Martin Recke

Co-Founder @nextconf, corporate editor @AccentureSong, PR guy, blogger, journalistic background, political scientist, theology, singer, father, landlord, roman-catholic.

Ob der Bürgermeister Zeit hat für Digitales – egal!

Wenn Google in Paris sein neues Hauptquartier für Frankreich, Südeuropa, Afrika und den Nahen Osten eröffnet, dann ist selbstverständlich Präsident Sarkozy dabei. So geschehen im vergangenen Dezember. Wenn in Hannover die CeBIT eröffnet wird, dann sprechen Kanzlerin Angela Merkel und Google-Chairman Eric Schmidt.
Wenn in Hamburg die Social Media Week stattfindet, dann begrüßt selbstverständlich Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz die Teilnehmer. Und in Berlin, dem Mekka der deutschen und womöglich auch europäischen Startup-Szene? Dort hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit keine Zeit, wenn ihn einige Protagonisten jener Szene sprechen möchten, um ihm einen Einblick in diese florierende Branche zu geben. Typisch Berlin?
Klar scheint jedenfalls: Berlin hat seinen kometenhaften Aufstieg zur Startup-Hauptstadt nicht dem emsigen Wirken der Standortpolitik zu verdanken. Der Erfolg kam eher trotz denn wegen der Politik. Städte wie Hamburg mühen sich hingegen redlich, ihr Bild aufzupolieren. So verweist die gut geölte Standort-PR via Welt nicht zu Unrecht auf die in Hamburg ansässigen Deutschlandzentralen von Google, Facebook und Airbnb – und auf Twitter, das Gerüchten zufolge bald folgen soll. Gut, Airbnb zählt eigentlich nicht so richtig, weil das im vergangenen Jahr übernommene Startup Accoleo nun einmal in Hamburg ansässig war.
Dieser Standortwettbewerb ist typisch deutsch und eine Folgeerscheinung des Föderalismus wie auch der deutschen Teilung. Jahrzehntelang musste die alte Republik ohne echtes politisches und wirtschaftliches Zentrum auskommen. Berlin ist wirtschaftlich schwach und wächst nur langsam in seine Hauptstadtrolle hinein. Doch im Wettbewerb um digitale Neugründungen gereicht dieser Nachteil zum Vorteil. Mietflächen sind zahlreich und vielfach günstig, die Lebenshaltungskosten niedrig, der Unterhaltungswert hoch. Dagegen ist mit den Mitteln der klassischen Standortpolitik wenig auszurichten, egal ob der Bürgermeister Zeit für Digitales hat oder nicht.
Von Hamburg aus betrachtet bin ich geneigt, mit einem herzhaften „sowohl als auch“ zu schließen. Deutschland wird ein föderales Land bleiben, die Bundesländer werden sich weiterhin in standortpolitischen Scharmützeln beharken, Berlin wird ein attraktiver Standort für Start-ups bleiben. Und auch für Agenturen. Als Hamburger Agentur haben wir inzwischen auch einen Ableger in Berlin. Und nicht zu vergessen: die NEXT Berlin. Die Zentrale bleibt einstweilen in Hamburg.

Post-Digital: Was digital mit Sauerstoff gemein hat

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Steht die digitale Revolution erst am Anfang oder ist sie schon vorbei? Das ist vor allem eine Frage des Blickwinkels. Klar ist, dass Digital gewonnen hat. Alles, was digitalisierbar ist, wird früher oder später digital. Und damit zu Software. Diese Frage ist entschieden. Insofern ist es Zeit, die Frage zu stellen, was als nächstes kommt: Post-Digital?
Digital ist heute so selbstverständlich wie Strom aus der Steckdose. Was auch die Frage aufwirft, was genau eigentlich eine Digitalagentur ist. Doch davon soll bei anderer Gelegenheit die Rede sein. In jeder Agentur ist es die Strategische Planung, die weit vorne im Projektprozess ansetzt. Das ist bei SinnerSchrader auch nicht anders.
Manuel Stolte und Jan-Philipp Jacobsen aus unserer Strategischen Planung haben sich mit dem Thema Post-Digital auseinandergesetzt und ihre Thesen in der Strategy Corner der Account Planning Group (APG) vorgestellt, die im Fachdienst new business erscheint. Der Text ist auf der Website der APG verfügbar und auf eine gewisse Weise auch post-digital: Am besten lässt er sich auf DIN A3 im Querformat ausgedruckt lesen.
Mehr zum Thema Post-Digital gibt es in diesem Jahr auf der NEXT Berlin. Haben Sie schon Ihr Ticket?

Störende Geräusche in Messages Beta

Letzte Woche habe ich die Messages Beta auf dem Macbook installiert, ein sehr zu empfehlendes Stück Software. Es ersetzt iChat und bringt zusätzlich die schon von iOS bekannte iMessage auf den Desktop. In meinem Fall hat es Adium abgelöst.
Aber es lärmt. Und ich wusste ein paar Tage lang nicht, warum. Bis ich diese Einstellung entdeckte:
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Auf gar keinen Fall darf vor „Freund ist jetzt anwesend“ oder „Freund ist nicht mehr anwesend“ das Lautsprechersymbol zu sehen sein. Bei mehr als drei Freunden führt das zu einem dauerhaften Trommelfeuer von Geräuschen ohne jeden Nachrichtenwert.
Bildschirmfoto 2012-02-20 um 17.28.01.pngUnd wo wir gerade bei störenden Geräuschen sind: In Tweetdeck lässt sich für jede Spalte einzeln der Geräuschpegel konfigurieren. Auch hier ist ein Häkchen weniger die nervenschonende Variante.

Was aus meinen Prognosen für 2011 wurde

Anfang Januar hatte ich neun Prognosen für das nun fast abgelaufene Jahr aufgestellt. Zeit für einen Rückblick: Was ist aus meinen Prognosen geworden?

  1. Prognose: Die Generation Internet bleibt auch in diesem Jahr draußen vor der Tür. Die Geburtsjahrgänge ab 1991 sind zahlenmäßig zu schwach, um sich in einer alternden Gesellschaft durchzusetzen, in der Rentner, Pensionäre und Sozialleistungsempfänger den Ton angeben. Realität: Während die Generation Internet nach wie vor keine Rolle spielt, ist die Generation C64 in Gestalt der Piratenpartei ins Berliner Abgeordnetenhaus eingezogen und hat sich mit D64 eine eigene, SPD-nahe Lobbyorganisation geschaffen.
  2. Prognose: Das Leistungsschutzrecht für verlegerische Leistungen, bereits 2009 im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP verankert, steht auch 2011 noch auf der Agenda. Realität: Die Bundesregierung arbeitete im Herbst an einem Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht, der jedoch bis dato nicht vorliegt.
  3. Prognose: Datenschutz und digitale Privatsphäre sind das große Thema des Jahres. Eine neue Generation von Start-ups wie MyCube und Personal bringt konstruktive Lösungen für das Dilemma zwischen digitaler Privatsphäre und Social (the animal formerly known as Social Media). Realität: Datenschutz und die digitale Privatsphäre waren eines der großen Themen des Jahres, das Stichwort lautete Post-Privacy. Von MyCube und Personal war wenig zu hören, dafür umso mehr von der datenschutzkritischen Spackeria, die indes nicht über ein Blog und ein paar kleinere Wellen im Medienteich hinauskam.
  4. Prognose: Das nächste Buch von Jeff Jarvis (Public Parts) gibt dieser Debatte erst richtig Schwung. Es erscheint in diesem Jahr, die deutsche Ausgabe wird unter dem Titel Das Deutsche Paradoxon publiziert. Realität: Das Buch ist erschienen, hatte wenig Einfluss auf die Debatte, entspann aber eine interessante Kontroverse mit Evgeny Morozov.
  5. Prognose: Der Werbemarkt wächst auch 2011 leicht. Die Gewinner sind Online- und TV-Werbung, nicht zuletzt wegen der zunehmenden Konvergenz ihrer Technologien. Realität: Der Werbemarkt wuchs um 2,7 Prozent, was in etwa dem allgemeinen Wirtschaftswachstum entspricht. Für Internetwerbung wurden 13,2 Prozent mehr ausgegeben als im Vorjahr, TV-Werbung legte um etwa drei Prozent zu. Die einzige Verlierergattung waren die Zeitungen.
  6. Prognose: Apple TV bekommt noch in diesem Jahr einen App Store. Damit überträgt Steve Jobs das Erfolgsmodell von iTunes, iPhone, iPad und Mac App Store auf das Fernsehen. Google TV nimmt einen zweiten Anlauf im Weihnachtsgeschäft 2011. Realität: Der App Store für Apple TV ist ausgeblieben, stattdessen verdichten sich Gerüchte um ein vollwertiges Fernsehgerät aus dem Hause Apple. Steve Jobs starb im Herbst nach langer Krankheit, nachdem er im Sommer seinen Posten als CEO an Tim Cook übergeben hatte. Google TV war auch im zweiten Anlauf kein Erfolg, Eric Schmidt kündigte Anfang Dezember jedoch an, dass im schon im Sommer 2012 die Mehrzahl aller neuen Fernsehgeräte mit Google TV ausgestattet sein sollen.
  7. Prognose: Das App-Fieber des vergangenen Jahres klingt weiter ab, aber das neue Paradigma setzt sich durch. Mac App Store, Chrome OS – alles wird App. Sogar Microsoft kündigt einen App Store für Windows an, der aber nicht vor 2013 starten wird. Realität: Das App-Paradigma hat sich durchgesetzt. Der App Store für Windows soll als Beta-Version schon im Februar 2012 verfügbar sein.
  8. Prognose: Das digitale Buch hebt endgültig ab. Amazon bringt den Kindle Store nach Deutschland, Google Books lässt noch auf sich warten, die Sortimente der übrigen Anbieter werden größer. Realität: Erstmals werden ausreichend Bestsellertitel und günstige Hardware angeboten. Der Kindle Store ging schon im April an den Start. E-Reader gehörten zu den Topsellern im Weihnachtsgeschäft. Auf der Frankfurter Buchmesse kündigte Google zwar den Launch seines deutschen E-Book-Angebots noch in diesem Jahr an. Der blieb bislang aber aus.
  9. Prognose: Facebook geht 2011 an die Börse. Der Börsengang schlägt alles, was im digitalen Bereich bis jetzt da war. Es ist ein Meilenstein wie die IPOs von Netscape und Google. Realität: Facebook schob den Börsengang um ein weiteres Jahr hinaus. Die jüngste PR-Offensive lässt einen IPO für das zeitige Frühjahr 2012 erwarten. Statt Facebook gingen 2011 u.a. LinkedIn, Groupon, Pandora und Zynga an die Börse. Die meisten Börsengänge waren zwar eher eine Enttäuschung, dennoch ist es von Vorteil für den Markt, dass der Exit über die Börse möglich bleibt.

Soweit die Rückschau. Was den Ausblick auf 2012 betrifft: In den Kommentaren ist Platz für Anregungen.

Willkommen in der post-digitalen Welt!

Hier auf dem Fischmarkt haben wir uns von jeher der digitalen Revolution und ihrem Protagonisten verschrieben, dem interaktiven Konsumenten. Wenn wir nun „Post-Digital“ zum Motto der NEXT Berlin 2012 ausrufen, heißt das dann, dass die digitale Revolution vorbei ist? In gewisser Weise ja. Nicholas Negroponte konstatierte das Ende der digitalen Revolution schließlich bereits im Jahre 1998.

Wenn erst einmal alles digital ist, dann ist „digital“ kein sinnvolles Kriterium mehr. Wie Luft und Trinkwasser wird das Digitale nur durch seine Abwesenheit wahrgenommen, nicht durch seine Gegenwart. So fällt nur auf, wenn der Zugang zum Internet versperrt oder nicht vorhanden ist. Das Vorhandensein ist der nicht registrierte Normalfall.

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Wenn alles digital ist, was kommt danach? Was ist dieses „Post-Digital“? Simon Jenkins hat darauf nun im Guardian eine ausführliche Antwort gegeben:

Post-digital is not anti-digital. It extends digital into the beyond. The web becomes not a destination in itself but a route map to somewhere real. In Marshall McLuhan’s terminology, it is cold where live is hot. This is why concerts did not die with the invention of records, but thrived on the difference. The screen relieves loneliness, as once did letters and phones, but it remains a window on the world, not a door. You cannot download the thunderous beat and sweaty presence of thousands at a Lady Gaga concert, any more than you can make love on Facebook, much as some try. You have to go somewhere for it to happen.

Online services have found it hard to „monetise“ their visits. Most offer nothing but free information and waste millions of man hours garnering unremunerative hits, whereas live uses the web to market and charge for a destination. As consumer spending evolves from „needs to wants“, from goods to experiences, the post-digital age focuses on personal contact. Post-digital is not pre-techno but exploits technology for a civilising purpose, human congregation and intercourse. The money is at the gate. This must be good news.

Mehr.
Illustration: Otto, The Guardian

Steve Jobs über die Veränderbarkeit der Welt

Spätestens mit seinem Ableben hat Steve Jobs eine neue Welle des kollektiven Nachdenkens über die Welt und ihre Veränderbarkeit angestoßen. Warum sich die Welt tatsächlich ändern lässt, und zwar mehr als gedacht, das erklärt ein bärtiger und etwas jüngerer Steve hier in nur 46 Sekunden.

Das Video ist ein kurzer Ausschnitt aus einer kürzlich bei PBS ausgestrahlten Dokumentation. [via]

NEXT Berlin 2012 ruft zur Teilnahme auf!

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Es ist Anfang November, und wir haben Halbzeit. Seit der NEXT11 ist fast ein halbes Jahr vergangen, und bis zur NEXT12 am 8./9. Mai 2012 sind es noch sechs Monate. Höchste Zeit für den Startschuss zur Programmplanung! Nachdem wir 2011 unter dem Motto „Data Love“ unsere ganze Liebe den Daten gewidmet haben, stellen wir uns 2012 dem Thema „Post-Digital“.
Die digitale Revolution ist vorbei, digital hat gewonnen. Die Nutzung digitaler Technologien ist unser Alltag und selbstverständlich für uns geworden. Was jenseits der digitalen Revolution im post-digitalen Zeitalter auf uns wartet, wollen wir auf der NEXT Berlin 2012 mit Ihnen ergründen.
Die Community ist auch für 2012 wieder zum Mitmachen aufgerufen: Unter nextberlin.eu können Sie bis zum 29. November Vorschläge für Sprecher einreichen sowie die Vorschläge anderer bewerten. Dabei kann ein Bezug zu „Post-Digital“ sicher nicht schaden. Nach der Abstimmungsphase, die am 20. Dezember endet, werden unsere Kuratoren die Einreichungen mit den meisten Stimmen sichten und entscheiden, wer die Chance bekommt, auf der NEXT12 zu sprechen. Zusätzlich wird es noch eine Bühne geben, die ausschließlich den Community-Vorschlägen gewidmet ist. Kuratiert wird diese von Igor Schwarzmann.
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Das Programm bietet wie gewohnt sechs vertikale Thementracks, die jeweils von ausgewiesenen Branchenexperten kuratiert werden. Im Einzelnen sind das „Technology“, kuratiert von Holger Blank, „Fashion“, betreut von Anitra Eggler, „Mobile“ mit dem Kurator Laurent Burdin, „Experience“, geleitet durch Peter Bihr, sowie „Creative“, um den sich Elisabeth Stangl kümmert. Zudem wird es auch bei der NEXT12 wieder einen übergreifenden „International Keynote Track“ geben, den Monique van Dusseldorp als internationale Programmdirektorin kuratieren wird. Den Kurator für den Track „Start-ups“ geben wir in Kürze bekannt.

Post-Digital: Ist die digitale Revolution vorbei oder hat sie gerade erst begonnen?

1998 überschrieb Nicholas Negroponte seine letzte Kolumne für Wired mit der programmatischen Zeile: Beyond Digital. Seine Zeitdiagnose damals lautete knapp: „Face it – the Digital Revolution is over.“
Wenn erst einmal alles digital ist, dann ist „digital“ kein sinnvolles Kriterium mehr. Wie Luft und Trinkwasser wird das Digitale nur durch seine Abwesenheit wahrgenommen, nicht durch seine Gegenwart. So fällt nur auf, wenn der Zugang zum Internet versperrt oder nicht vorhanden ist. Das Vorhandensein ist der nicht registrierte Normalfall.
Wie so oft waren es zunächst Künstler, die das Konzept aufgriffen. Den Begriff Post-Digital prägte Kim Cascone in seinem bereits 2000 im Computer Music Journal erschienenen Aufsatz „The Aesthetics of Failure: ‚Post-Digital‘ Tendencies in Contemporary Computer Music“.
Schnell mal neun Jahre vorgespult, und schon ist das Thema in der Agenturwelt angekommen. Russell Davies, heute Head of Planning bei R/GA London, stellte Anfang 2009 in seinem Blog die folgende Diagnose:

1. Screens are getting boring. It’s really hard to impress anyone with stuff on a screen any more. However clever you’ve been. However much thought you’ve put in. However good the tech is. No-one’s impressed. They’ve all seen better stuff in ads and movies anyway – when will onscreen stuff be as good as that? Whereas doing stuff in the real world still seems to delight and impress people. Really simple stuff with objects looks like magic. Really hard stuff with screens still just looks like media.

2. There are a lot of people around now who have thoroughly integrated ‚digitalness‘ into their lives. To the extent that it makes as much sense to define them as digital as it does to define them as air-breathing. ie it’s true but not useful or interesting.

3. The stuff that digital technologies have catalysed online and on screens is starting to migrate into the real world of objects. Ideas and possibilities to do with community, conversation, collaboration and creativity are turning out real things, real events, real places, real objects. I’m not saying that this means that these things are therefore inately better, or that the internet has ‚come of age‘ or any of that nonsense. I just mean that there are new, interesting things going on IRL and that they have some advantages (and penalties) that don’t apply online.

Ein gutes Jahr später, inzwischen ist es Mai 2010, stellen Teresa Iezzi und Ann-Christine Diaz die Frage: Are We Post-Digital Yet?

The most compelling brand ideas of the last decade have had a digital heart but have manifested themselves in meaningful ways in people’s fleshly lives–see Nike+ and Fiat Eco Drive. And, an increasingly digitized world means the internet is already all around you. The internet of things–the growing number of networked, everyday objects from fridges to pill bottles to cars–is a reality. But it seems that the idea that digital has transcended something experienced from beginning to end via a keyboard and on a screen has finally gripped the mainstream brand world.

Die beiden Autorinnen belassen es nicht beim allfälligen Hinweis auf die seit Jahren omnipräsenten Beispiele Nike+ und Fiat Eco Drive – sie bieten eine lange Liste relevanter Beispiele.
Im gleichen Jahr, Ende September 2010, droht Wieden + Kennedy via Blog: post-digital or die! Die post-digitale Welt verlange nach einem neuen Marketingmodell.

What has changed is the nature of ‚digital‘ marketing. We’ve reached a tipping point where the tech and the audience have reached a level of maturity where digital is everyday and normal. Now, what agencies and marketers need to understand is how people behave in relation to content, community, technology and media. This isn’t easy because it’s evolving rapidly and constantly. It used to be that digital shops were far better informed and connected to digital culture. But now that culture is mainstream.

Kurze Zeit später war Russell Davies vom bisherigen Verlauf der Debatte so wenig erfreut, dass er eine Entschuldigung nachschob:

Post-Digital was not intended as a sop for the complacent. It’s not supposed to suggest that ‚digital‘ is a solved problem or yesterday’s fad. It’s not a suggestion that digital* is just another channel. It’s not supposed to be a synonym for integrated, 360, channel-neutral or any of that stuff. Doing some telly AND a website does not make you Post Digital.

The only way to be a Post Digital business is to be a thoroughly, deeply, massively digital one. To be digital in culture not just in capabilities. To know how to iterate in public, to do experiments not research, to recognise that it’s quicker and better to code something than it is to describe it in meetings. You need to be part of the wider digital culture, to have good sharing habits, to give credit where it’s due, and at the very least to know how to do ellipses in Processing.

Post DIgital was supposed, if anything, to be a shout against complacency, to make people realise that we’re not at the end of a digital revolution, we’re at the start of one. The end game was not making a website to go with your TV commercial and it’s not now about making a newspaper out of your website. Post Digital was supposed to be the next exciting phase, not a return to the old order. It’s the bit where the Digital people start to engage in the world beyond the screen, not where the old guard reasserts itself.

If I’d paid more attention in history I’d probably be able to throw in a Russian Revolution analogy at this point – possibly something about the Mensheviks.

Werbe-Tausendsassa Amir Kassaei, inzwischen globaler Kreativchef von DDB, tutet in der aktuellen W&V ins gleiche Horn:

Einer der Gründe, weshalb digitale Kommunikation qualitativ weltweit nicht funktioniert: Digital wird immer noch als Medium und nicht als Infrastruktur angesehen. Auch Facebook und Co. sind keine weiteren Medienkanäle, sondern Netzwerke und Plattformen. Solange dieser Perspektivenwechsel nicht erfolgt ist, werden wir auch keinen Schritt weiterkommen.

In einigen Jahren leben wir in einer Welt, in der alles mit allem verbunden ist. Es gibt dann keine Differenzierung mehr zwischen online und analog. Dadurch sind die Menschen quasi allwissend, und zwar in Echtzeit. Marketing wird eine ganz andere Rolle spielen. Die Digitalisierung gibt den Menschen die Möglichkeit zu teilen, was sie für relevant halten. Aber sie wird keinen traditionellen Kanal ersetzen.

Wenn die Unterscheidung zwischen digital und analog wegfällt – ist dann die digitale Revolution vorüber? Oder fängt sie damit erst an?