Martin Recke

Co-Founder @nextconf, corporate editor @AccentureSong, PR guy, blogger, journalistic background, political scientist, theology, singer, father, landlord, roman-catholic.

Apple ist Post-Digital

Bildschirmfoto 2012-03-09 um 10.08.36.png
Gestern habe ich an dieser Stelle beschrieben, wie Apple die Post-PC-Welt dominiert. Bei weiterem Nachdenken fiel mir heute ein, dass Apple nicht nur die Post-PC-Welt dominiert, sondern auch das erste große post-digitale Unternehmen ist (und womöglich auch die post-digitale Welt dominieren wird).
Dies bedarf einer Erklärung. Adam Tinworth definiert Post-Digital wie folgt:

It’s about the new things that arise when digital is so ubiquitous as to be unremarkable.

Das genau ist der wesentliche Punkt, was das iPad betrifft. Apple haut in seinem Video für das neue iPad in die gleiche Kerbe:

Wir glauben, Technologie ist am besten, wenn man sie gar nicht sieht.

Genau daran hat Apple in den letzten zehn Jahren gearbeitet. Der iPod war der erste Treffer. Er hat Musik allgegenwärtig und gleichzeitig fast unsichtbar gemacht. Wer das heutige Musikerlebnis mit dem CD-Gerümpel vergleicht, weiß was ich meine.
Dann kam das iPhone und führe ein neues Paradigma touch-basierter Interfaces ein. Mit dem iPhone begann die Tastatur zur verschwinden. Als Steve Jobs das iPhone vorstellte, waren die Konsumenten schon an winzige Tastaturen auf ihren Blackberrys gewöhnt.
Heute haben wir uns an virtuelle Tastaturen auf Touchscreens gewöhnt. Und auch an die Qualität der Touchscreens von Apple, was es manchmal schwer macht, mit älteren Exemplaren an Fahrkartenautomaten zurechtzukommen.
Das iPad hat dieses Touchscreen-Paradigma einen Schritt weitergebracht, indem es Touchscreens in weniger als zwei Jahren zum neuen Standardinterface für Computer gemacht hat. Das iPad (und genauso das iPhone, der iPod touch und iPod nano) sind im Grunde nichts anderes als Screens.
Alles andere ist schon fast unsichtbar geworden. Dieser Prozess der Reduzierung begann übrigens mit dem ersten iMac und damit schon 1998, kurz nachdem Steve Jobs zu Apple zurückgekehrt war.
Mich fasziniert, dass Apples Wettbewerber diese Botschaft immer noch nicht verstanden haben: Die Konsumenten wollen keine hässlichen Kisten auf oder unter ihren Schreibtischen. Sie wollen nur einen Bildschirm, eine Tastatur und eine Maus (obwohl die Maus obsolet ist und schnellstens durch ein Trackpad ersetzt werden sollte).
Eigentlich aber wollen sie auch das nicht, sondern einfach nur die Dinge tun, die sie tun wollen, ohne über Technologie nachzudenken.
Dieser Text erschien im Original auf nextberlin.eu.

Apple dominiert die Post-PC-Welt

IMG_2110.JPG
Als wir im vergangenen Herbst über das Motto der NEXT Berlin 2012 nachdachten, da war auch das Stichwort Post-PC in der engeren Auswahl. Steve Jobs persönlich hatte bei der Vorstellung des iPad 2 vor einem Jahr klar gemacht, wohin für Apple die Reise geht.
Ein Jahr später liefert sein Nachfolger Tim Cook aus Anlass der Präsentation des neuen iPad beeindruckende Zahlen: Im vergangenen Quartal trugen die Post-PC-Geräte iPod, iPhone und iPad bei Apple 76 Prozent zum Umsatz bei. Allein das iPad fand von Oktober bis Dezember 15,4 Millionen Käufer – und schlug damit sämtliche führenden PC-Hersteller. Marktführer HP kam mit seiner gesamten PC-Linie auf 15,1 Millionen Stück.
Der PC (und damit auch der Mac) ist nicht mehr das Zentrum des digitalen Lebens, sondern nur noch ein Gerät unter vielen – oder steht gar komplett zur Disposition. Apple treibt diese Entwicklung selbst voran, indem das iPad immer mehr Funktionen und Apps bekommt, die bis dato einen PC benötigten. Es ist die alte Vision von Steve Jobs: The Computer for the rest of us.

Und damit könnte am langen Ende der Geschichte Steve Jobs doch noch den Krieg gegen den PC gewinnen, wenn nicht mit dem Mac, dann mit dem iPad. In den Köpfen ist der Krieg schon gewonnen.

car2go startet in Berlin – rechtzeitig zur Berlin Web Week

Hamburg hat sie schon etwas länger, jetzt kommen die weiß-blauen Smarts auch nach Berlin. Ende April bringt car2go die mit 1.000 Autos größte Fahrzeugflotte der Welt in der Hauptstadt an den Start. Wenige Tage vor dem Start der Berlin Web Week am 2. Mai rollt die Daimler-Tochter ihr Spontanmietkonzept am Ort des Geschehens aus.
12C229_005 lores.jpg
Parallel startet car2go einen Pilotversuch, in dem die öffentlichen Verkehrsmittel des VBB mit car2go und weiteren Partnern in einem gemeinsamen Auskunfts- und Bezahlsystem kombiniert werden sollen. Neben Bus, Bahn und Carsharing sollen auch Fahrradverleih, Taxi und Parkautomaten integriert werden. Dabei sein soll auch myTaxi, an dem sich Daimler und die Deutsche Telekom erst vor kurzem beteiligt haben.
Ab 2013 sollen die konventionellen Autos schrittweise durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden. Im nächsten Jahr sollen 300 der 1.000 Fahrzeuge elektrisch fahren, die ersten Elektroautos sind testweise bereits für 2012 angekündigt. Beim Flottenbetrieb arbeitet car2go mit Europcar zusammen.
Daimler und die Deutsche Telekom sind Sponsoren der NEXT Berlin 2012.

Auch Start-ups brauchen Organisation, Selbstdisziplin und Projektmanagement

Wie tickt ein Start-up? Dieser Frage widmet sich die Welt in einer mehrteiligen Serie, deren zweiter Teil heute erschienen ist. Sie begleitet Alex Oelling auf dem Weg zur NEXT Berlin im Mai, wo er eine App vorstellen wird. Das Thema heute: Organisation, Selbstdisziplin und Projektmanagement – die klassischen Sekundärtugenden also, die alles andere als zweitrangig sind.

Wer ein Start-Up mit einer Ansammlung chaotischer und nicht organisierter Leute vergleicht, der ist auf dem Holzweg. „Wir können nicht machen, was wir wollen, sondern verfolgen natürlich einen Plan.“ Unbedingt dazu gehören: Disziplin, hoher Einsatz und Verlässlichkeit.

In der aktuellen Folge tritt nach Gründer Alex Oelling und Entwickler Billy ein dritter Beteiligter auf: Andreas Cem Vogt, in der Szene auch kein Unbekannter. Er ist für die Organisation verantwortlich, also das Projektmanagement. Das Team arbeitet mit Scrum, einer Projektmanagementmethode, die auch bei SinnerSchrader schon Einzug gehalten hat.

Für Andreas Cem Vogt ist klar, dass Unternehmen Denkweisen von Start-Ups in Zukunft übernehmen werden. „Bei klassischen Unternehmen zählt derzeit oft nicht mehr das Neue, sondern das Wachstum.“ Inzwischen merkten Unternehmen aber, dass dies nicht mehr ausreiche. „Man muss komplett umdenken, Innovationen sind enorm wichtig.“ Mittlerweile gebe es in Unternehmen längst auch Teams, die ähnlich wie Start-Ups arbeiten.

Tickets für die NEXT12 gibt es auf nextberlin.eu. Die Welt ist ein Medienpartner der NEXT12.

Warum unsere Kreativagentur Haasenstein heißt

Seit 1855 gehört zu SinnerSchrader die Kreativagentur Haasenstein. Naja, nicht ganz. Zu uns gehört Haasenstein erst seit 2011, aber die Agenturmarke Haasenstein ist tatsächlich 157 Jahre alt. Wie Haasenstein diese Historie in ein stimmiges Corporate Design übersetzt hat, das erzählt der folgende Film.

Readability: Schöner lesen am Bildschirm und mobil

Größere Mengen Text am Bildschirm zu lesen ist meistens kein Spaß. Gerade Medienwebsites sind häufig wahre optische Müllhalden, voller Werbung, Teaserflächen, Bildstrecken und Navigationsgedöns. Hier merkt der Leser den jahrzehntelangen Vorsprung der Printmedien, was den Lesegenuss angeht.
Aber kein Problem im Web, für das nicht auch das Web eine Lösung parat hätte. Zu den Pionieren wie Instapaper und ReadItLater gesellt sich jetzt mit Readability ein neuer Spieler. Seit heute ist die App für iPad und iPhone im App-Store verfügbar.

Für das Leseproblem im Web hat auch Apple schon eine Lösung im Angebot. Safari hat einen eingebauten Reader, mit dessen Eleganz es Readability gut aufnehmen kann. Die Leseliste pflegt Safari ebenfalls direkt im Browser, und seit iOS 5 synchronisiert Apple die Leseliste über alle Gerätegrenzen hinweg.
Readability hat demgegenüber den Vorzug, an keinen bestimmten Browser gebunden zu sein. Ich für meinen Teil nutze Chrome und das Readability-Add-On. Es fügt dem Browser einen kleinen roten Sessel hinzu, hinter dem sich drei Funktionen verbergen: Read Now, Read Later, Send to Kindle.
Das sagt eigentlich alles. Die ersten beiden sind selbsterklärend, und mit der dritten Funktion ist auch gleich der wichtigste Vorzug von Readability angedeutet: die Integration mit zahlreichen weiteren relevanten Produkten und Diensten. Der einfache Export in Richtung Kindle ist nur ein Beispiel. Readability ist in den Reeder und zahlreiche weitere iPad- und Twitter-Apps integriert. Der Leser kann damit seine Leseliste aus zahlreichen Quellen befüllen und in verschiedenen Umgebungen konsumieren.
Readability hat eine eigene API, was der weiteren Entwicklung jede Menge Möglichkeiten beschert. Was noch fehlt, ist eine Importmöglichkeit. In meinem Fall hat sich bei ReadItLater eine lange Leseliste angesammelt, die ich gern zu Readability umziehen würde. Insbesondere jetzt, da die App auf dem Markt und damit das Leseerlebnis komplett ist.
Für das Design textlastiger Websites bedeutet der unaufhaltsame Aufstieg von Diensten wie Readability übrigens zweierlei. Erstens: Aufräumen! Größere Schriften, lesbare Fonts, möglichst wenig visueller Müll. Und zweitens: Responsive Design. Wer dann noch mag, kann Buttons für Readability auch gleich einbauen – wobei solche Buttons der angestrebten Ordnung und Sauberkeit direkt widersprechen.

Neue Serie in der Welt: Alex Oelling auf dem Weg zur NEXT Berlin

Wie sieht es eigentlich im Innern eines Start-ups aus, vor allem, wenn es noch unter dem Radar fliegt, im berühmten Stealth Mode? Die Frage beantwortet in den kommenden Wochen die Tageszeitung Die Welt mittels einer neuen Serie über Alexander Oelling. Von seinem ersten Start-up hat er sich verabschiedet, um nun mit Tecpunk neue Projekte anzuschieben.
alex_oelling.jpg
Eines davon, eine Smartphone-App, will er auf der NEXT12 im Mai vorstellen. Wie sie heißt und was sie kann, will und kann er noch nicht erzählen. Sehr wohl aber, wie das Team und er arbeiten:

Das Team ist international und sitzt auf der ganzen Welt verstreut. Entwickler Billy sitzt im Silicon Valley, die anderen in Schweden, Düsseldorf und eben Berlin. Wie hält man die Leute zusammen? „Es ist wichtig, belastbare Beziehungen aufzubauen und eine gemeinsame Vision zu haben“, erklärt Oelling.

Die wichtigsten Faktoren für ein erfolgreiches Start-Up sind für ihn Erfahrung, ein gutes Netzwerk, die Idee und der Standort. Von Berlin hält er viel: „Auch im Silicon Valley könnte man derzeit nicht besser starten.“

Mehr in der Welt. Tickets für die NEXT12 gibt es auf nextberlin.eu. Die Welt ist ein Medienpartner der NEXT12.

Die ersten Sprecher der NEXT12 stehen fest

Wir leben in aufregenden Zeiten. Dies gilt so ganz im Allgemeinen, aber im Besonderen gilt es für uns, was die NEXT Berlin 2012 betrifft. Bis dahin sind es nämlich nur noch 70 Tage, was sich für den unvoreingenommenen Leser viel anhört, für uns aber gelegentlich die ersten leichten Panikattacken impliziert. Genug der Vorrede.
Newsletter-Teasergross.jpgWir freuen uns, heute die ersten Sprecher der NEXT12 nennen zu können. Darunter sind der berühmte Technikhistoriker George Dyson und der leitende Performance-Ingenieur von Google, Steve Souders. Auch Alexia Tsotsis von TechCrunch und Hermione Way von The Next Web werden auf der Bühne stehen, ebenso der Post-Digital-Prophet Russell Davies und der kreative Tausendsassa Jeremy Abbett.
Steve Souders ist der Experte für High-Performance-Websites und Open Source. Der leitende Performance-Ingenieur von Google und Autor von Büchern wie „High Performance Web Sites“ wird über die große Herausforderung sprechen, vor der die meisten Unternehmen mit dynamischen Websites stehen: die Optimierung der Ladezeiten.
Glücklich sind wir auch über George Dyson, dessen soeben erschienenes Buch „Turing’s Cathedral“ den Schöpfungsmythos des digitalen Universums beschreibt. Es beleuchtet den Übergang von Zahlen, die etwas bedeuten, zu Zahlen, die etwas tun. Dieser Wandel wird enorme Bedeutung für unsere globalisierte und digitalisierte Gesellschaft haben und ist ein weiterer Grund, warum die siebte NEXT unter dem Motto „Post-Digital“ steht.
Das diesjährige Motto unterstreicht die Tatsache, dass „wir nicht am Ende einer digitalen Revolution stehen, sondern an deren Beginn“, wie Russell Davies von der Londoner Agentur R/GA formuliert. Technologie und digitale Dinge bilden bereits einen großen Teil unserer Realität und werden mehr und mehr als selbstverständlich akzeptiert statt bewundert. Aus virtueller Realität wird Augmented Reality, das Internet verbindet weit mehr als nur Computerbildschirme, der Cyberspace wirkt sich auf den realen, physischen Raum aus. Wir freuen uns auf die Keynote zum Hauptthema der NEXT Berlin aus dem Munde von Russell Davies.
Jeremy Tai Abbett von Widgetlabs/Truth Dare Double Dare ist ein Kreativer, der tatsächlich die Grenzen unserer digitalen Welt auslotet und interaktive Projekte an der Grenze zwischen Kunst, Technologie und Kultur entwickelt. Zu seinen jüngsten und laufenden Projekten zählen Onlineerlebnisse und physische Computerinstallationen, die die Grenze zwischen digital und analog verwischen. Mehr dazu im Video.
Menschen, die solche post-digitalen Ideen auf ein neues Level bringen, sind die führenden Köpfe der digitalen Geschäftswelt von morgen. Alexia Tsotsis und Hermione Way finden solche Leute für TechCrunch und The Next Web, berichten über aufregende neue Start-ups und die Köpfe dahinter. Auf der NEXT Berlin werden sie Sessions live auf der Bühne moderieren und präsentieren – und nach neuen Entdeckungen suchen.
Tickets für die NEXT Berlin 2012 gibt es auf nextberlin.eu.

Mit wahwah.fm wird das iPhone zur mobilen Radiostation

Seit letzter Woche ist die komplett neue Version 2.0 von wahwah.fm im App Store verfügbar. Damit kann jedes iPhone zum mobilen Musiksender werden, sozusagen zum interaktiven iPod. Als Sendematerial dient die lokale Musiksammlung, soweit sie im Sortiment von wahwah.fm verfügbar ist. Diese Einschränkung hat, wie immer bei Musik im Internet, lizenztechnische Gründe. Zwar hat wahwah.fm Vereinbarungen mit großen Labels und der GEMA, doch deckt dies längst nicht alles ab, was sich an Musik auf einem iPhone finden lässt.
Bildschirmfoto 2012-02-27 um 14.15.53.png
Dem Unterhaltungswert der App tut dies jedoch keinen Abbruch. Relativ fix ist ein Profil eingerichtet und die Musik erfasst. Die Playlist lässt sich entweder automatisch nach dem Zufallsprinzip, per manueller Auswahl oder in einer beliebigen Kombination daraus zusammenbauen. Einmal auf Play gedrückt, und schon ist das eigene Musikradio auf Sendung. Das Streaming übernimmt wahwah.fm, was die Bandbreiten des Konsumenten schont und eine wirklich mobile Nutzung erleichtert.
Den ersten Prototyp zeigte wahwah.fm im vergangenen Jahr auf der NEXT11 – und gewann damit prompt den Start-up-Wettbewerb. Seitdem hat wahwah.fm Investoren und Medien wie BBC und New York Times gleichermaßen begeistert. TechCrunch bezeichnete wahwah.fm als „Foursquare for sound“.
Für März plant wahwah.fm sein Debüt in den USA und die weitere europäische Expansion. CEO und Gründer Philipp Eibach sieht wahwah.fm als Indikator und zugleich Beschleuniger des Trends, Musik nicht mehr zu kaufen, sondern als Dienstleistung wie Strom aus der Steckdose zu beziehen. „Wer damit Geld verdienen will, muss neue Wege gehen.“
Auf der NEXT Berlin 2012 werden neue Start-ups die Gelegenheit haben, ihre Ideen dem Publikum und einer Jury aus digitalen Experten vorzustellen. NEXT Berlin und Deutsche Telekom suchen gemeinsam die vielversprechendsten Kandidaten. Der Nominierungs- und Abstimmungsprozess startet in März auf nextberlin.eu. Mehr dazu in Kürze dann auch hier.
Doch Bewerber sollten auf einen möglichen Gewinn vorbereitet sein, mein Philipp Eibach von wahwah.fm. „Wenn wir gewusst hätten, was es bedeutet, diesen Preis zu gewinnen, dann wären wir wohl nicht so früh in unserem Entwicklungsprozess an die Öffentlichkeit gegangen. Am Tag nach unserem Sieg auf der NEXT riefen Medien wie MTV New York an und wollten über uns berichten.“
Tickets für die NEXT Berlin 2012 gibt es auf nextberlin.eu.

Post-Digital: Nichts bleibt virtuell

Im vierten Teil seiner Philosophie für Nerds schreibt Jörg Friedrich in Telepolis über den Begriff des Virtuellen. Er illustriert mit einigen Beispielen, wie Virtuelles in die Alltagskultur eindringt und dabei aufhört, virtuell zu sein. Nichts sei an sich virtuell, erläutert Friedrich, sondern nur in Bezug auf etwas anderes. Virtuell heiße, dass etwas nicht physisch das ist, was man zunächst erwarten würde, aber dass es genauso wirkt.

In meiner Kultur ist ein Laufwerk ein Ding in diesem PC auf meinem Tisch, so habe ich diesen Begriff gelernt, so ist er mir selbstverständlich. Der Speicher in der Cloud ist demgegenüber virtuell. Jemand, der ein paar Jahrzehnte nach mir begonnen hat, mit Computern umzugehen, wird den Speicher in der Cloud genauso als Laufwerk ansehen wie die Festplatte im PC oder die Speicherkarte. Damit ist all das für ihn auch nicht mehr virtuell, es ist genau das, was er erwartet, wenn er „Laufwerk“ sagt. Was einmal eine neu geschaffene, virtuelle Version eines Kulturproduktes oder einer Kulturtechnik war, ist Teil der alltäglichen Kultur geworden.

Genau diesen Prozess meine ich, wenn ich von Post-Digital spreche. Digital war lange Zeit gleich virtuell. Online-Shops waren virtuelle Läden, Ebay ein virtueller Marktplatz, Second Life eine virtuelle Welt. Wir sprechen von virtueller Realität. Virtualität definiert die Wikipedia so:

Virtualität ist die Eigenschaft einer Sache, nicht in der Form zu existieren, in der sie zu existieren scheint, aber in ihrem Wesen oder ihrer Wirkung einer in dieser Form existierenden Sache zu gleichen. Das Wort führt über den französischen Begriff virtuel (fähig zu wirken, möglich) zurück auf das lateinische Wort virtus (Tugend, Tapferkeit, Tüchtigkeit, Kraft, Männlichkeit).
Virtualität spezifiziert also eine gedachte oder über ihre Eigenschaften konkretisierte Entität, die zwar nicht physisch, aber doch in ihrer Funktionalität oder Wirkung vorhanden ist. Somit ist „virtuell“ nicht das Gegenteil von „real“ – obwohl es fälschlicherweise oft so verwendet wird – sondern von „physisch“.

Post-Digital ist genau jener Prozess, der die Grenze zwischen virtuell und physisch zunehmend verwischt und am Ende ganz aufhebt. Von der früher notwendigen physischen Realität kann nun abstrahiert werden, weil die virtuelle ihren Platz eingenommen hat. Auch diese existiert ja nicht ohne ein physisches Substrat. Digital ist heute so selbstverständlich, dass es als solches nicht mehr wahrgenommen wird. Post-Digital heißt, dass die Unterscheidung zwischen digital und nicht-digital keinen besonderen Erkenntnisgewinn mehr hat.