Schrödingers Produkt

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„If a company makes a high-quality product, but user’s don’t find it sexy or appealing, does that product exist?“ Fragt Kathy Sierra und gibt zehn Ratschläge, wie die lebensnotwendige Begehrlichkeit zu wecken ist:

  1. Pay attention to style.
  2. Pay attention to the emotional appeal.
  3. Show it in action… with real people.
  4. Don’t use pictures of generic shiny happy people that have become cliches.
  5. Make sure it’s clear to prospective users how this helps them kick ass.
  6. Appeal to as many senses as possible.
  7. Make it meaningful.
  8. Make it justifiable, so the user doesn’t have to feel guilty.
  9. Support a community of users.
  10. Never underestimate the power of fun.

Mehr an Ort und Stelle.

Modellhafte Eisenbahn

Koehlbrandbruecke
Seit mehr als vier Jahren schon zieht eine große Modelleisenbahn in der Hamburger Speicherstadt Tag für Tag die Massen an. Zwar folgen die Betreiber nicht gerade sämtlichen goldenen Regeln der Markenführung: So heißt die Anlage mal "Miniatur Wunderland", mal "Modelleisenbahn Wunderland". Und die Website ist auch nicht unbedingt schön zu nennen.

Aber das Gesamterlebnis stimmt einfach fröhlich. Das fängt damit an, dass die Betreiber nur soviele Menschen gleichzeitig einlassen, dass es zwar voll, aber nicht überfüllt ist. So entstehen natürlich Wartezeiten. Deshalb gibt bereits die Website eine Wartezeiten-Prognose ab. Wir haben also gestern unseren ursprünglichen Plan, gleich am späten Vormittag loszufahren, nach einem Blick ins Web modifiziert und mussten ein paar Stunden später nur relativ kurz warten.

Am Eingang zur Wartezone informiert ein Flachbildschirm über die aktuelle Wartezeit. Die wird nicht etwa grob geschätzt, sondern aus der regelmäßig durchgezählten Besucherschlange errechnet. Zusätzlich verkürzt wird sie durch TV-Beiträge über die Ausstellung auf großen Monitoren. Und kurz vor der Kasse kommt eine Mitarbeiterin mit einem vollen Tablett kostenloser Kaltgetränke vorbei, was die Stimmung noch einmal verbessert.

Die Kassiererin fragt nach dem Herkunftsbundesland. Warum das? Nur 10,5 Prozent aller Besucher kommen aus Hamburg, 70 Prozent reisen aus Entfernungen über 100 Kilometer an. Der Eintritt ist nicht billig (darf er auch nicht sein, zu den Gründen hier mehr), aber auch nicht überteuert. Die Infrastruktur (ÖPNV, Parkplätze, Cafeteria, Kinderspielecke etc.) stimmt. Der gesamte Auftritt atmet den Charme der Gründerbrüder Frederik und Gerrit Braun, die ihr Hobby zum Beruf gemacht und damit Maßstäbe gesetzt haben. Als kommerzieller Erfolg muss bereits das reine Überleben gelten. Als Testimonials haben es die beiden in eine Kampagne ihres Kapitalgebers Haspa geschafft.

Schon 2004 war die Anlage mit mehr als 800.000 Besuchern die erfolgreichste Touristen-Attraktion Hamburgs, noch vor dem Musical König der Löwen. Warum wohl? Über die Qualität der Anlage selbst habe ich dabei noch keine Zeile geschrieben. Die kontinuierliche Pressearbeit und das einfache, aber wirkungsvolle Online-Marketing tragen sicher ihren Teil zum Erfolg bei, entscheidend dürfte aber die Mundpropaganda zufriedener Besucher sein.

Ebay 2.0

Etsy
Etsy is Ebay 2.0, meint Michael Arrington. Oder auch: P2P-Commerce with Tagging. Schade, dass P2P-Commerce dem an deutsche Sprache gewöhnten Ohr etwas seltsam klingt. Sonst hätte der Begriff die Chance, im nächsten Jahr Karriere zu machen.

Etsy ist bis jetzt eine Plattform für Handgemachtes, agiert also in einem Nischenmarkt. Aber denken wir uns diese Einschränkung einmal kurz weg, dann ist Etsy tatsächlich so etwas wie Ebay meets Web 2.0.

Tagging löst elegant das Problem der bei Ebay an allen Ecken knarzenden Ontologie. Natürlich gibt es trotzdem die gewohnten Kategorien und Powerseller-Shops. Sehr nett, wenn auch nur begrenzt nützlich ist die Zeitmaschine – sie zeigt an, was gerade aktuell eingestellt wurde.

E-Commerce 2006 wird viel mit Design und User Experience zu tun haben. Oder wie Robert Basic es formuliert

Was Flickr.com gestern war, wird Etsy.com morgen sein.