenen Frühjahr dort das Ruder übernahm.

Heise ergänzt die allgemeine Freude um ein Zitat von Stephan Schambach, Gründer von Intershop und jetzt Chef der US-Firma Demandware, der eine weitere Internationalisierung des Online-Handels erwartet:

„Die Amerikaner sind gerade dabei, ihre Internetauftritte zu internationalisieren. In Zusammenarbeit mit Logistikpartnern werden sie auch in Europa kostenlose Lieferung anbieten.“

Schambach erwartet laut Heise, dass die Online-Umsätze in zehn Jahren etwa 30 bis 40 Prozent des Einzelhandels ausmachen werden.

Warmgeschrieben

Wow, die Woche beginnt mit einem heftigen Lob von Robert Basic (Basic Thinking, übrigens eine der inspirierendsten Quellen, aus denen der Fischmarkt seine Ware bezieht). Das heißt, genau genommen endete die letzte Woche schon damit…

In der letzten Zeit mehren sich die relevanten Nachbarstände in immer schnellerer Folge. Einige davon finden sich bereits in der einschlägigen rechten Spalte, andere (noch) nicht:

  • Steffen Thalmann schreibt seit Dezember 2005 über Marketing, Werbung und Design.
  • Connected Web von Dominik Schwind (seit Oktober 2005) mit der schönen Unterzeile: Das Web – Noch beta, aber schon 2.0
  • Richard Joerges, Chefredakteur der Titel ComputerFoto, digifoto und MACup, hält auf web-zweinull.de seit November 2005 in Sachen – na, was wohl? – Web 2.0 auf dem Laufenden.

Zur Lektüre empfohlen.

Web 2.0 oder Web 1.0?

Gern hätte ich die Frage beantwortet, ob Google Page Creator, die neueste Beta aus dem Hause Google, Web 2.0 oder doch nur Web 1.0 ist. Aber – leider, leider – war ich nicht schnell genug, und die bereits von Google Analytics bekannte Marketingstrategie „extremely strong demand“ kam zum Zuge. Also bitte vorerst anderswo nachlesen.

Now who’s this editor for? It’s not for the professional web designer or site creator, I’d say, but rather for the quick’n’dirty, Geocities type of websites. It’s also not for bloggers, of course, as it creates a more traditional homepage. It’s not for the MySpace crowd (who likes to tinker with templates a lot), as it lacks social features. I can’t even see it for smaller companies wanting to have their own websites, as all sites at this time get the “googlepages.com” extension… and who’d want that?
Philipp Lenssen über die Zielgruppe von Google Page Creator

Die Auferstehung

Zwar steht mit Aschermittwoch erst die Fastenzeit bevor. Aber Heise ist der Zeit ja stets einen Schritt voraus. Mit österlicher Schlagzeile und Sonnenaufgang auf dem Titel präsentiert die März-Ausgabe der Technology Review das Thema Web 2.0.
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Die Experten sind sich einig, dass im Internet ein neues Kapitel aufgeschlagen wurde, bei dem eine kritische Masse von Online-Nutzern und das Wachstum bei Breitband- sowie drahtlosen Verbindungen Hand in Hand gehen mit neuen Programmiertechnologien, die neue Nutzungsmöglichkeiten für Software ermöglichen. Daraus wiederum ergeben sich Geschäftsmodelle, die sich meist um die Analyse und Aufbereitung dezentral erhobener Daten drehen: Web 2.0.

Seit gestern am Kiosk.

Was macht eigentlich Artnet?

chart_artnet.jpg Bis vor einigen Monaten sahen Charts wie dieser genau spiegelbildlich aus: Der Gipfel war am linken Rand. Jetzt ist nicht nur der zeitliche Abstand zum Absturz gewachsen, sondern auch das eine oder andere einst hoffnungsvoll gestartete und dann an hoffnungslos überzogenen Erwartungen fast gescheiterte Geschäftsmodell.

Artnet hat offensichtlich so lange durchgehalten, bis das Konzept eines virtuellen Marktplatzes für Kunst endlich abgehoben hat. Was sind die Triebkräfte dieser Entwicklung?

  • Content: Das Artnet Magazine zieht Interesse, Leser und Traffic auf die Website.
  • Page Impressions: Mit 2,6 Millionen im Monat (Stand: Oktober 2005, Quelle: FAZ.net) ist die kritische Masse für Onlinewerbung erreicht, die Einnahmen steigen. Der allgemeine Aufwärtstrend der Onlinewerbung trägt ein Übriges dazu bei.
  • Internationalisierung: Artnet ging rechtzeitig nach New York und wächst von einer Basis im US-Markt aus jetzt in den europäischen Kunstmärkten.

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  • Ubiquität: Der (kostenpflichtige) Preisdatenspeicher wird im Kunsthandel praktisch flächendeckend genutzt. Die Höhe des Preises richtet sich nach der Zahl der Zugriffe.
  • Netzwerkeffekte: Mehr als 1.200 Galerien bezahlen für ihre Präsenz bei Artnet. Die Zahl ist viermal so hoch wie die Zahl der Aussteller auf der Basler Kunstmesse, sagt Vorstandschef Hans Neuendorf:

    „Einen größeren Marktüberblick gibt es im Kunstmarkt nicht und mit jeder zusätzlichen Galerie wird das Netzwerk nützlicher und attraktiver für alle Beteiligten. Dadurch vereinfacht und beschleunigt sich die Akquisition.“

  • Geduld: Artnet entstand schon 1989 (!) und stieg bereits 1995 ins Web ein.
  • Erfahrung: Hans Neuendorf ist Jahrgang 1937, kennt das Kunstgeschäft seit Jahrzehnten und war in den sechziger Jahren am Entstehen der Kunstmessen wie der Art Cologne beteiligt:
  • „Da war ein sehr großes Bedürfnis des Publikums, einen Überblick über Preise zu bekommen. Das Prinzip haben wir auch auf Artnet angewandt.“

  • Wachstumspotenzial: Bilder verkaufen über Artnet? Auktionen? Transaktionskosten minimieren? Impulskauf? Alles Themen, über die Hans Neuendorf nachdenkt oder die ihm schon Millionenverluste mit Pilotprojekten eingebracht haben.

Es sind letztlich die gleichen Themen, die auch den klassischen E-Commerce umtreiben. Inzwischen sind die Nischen groß genug für den Erfolg.

Mehr zu Artnet im Tagesspiegel und in der Berliner Zeitung.

Was ist Web 2.0?

„Wenn in Deutschland irgendein neuer Dienst aufpoppt, dann kann man sich sicher sein, dass dies ein Klon eines amerikanischen Dienstes ist und mangels Alleinstellungsmerkmal auch recht flott wieder von der Bildfläche verschwindet“, stellte Nico Lumma im Dezember lakonisch fest. „So sieht es derzeit in Deutschland in Sachen Web 2.0 aus.“

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Vor diesem düsteren Hintergrund betritt demnächst Qype die Bühne. „Qype ist der ideale Ort, um die besten Adressen, Dienstleister und Treffpunkte einer Stadt zu finden, zu empfehlen und andere Menschen zu treffen.“ Soweit die Selbstdarstellung. Beispiele für ähnliche Ansätze sind Yelp oder Insider Pages.

Bis Qype den Vorhang hochzieht, bleibt einstweilen das frisch freigeschaltete Blog als Hilfe zur Meinungsbildung. Gründer Stephan Uhrenbacher schreibt dort just über die Bedeutung von Web 2.0. Sein Fazit:

Web 2.0 = Cheap Technology + Social Web + Ubiquity

Erstens sind viele Techniken gereift, die die Erstellung von faszinierenden Websites schnell und günstig machen. Die Kultur des Teilens hat da viel beigetragen.

Zweitens werden wir demnächst viele praktische Beispiele sehen, wie viel Spaß „social networking“ machen kann.

Drittens kann dank DSL Flatrate und Firefox fast jeder Anwender diese neuen Systeme auch tatsächlich nutzen.

Dem ist nichts hinzuzufügen. (Außer vielleicht, dass sich Links in einem Blog immer ganz gut machen würden.)

Umschau am Morgen

Ein paar schnelle Links zum zweiten Frühstück:

Craigslist auf deutsch

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„Wie übersetzt man Craigslist auf Deutsch?“ Fragt Kai Pahl. Und gibt gleich selbst die Antwort: „Mit Heisetreff. Nur echt mit den Trollen.“

Mehr dazu bei Heise selbst.
Nachtrag: Eine Kurzrezension von Wolfgang Sommergut:

Es gibt keine RSS-Feeds. Wenn ich beispielsweise alle Wohnungsangebote in München beobachten will, muss ich regelmäßig auf heisetreff vorbeischauen – eine andere Möglichkeit wie etwa Alerts ist mir nicht aufgefallen. Erstaunlich finde ich zudem, dass man sich über Veranstaltungen nur per E-Mail benachrichtigen lassen kann, ein Import in einen Desktop-Client mittels iCalendar wird nicht angeboten. Auch sonst sind keine Einflüsse vom Web 2.0 zu sehen: Bei Veranstaltungen bieten sich Mashups mit Kartendiensten an (wie das etwa upcoming.org macht, das Gleiche gilt für Immobilienangebote (Craigslist zeigt wie das geht). Ja, und schließlich fehlt der Schriftzug „Beta“ 🙂 Was aber nicht heißen muss, dass keine neuen Features mehr kommen.