Unser Haus, unser Auto, unser Boot

Beim gestrigen open betabreakfast im Hamburger Co-Workingspace betahaus ging es um die Chancen und Herausforderungen von Peer-to-Peer-Modellen – kurz P2P. Der Begriff stammt aus der IT-Branche und steht für ein Rechnernetzwerk, in dem alle Computer gleichberechtigt sind und diese sowohl Dienste in Anspruch nehmen, als auch zur Verfügung stellen können.
Dieses Modell ist in der Offline-Welt mittlerweile zu einer gesellschaftlichen Bewegung mit einer enormen kulturellen und wirtschaftlichen Kraft geworden. Moderne Technologien ermöglichen nicht nur das vereinfachte Teilen von Gütern, sondern bringen auch Menschen zusammen und reduzieren überflüssigen Konsum. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist das amerikanische NeighborGoods, eine Tauschbörse für die Nachbarschaft.
Doch auch in Deutschland sind der Gemeinschaftsgedanke und das Teilen, Tauschen und Verschenken im vollem Gange. Beim betabreakfast stellte Ingo Struckmeyer sein Hamburger Start-Up Rent’n’Roll vor. Über die Carsharing-Plattform lassen sich zukünftig private Autos mieten und vermieten. Für Struckmeyer ist der Marktplatz eine Ergänzung zum kürzlich gelaunchten Mobilitätskonzept car2go – denn Rent’n’Roll bietet verschiedene Fahrzeugklassen an und nutzt in der Stadt bereits vorhandene Ressourcen.
Der Hyperkonsum des 20. Jahrhunderts, in dem der Besitz jedes Einzelnen eine große Rolle spielte, wird allmählich vom kollaborativen Konsum abgelöst. Auch Unternehmen und Dienstleister müssen sich diesen neuen Marktgegebenheiten anpassen. So befindet sich Amazon derzeit mit dem Kindle Lending Club in der Beta-Phase. Über die Plattform können die Leser von Kindle E-Books ihre gekauften Titel über eine begrenzte Zeit an Freunde verleihen.
Griffin Farley, BBH New York, fasst diese Entwicklung prägnant zusammen:

„Plan not just for those that buy your products, but for those that will eventually buy your products from them“

Wer noch weiter in das Thema einsteigen möchte, sollte sich dieses Video der beiden Buchautoren Rachel Botsman und Roo Rogers anschauen:

Der vierte Streich des Marco Börries: NumberFour

In dieser Woche ging durch die Presse, dass Jochen Wegner bei Burda von Bord geht, um zusammen mit Marco Börries eine Firma für digitales Publishing zu gründen. Während Jochen Wegner die Geschäfte führt, übernimmt Marco Börries die Rolle eines „aktiv tätigen Gesellschafters“.
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Die gleiche Position nimmt Marco Börries auch bei zwei weiteren Unternehmen ein. Eine davon ist die ebenfalls in Berlin ansässige NumberFour AG. Hier führt André M. Bajorat als Vorstand die Geschäfte, einer seiner alten Weggefährten. André M. Bajorat war zehn Jahre lang im Management von Star Finanz tätig. Star Finanz ist das zweite Unternehmen, das Marco Börries in seiner Laufbahn gegründet und verkauft hat, sozusagen NumberTwo.
NumberFour ist seit September 2009 aktiv und bis dato vor allem damit beschäftigt, ein eigenes Entwicklerteam aufzubauen und eine Plattform zu entwickeln, auf der dann Unternehmenssoftware für Kleinstunternehmen entstehen soll. Den Launch erwartet André M. Bajorat „nicht mehr in diesem Jahr und auch nicht Anfang 2011“. Sein Fokus liegt derzeit darauf, Partner für die verschiedensten Branchen zu suchen. André M. Bajorat:

Wir sind nicht so vermessen zu glauben, dass es uns jemals gelingen könnte, alle Branchen zu verstehen. Dafür sind wir auf Partner angewiesen.

Mit der Unternehmensgröße von einem bis 20 Mitarbeitern addressiert NumberFour die große Mehrzahl aller existierenden Unternehmen – und ein Segment, das von ERP-Standardlösungen wie SAP meilenweit entfernt ist. André M. Bajorat:

Die meisten Kleinstunternehmen arbeiten heute mit selbstgestrickten Werkzeugen, mit Lösungen aus dem POS-Bereich oder mit dem guten, alten Schuhkarton.

Neben Marco Börries hat NumberFour noch weitere, ungenannte Investoren. Nicht dazu gehört Lars Hinrichs, der Marco Börries ins Board seiner neuen Firma HackFwd geholt hat.
Foto: Yahoo! Blog

projektwerk feiert 10. Geburtstag

090320_pw_10jahre.jpgGaumenfreude auf der Geburtstagsfeier: Nachtisch im projektwerk-Stil
10 Jahre sind ein stattliches Alter für ein Internet-Unternehmen. projektwerk gehört damit zu den Playern der ersten Stunden und hat schon mindestens eine Krise gemeistert. In 10 Jahren hat sich einiges getan: Als projektwerk im März 1999 gegründet wurde, verstanden viele den Sinn und Zweck einer Online-Projektbörse nicht. Dass darüber Aufträge gewonnen oder Experten für Projekte gefunden werden konnten, war den meisten suspekt.
Die Nutzung von Online-Plattformen für das eigene Geschäft – heute Dank Xing und Co eine Selbstverständlichkeit – fand vor rund zehn Jahren nur Zuspruch von sehr technikaffinen Kreisen. So waren es die ITler, die zu den ersten Usern von projektwerk zählten. Sie ließen sich von der anfangs etwas unkomfortablen Oberfläche nicht abschrecken und erkannten bereits damals die angebotenen Möglichkeiten. Diese Nutzer waren es auch, die projektwerk weiter entwickelten – durch kritische Anmerkungen, Forderungen nach neuen Features und zuletzt, indem sie den neuen Claim „Real Time Competence“ fanden.
Inzwischen ist projektwerk fest im IT-Freelancer-Markt etabliert. Viele tausend Nutzer haben im Laufe der Jahre einen passenden Auftrag, den richtigen Dienstleister oder Geschäftspartner gefunden. Monatlich werden rund 1.000 Projekte veröffentlicht, und in 30.000 Profilen präsentieren sich die Spezialisten.
Work 2.0 nennt projektwerk-Gründerin Christiane Strasse diese flexible Arbeitswelt, in der jeder Einzelne eigenverantwortlich seine berufliche Entwicklung gestaltet. Jeder arbeitet mit wem und wo er will. Und jeder übernimmt Verantwortung für seine Arbeit, die Akquise von Projekten und Vermarktung der eigenen Fähigkeiten.
Die IT-Experten sind die Vorreiter. Doch projektwerk ist auch für Freiberufler und Unternehmen anderer Branchen interessant. Denn gerade in Krisenzeiten können Freelancer dank ihrer Flexibilität profitieren. Voraussetzung ist, dass sie sich gut vermarkten, ihr Profil schärfen und sich auf ihre Stärke und Erfahrung besinnen. Deshalb will projektwerk branchenspezifische Oberflächen ausbauen und die Usability weiter verbessern. Und auch international hat die Projektbörse große Pläne. Gute Aussichten für das neue Lebensjahr.
projektwerk war Sponsor der next08. Auf der next09 wird projektwerk-CEO Christiane Strasse zum Thema „The Human Factor in Share Economy“ sprechen.

Enterprise 1.0 und Bildausfall aus Basel

Am Vorabend der reboot10 geschah der größte für die TV-Übertragung einer Fußball-EM anzunehmende Unfall: Das Bild vom Halbfinale Deutschland-Türkei fiel aus. Wie unter der Lupe zeigt dieser Ausfall die Schwäche zentralisierter und zentral kontrollierter kommerzieller Systeme.
Denn erstmals bei einer Sportveranstaltung hat die Uefa sämtliche TV-Sender dazu verpflichtet, das von ihr und damit dem Veranstalter selbst produzierte Fernsehsignal zu übernehmen. Das zentrale Sendezentrum in Wien war offensichtlich unzureichend mit Notstrom versorgt, sodass ein Gewitter durch kurze Stromunterbrechungen den sofortigen Reboot der Sendesysteme auslöste.
Der Trend zur Zentralisierung und Kommerzialisierung der Fußballübertragung ist nicht neu. Doch noch bei der WM 2006 durften ARD und ZDF das zentral produzierte Signal um eigene Bilder ergänzen. In diesem Jahr liefen auch diese Bilder über das Wiener Sendezentrum.
Free ist anders. Das Leitthema der diesjährigen reboot wird, auf den ersten Blick überraschend, sehr stark auf Unternehmen bezogen. Enterprise 2.0, so weit das Auge reicht. Kein Wunder: Nach der Webzwonullszene und den interaktiven Konsumenten, die sich mit Social Networks angefreundet haben, sind die Unternehmen die letzte Bastion des einsnulligen Webs.
Wenn Web 1.0 das nach überlieferten Prinzipen wie zentraler Kontrolle und und beschränktem Zugang organisierte Web war, dann ist das heutige Web free im Sinne der reboot10. Hier in Kopenhagen trifft sich heute und morgen eine Szene, die sich auf den Marsch durch die Institutionen Unternehmen vorbereitet.
Der Sendeausfall gestern hat die Verwundbarkeit hochprofessionalisierter, kommerziell betriebener Mediensysteme gezeigt. Trotz aller Unzulänglichkeiten sind Twitter, Qik & Co. heute schon schneller und emotional stärker als das sich selbst zu Tode hochgerüstete TV.
Wir werden sehen, ob heute wenigstens das TV-Bild stabil bleibt. Das Konferenz-WLAN hat bislang jedenfalls funktioniert.

Apple goes Enterprise 2.0

Vielleicht die beste Nachricht der Apple-Entwicklerkonferenz WWDC verbarg sich in der ersten Vorankündigung für die nächste Betriebssystemgeneration 10.6 („Snow Leopard“):

For the first time, OS X includes native support for Microsoft Exchange 2007 in OS X applications Mail, iCal® and Address Book, making it even easier to integrate Macs into organizations of any size.

Zu deutsch: Irgendwann im nächsten Jahr hat Entourage ausgedient. Auch wenn ich mich inzwischen damit angefreundet habe – die hauseigenen Produkte von Apple sind einfach besser:

Microsoft Entourage, the „Outlook“ for the Mac, is proof that you can develop awful Mac applications.

Doch Scherz beiseite. Die eigentliche gute Nachricht ist, dass Apple endlich beginnt, auch Unternehmen als Kunden ernstzunehmen, die keine Design-, Werbe-, Interaktiv- oder sonstigen Agenturen sind.