Warum das Internet kein Fernsehen ist

Coqroq

Noch eine Studie.
Laut Internetverband ECO wird das Internet den Fernseher nicht ablösen.
Auch in mittlerer Zukunft werde die Mehrheit den Fernseher anschmeißen,
um sich einen Fernsehfilm anzusehen. Basis der Untersuchung ist eine
Umfrage unter "Branchenexperten". Internetleute urteilen also über das
Internet, daß es kein Fernsehen ist. Ich finde das sehr weitsichtig,
berücksichtigt diese Aussage doch die schönsten Allgemeinplätze, die
man überhaupt über Medien haben kann.

  1. Noch nie hat ein Medium ein anderes verdrängt. Es
    hat andere ergänzt. Die Zeitung das Buch, das Kino das Radio,
    das Internet das Fernsehen. Und: Die Menschen lesen in Zeiten des
    Internets nicht nur mehr, sondern gucken auch mehr TV – alles wird
    immer mehr. Derzeit sind wir die Amis bei elf
    Stunden pro Tag. Passiert in 10 Jahren nichts anderes mehr als
    Unterhaltung und Schlafen? Doch. Das Geheimnis ist die Mehrfachnutzung.
    Kein Medium wird alleine genutzt. Man quasselt beim fernsehen,
    liest beim Radiohören und surft beim Telefonieren. Von Abnutzung im
    Sinne einer Geringnutzung keine Spur. Warum also ausgerechnet beim
    Vergleich Internet / TV?
  2. Medien sind autonome Wesen. Das Internet kann und
    will das Fernsehen nicht kopieren. Dazu ist es viel zu intelligent,
    will heißen: interaktiv. Auch wenn weder Hollywood noch Babelsberg es
    sich vorstellen können: Die Zukunft ist nicht, Spielfilme digital
    zu empfangen, sondern etwas zu machen, was dem Medium angemessen ist.
    Und genausowenig wie in Zeitungen Bücher abgedruckt werden oder im Kino
    Fotos laufen, werden wir das Internet für Fernsehinhalte nutzen. Wohin
    die Reise geht, zeigen interaktive Spiele am besten: Die Vernetzung von
    Teilnehmern schafft etwas Neues. Den Nutzer in den
    Erzählfaden mit einzubeziehen, ist so ganz nebenbei die beste
    Möglichkeit, ihn in seiner Konzentration an sich zu binden. Wer klicken
    muß, löst keine Kreuzworträtsel nebenbei.
  3. Womit wir beim E-Commerce oder wenigstens doch
    bei der Werbung sind. Denn auch für sie gilt nicht automatisch das, was
    im TV gilt. Beispiel gefällig? Bitteschön. Nur haben in Deutschland offensichtlich weder Verbände noch werbungtreibende Industrie die Konsequenzen verstanden.

Aber wie gesagt, ist ja eh´ alles bekannt.

„I want my MTV“

MTV Overdrive
In Amerika haben Fernsehsender damit begonnen, eigene Programme im Internet aufzubauen, berichtet die New York Times. Aber erst wenn die Mediaplaner ihre Etats umschichten, steht die Wachablösung wirklich vor der Tür.

"While MTV’s TV network is being criticized, its new Internet video service, MTV Overdrive,
is being praised as perhaps the slickest attempt yet to combine the
packaging of television with the interactivity of the Internet. With
one click, users can view dozens of shows – music video collections,
newscasts, artist interviews and supplements to MTV’s signature
programs like "The Real World." And with a second click, users can see the various segments that make
up those shows. They also can assemble a program of their choosing,
mixing and matching parts of any of those shows, as well as videos and
older programs from MTV’s archive of thousands."

NYT: "More People Turn to the Web to Watch TV"
Download nytimes_turntowebtowatchtv.pdf