Das Web beeinflusst Kaufentscheidungen. Für 97 Prozent

Most marketers have never thought of digital as a wonderful place to build a brand. But that must change if their brands are to stay relevant in our digital era.

Eine neue Razorfish-Studie zeigt interessante Einsichten, wie Konsumenten im Netz mit Marken interagieren. Beispielhaft seien drei besonders plakative Zahlen herausgegriffen. Demnach lassen sich 65 Prozent der Befragten durch Onlineerlebnisse in ihrer Meinung über eine Marke beeinflussen.
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Noch krasser ist die zweite Zahl: 97 Prozent sagen, dass dadurch ihre Kaufentscheidungen (online wie offline) beeinflusst wurden.
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Und 64 Prozent wurden aufgrund eines digitalen Erlebnisses schon einmal zum Erstkäufer.
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Für die Studie wurden 1.000 Konsumenten in den USA befragt. Die Befragung fand online statt, setzte also Internetzugang voraus. [via]

Game Changers: Das Thema der next10 steht fest

„Change is inexorable.“ (Jeff Jarvis)

Seit vier Jahren diskutieren wir auf der next conference die durch das Web ausgelösten fundamentalen Veränderungen. Das Internet ist die ultimative disruptive Technologie. 15 Jahre nach der Ankunft des Web im Massenmarkt haben wir nur einen ersten Eindruck davon, was möglich ist. Das Web ändert die Spielregeln von Grund auf. Es gibt dem Einzelnen größere Möglichkeiten, etwas zu bewegen, als jemals zuvor in der Geschichte. Wir nennen diese Menschen Game Changers. Sie setzen auf disruptive Technologien, brechen Regeln und definieren Geschäftsmodelle neu.

Game Changers sind innovativ und gehen Wagnisse ein, unbelastet vom althergebrachten Massenmarketing. Sie nutzen disruptive Technologien auf innovative Weise, um ihre Konsumenten zu bedienen, einen Bedarf zu befriedigen und die beste Lösung dafür zu finden. Sie brechen Regeln, die in Stein gemeißelt schienen, aber einfach nicht mehr länger gelten. Sie lassen sich durch etablierte Geschäftsmodelle nicht einschränken, sondern stellen sie in Frage und definieren sie neu: um das Erlebnis, den Nutzen und den Wert für die Konsumenten zu verbessern.

Game Changers ist das Leitmotto der fünften next conference, zu der SinnerSchrader im Mai 2010 einlädt. Auf der next10 werden Sie sie kennenlernen: Visionäre, Strategien, Unternehmen und Produkte, die mehr sind als innovativ – sie brechen Regeln. Da wir die Konferenz nicht ohne die next community veranstalten könnten, brauchen wir Ihren Input. Helfen Sie uns, die Agenda für eine außergewöhnliche Konferenz zu entwickeln! Wir konzentrieren uns im Moment auf den Einsatz web- und IP-basierter Technologie in folgenden Branchen:

  • Automotive
  • Banking
  • Retail, E-Commerce and FMCG
  • Mobile
  • Media, Entertainment and Advertising
  • Travel & Tourism
  • Health Care

Learn more about the conference theme. The Call for Participation will be open soon.

Print ist die neue Musikindustrie

My sources say Murdoch never uses the internet. I think he simply doesn’t understand how it – and his company – operate there.
Jeff Jarvis

Rupert Murdoch hat eine Mission. Er möchte die Medienkonsumenten, sagen wir es ruhig, zum Zahlen zwingen. Und dazu ist er auch bereit, Suchmaschinen wie vor allem Google vom Zugriff auszuschließen. Rupert Murdoch ist der Anti-Jarvis. Er tut all das, wovor Jeff Jarvis nicht müde wird zu warnen, zuletzt in seiner vielbeachteten Keynote auf den Münchner Medientagen.
Rupert Murdoch ist der heimliche Hoffnungsträger einer gebeutelten Printindustrie, die sich vor den düsteren Szenarien eines Jeff Jarvis fürchtet und deshalb lieber Murdoch zuhört. Hält Murdoch an seinen Plänen fest, Zweifel daran sind erlaubt, dann kommt es 2010 zum Showdown. Es wird sich sehr schnell zeigen, wer Recht behält. An dieser Frage hängt das Überleben einer ganzen Branche.
Axel Springer hat in der vergangenen Woche angekündigt, künftig iPhone-Nutzer von der Nachrichtengebung bei bild.de und welt.de auszuschließen. Sie sollen stattdessen eine iPhone-App installieren und für die Nachrichten von Bild und Welt zahlen. Das Muster ist das gleiche wie im Falle Murdoch: Statt auf attraktive Angebote und die vorhandene Zahlungsbereitschaft des Konsumenten setzt Springer auf Zwang und Ausschluss.
Das erinnert fatal an die Reaktion der Musikindustrie auf die digitale Herausforderung. Mit digitaler Rechteverwaltung (DRM) und der Kriminalisierung einer ganzen Generation versuchte sie, die Büchse der Pandora wieder zu schließen. Was bekanntlich nicht gelang. Es brauchte einen kreativen Zerstörer wie Apple, um der niedergehenden Branche ein modifiziertes Geschäftsmodell zu verpassen.
Wäre die langjährige Agonie der Musikindustrie vermeidbar gewesen? Das ist schwer zu sagen, da sich keiner der bekannten Majors für eine aktive, gestaltende Rolle im durch die Digitalisierung ausgelösten Wandel entschieden hat. Stattdessen haben sie sich auf Blockadeversuche und Destruktion verlegt. Mit bekanntem Ergebnis.
Steht der Printbranche nun eine ähnliche Agonie bevor? Wahrscheinlich. Denn selbst wenn die verzweifelten Versuche gelingen sollten, einen zweiten Erlösstrom neben den Werbeeinnahmen zu genieren (wofür nur wenig spricht), selbst in diesem Fall dürfte der Strom der Werbeeinnahmen dank sinkender Reichweiten weniger kräftig als bisher sprudeln. Und schon bislang war der Strom nicht kräftig genug, um die Kosten der aus einer anderen Epoche überkommenen Produktionsstruktur zu decken.
Die Printbranche wird schrumpfen, weil ihre Bedeutung im Medienmix der Konsumenten und infolgedessen auch der Werbungtreibenden stetig abnimmt. Das ist ein säkularer Prozess, der bei den Tageszeitungen zum Beispiel bereits in den frühen 80er Jahren begann. Zugleich steht sie aber auch durch die Digitalisierung immer stärker unter Druck. Denn die aus dem Geschäft mit gedruckten Medien gewohnten Oligopolrenditen lassen sich in digitalen Medien schlichtweg nicht erzielen.
Dafür sorgt schon der Wettbewerb. Nur ein Beispiel von vielen ist Craigslist, das aus dem Milliardengeschäft mit Kleinanzeigen in den USA ein Millionengeschäft gemacht hat. Allein durch Craigslist sind der Printindustrie allein in den USA Milliardenumsätze durch die Lappen gegangen.
Ähnliche Erosionsprozesse nagen an allen Ecken und Enden des gewohnten Umsatzniveaus der Branche. Der Umsatz sinkt stärker als die Reichweite und die relative Bedeutung im Medienmix. Das ist ein schmerzhafter Prozess, der die Verlagshäuser dazu zwingen wird, ihre Apparate drastisch zu verkleinern.
Die Printbranche hätte frühzeitig wissen können, was auf sie zukommt. Wer Nicholas Negroponte (Being Digital,1995), Kevin Kelly (New Rules for the New Economy, 1998) oder das Cluetrain Manifesto (1999) gelesen hatte, der wusste Bescheid. Das eigentliche Versäumnis der Herren in den Chefetagen: Sie hatten fast fünfzehn Jahre Zeit. Und sie haben die Zeit nicht genutzt.

Wie Eric ‚Google‘ Schmidt das Web in fünf Jahren sieht

Im Web passiert in fünf Jahren ziemlich viel. Was Prognosen nicht gerade erleichtert. Es sei denn, man gehört zu denen, die ziemlich viel von dem selbst gestalten, was im Web passiert. Wie Eric Schmidt, CEO von Google. Auf dem Gartner Symposium/ITxpo gab er vor zwei Wochen einen Ausblick auf das Web in fünf Jahren (oder vielmehr in vier Jahren und 349 Tagen).

ReadWriteWeb hat die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

  • Five years from now the internet will be dominated by Chinese-language content.
  • Today’s teenagers are the model of how the web will work in five years – they jump from app to app to app seamlessly.
  • Five years is a factor of ten in Moore’s Law, meaning that computers will be capable of far more by that time than they are today.
  • Within five years there will be broadband well above 100MB in performance – and distribution distinctions between TV, radio and the web will go away.
  • „We’re starting to make significant money off of Youtube“, content will move towards more video.
  • „Real time information is just as valuable as all the other information, we want it included in our search results.“
  • There are many companies beyond Twitter and Facebook doing real time.
  • „We can index real-time info now – but how do we rank it?“
  • It’s because of this fundamental shift towards user-generated information that people will listen more to other people than to traditional sources. Learning how to rank that „is the great challenge of the age.“ Schmidt believes Google can solve that problem.

Hier die wichtigsten sechs Minuten aus der 45-minütigen Session:

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Das Internet auf dem Weg zum Medium Nr. 1

Diese beiden Folien aus der jüngsten ACTA-Studie sollte sich jeder Marketing- und Medienentscheider einmal in Ruhe ansehen. Sie beschreiben zehn Jahre Revolution.
1999 suchten nur 9 Prozent der Bevölkerung im Internet nach näheren Informationen zu einem Thema, aber 67 Prozent achteten auf Berichte im Fernsehen, 58 Prozent lasen Berichte in Zeitungen und 44 Prozent in Zeitschriften. Heute ist das Internet mit 55 Prozent Medium Nr. 2 hinter dem Fernsehen (64 Prozent), aber vor Zeitungen (50 Prozent) und Zeitschriften (38 Prozent).
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Bei den 20- bis 29-Jährigen ist das Internet mit 81 Prozent bereits Medium Nr. 1, das Fernsehen (56 Prozent), Zeitungen (34 Prozent) und Zeitschriften (32 Prozent) haben den Anschluss verloren.
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[via]

Disruptives Geschäftsmodell: Weniger als nichts

Free war noch nicht das Ende aller Möglichkeiten, mit disruptiven Geschäftsmodellen etablierte Märkte von Grund auf neu zu definieren. Innovative Unternehmen können Märkte auch umdrehen, indem sie Geld für etwas bezahlen, was vorher Geld kostete.
Wer schon Chris Anderson für einen Dummschwätzer und sein Buch Free für Unsinn hielt, für den ist das schwer einzusehen. Aber es lässt sich nicht mehr leugnen, und Google zeigt gerade, wie solch eine 180-Grad-Wende funktioniert.
Während TomTom und Nokia für viel Geld die beiden Duopolisten für Kartenmaterial erwarben, baut Google seine eigene Datenbasis auf und stattet Android-Telefone mit einem eigenen Navigationssystem aus. Es wird spannend zu beobachten, wie Blackberry und iPhone darauf reagieren.
Google indes wird auf dieser Basis ein ortsbezogenes Werbenetzwerk aufbauen – und mittelfristig die Gerätehersteller sogar dafür bezahlen, dass sie das Google-Navigationssystem einbauen, so wie Google heute bereits einen Teil der Werbeeinnahmen ausschüttet, die auf Android-Geräten generiert werden.
Es braucht nicht viel Phantasie, sich ein ähnliches Modell auch für das kommende Betriebssystem Google Chrome vorzustellen. Hardwarehersteller könnten mit jeder Google-Suche auf Netbooks Geld verdienen, der Preisvorteil eines kostenlosen Betriebssystems gegenüber dem teuren Windows würde sich weiter erhöhen.
Leseempfehlung: Google Redefines Disruption: The „Less Than Free“ Business Model

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Das Internet wird heute 40. Happy Birthday!

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Leonard Kleinrock vor dem Interface Message Processor, mit dem die erste Internetverbindung hergestellt wurde
Am 29. Oktober 1969 verbanden Wissenschaftler zwei Rechner an der Universität von Kalifornien in Los Angeles und am Stanford Research Institute in Menlo Park miteinander. Sie legten damit den Grundstein für das Arpanet, aus dem später das Internet hervorging. Der Begriff Internet erscheint erstmals im Dezember 1974 in einem Papier von Vinton Cerf, Yogen Dalal und Carl Sunshine.
Das Internet ist also fast so alt wie ich. Meinen ersten Kontakt mit dem Netz hatte ich vor fünfzehn Jahren, im Sommer 1994. Damals gab es noch kein Spiegel Online (das startete erst am 25. Oktober 1994). Netscape 0.9 kam am 13. Oktober 1994 auf den Markt. Ich habe es auf meinem i386 mit Windows 3.11 for Workgroups installiert, der über ein Modem mit 14.400 bit/s und das analoge Telefonnetz der Deutschen Bundespost Telekom mit der Zentraleinrichtung Datenverarbeitung (ZEDAT) der Freien Universität Berlin und damit mit dem Internet verbunden war.
Die ZEDAT hatte damals drei oder vier Einwahlleitungen für Studenten. Da eine Telefoneinheit 23 Pfennig kostete und in Berlin unbegrenzt lange dauerte, waren die Leitungen dauerbesetzt. Denn wer sich einmal erfolgreich eingewählt hatte, gab die Leitung möglichst nicht wieder frei. Die Leitungen waren dauerbesetzt, weil niemand sie freigab. Und niemand gab sie frei, weil sie dauerbesetzt waren. Ich hatte auch ein Compu$erve-Konto, aber die aberwitzigen Minutenpreise waren für mein studentisches Budget zu hoch.
Im Sommer 1994 saß ich an Unix-Workstations in der ZEDAT und hatte zahllose Fenster eines Browsers namens Mosaic offen. In den Fenstern tat sich wenig, denn die interessantesten Webserver standen damals wie heute in den USA. Das Forschungsnetz WiN hatte eine Bandbreite von 2 Mbit/s, und die Transatlantikleitung war chronisch verstopft.
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Ich habe den ersten Werbebanner bei Hotwired gesehen, damals die Website der Zeitschrift Wired. Er erschien am 25. Oktober 1994. Den ersten Spam versandte die Anwaltskanzlei Canter & Siegel im gleichen Jahr. Bei Pizza Hut gab es schon Pizza online.
Weil das Web noch eher zäh war, spielte die Musik anderswo. Der längst vergessene Gopher oder das Dateitransferprotokoll FTP waren ähnlich wichtig wie das frühe Web. Chat hieß entweder talk und fand über eine Telnetverbindung zum Rechner fub46 in der ZEDAT statt oder IRC. Und dann gab es auch schon E-Mail. Noch ohne Spam, aber dafür auch ohne Freunde und Bekannte mit Mailadresse.
Um nicht stundenlang erwartungsvoll vor dem leeren Posteingang verbringen zu müssen, bestellte ich ein paar Mailinglisten zu allen möglichen Themen. Dort diskutierten Gleichgesinnte fröhlich oder weniger fröhlich wie auch im Usenet, einem Vorläufer der späteren Foren im Web.
Mein Computer ist vor 15 Jahren zum Kommunikationsgerät geworden, das ohne Internetverbindung immer weniger zu gebrauchen ist. Waren es zuerst neue Nutzungsformen, so wandern seit Jahren nach und nach auch die Anwendungen ins Netz, die früher auf dem lokalen Rechner stattfanden.
We are Internet. You will be assimilated. Resistance is futile.

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DRM als Leimrute für die Unterhaltungsindustrie

Erinnert sich noch jemand an DRM, auch bekannt als Digitale Rechteverwaltung? Wenn es dazu noch etwas zu sagen gibt, dann sagt es Google gleich in den Suchergebnissen:

In der Musikindustrie konnte sich DRM nicht durchsetzen.

Ausgerechnet diesen Satz zitiert Google aus der Wikipedia, und ein paar Fundstellen weiter südlich aus dem englischen Pendant:

In practice, all widely-used DRM systems are eventually defeated or circumvented.

Nuff said. Doch halt, warum gibt es dann immer noch DRM? Warum hat Amazon den Kindle mit digitaler Rechteverwaltung ausgestattet und warum ist das iPhone nicht offen wie Android? Weil Amazon und Apple die Medien- und Unterhaltungsindustrie brauchen, um ihre schönen Geräte mit dem Stoff auszustatten, den die Konsumenten haben wollen. (Beim iPhone ist es die Telekommunikationsbranche, aber das Schema ist das Gleiche.)
So war es mit iPod und iTunes, so ist es mit Kindle und iPhone. Doch irgendwann ist Schluss damit. Als iTunes als Absatzkanal für die Musikindustrie so wichtig geworden war, dass es ohne nicht mehr zu gehen schien, konnte Apple den Stecker ziehen und das DRM abschalten. Das iPhone wird offen sein, wenn und sobald der Erfolg von Android Apple dazu zwingen wird und sich die neuen Machtverhältnisse in der Telekommunikationsbranche gefestigt haben.
Gleiches gilt für den Kindle, wenn und sobald der Druck durch den Nook von Barnes & Noble groß genug. Und wer weiß, was aus dem lange erwarteten Apple Tablet wird? Die New York Times scheint bereits für diese Zukunft zu planen.
Das Muster ist immer das Gleiche: Die Medien- und Unterhaltungsindustrie besteht auf DRM und Bezahlschranken, die Geräteindustrie und der Handel (mit Amazon, Apple und Barnes & Noble in beiden Rollen) spielen das Spiel genau so lange mit, wie sie müssen. Bis ihnen die Text-, Bild- und Tonlieferanten auf den Leim gekrochen sind. Dann ist Schluss mit lustig, also mit DRM.
DRM funktioniert nur für eine Übergangszeit. Es ist ein Placebo mit schmerzlindernder Wirkung für Branchen, deren Geschäftsmodell durch die digitale Revolution bedroht ist. Es macht aber abhängig, und früher oder später stellt der Dealer den Nachschub ein.

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iSnack 2.0 oder Was Crowdsourcing so bewegen kann

vegemite_iSnack_20.jpgDas hatte sich der Konsumgüterriese Kraft Foods fein ausgedacht. Zur Markteinführung einer neuen Variante des australischen Nationalbrotaufstrichs Vegemite sollten die Konsumenten über den Namen entscheiden. So wie bereits 1923 beim Original. Doch als die Stimmen ausgezählt waren, hieß das zuvor monatelang namenlos in den Supermärkten vertriebene neue Produkt iSnack 2.0 – so wie in iPod und Web 2.0.
Doch was in good old Europe bestenfalls ein Schmunzeln entlockt hätte, führte Down Under zu einer mittelschweren Revolte. Zwar mögen die Konsumenten das Produkt, doch hassen sie geradezu den völlig unpassenden Namen. Dazu muss man wissen, dass ein Markenprodukt wie Nutella im Vergleich zu Vegemite („proudly made in Australia“) und Marmite ein Nichts ist. Ein Name wie iSnack 2.0 ist geradezu ein Anschlag auf die australische Seele.
isuck20ladiesthumb.jpgDeshalb dauerte es nur wenige Tage, bis Kraft Foods einlenkte, den gerade erst verkündeten Namen wieder kassierte – und die Konsumenten erneut um ihr Votum bat. Morgen soll nun der nächste, möglicherweise endgültige Name annonciert werden.
In der Zwischenzeit lohnt sich ein Blick auf die kreativen Unmutsäußerungen, zum Beispiel auf jenes T-Shirt (links), dass der Epic Fail Store feilbietet [via]. Oder das unvermeidliche Hitler-Video, das in einer von zwei Versionen auf YouTube bis jetzt 72.000 Aufrufe generierte, was noch verhältnismäßig wenig ist. Kraft wehrt sich übrigens nach Kräften gegen die Unterstellung, die ganze Affaire sei nicht mehr als ein genialer PR-Stunt gewesen.

Ist die Aktion nun ein Argument gegen Crowdsourcing? Wohl kaum. Mehr Aufmerksamkeit hätte ein Produktstart kaum bekommen können. Und Kraft hat sicher nicht falsch gehandelt, als sie den Namen binnen weniger Tage zurückzogen und eine neue öffentliche Namenssuche starteten. So kann’s gehen, wenn Konsumgüterhersteller auf den Konsumenten hören, der schließlich am Ende die Rechnung bezahlt. [via]

Die neue Mitte wählt FDP. Und nicht die Piraten

Auch wenn sie sich auf Twitter noch nicht zu äußern wagt. Elisabeth Noelle-Neumann formulierte in den 70er Jahren die Theorie der Schweigespirale. Danach hängt es in vielen Fällen von der wahrgenommenen Mehrheitsmeinung ab, ob sich Menschen öffentlich zu ihrer Meinung bekennen.
Auf Twitter war das Bild am Wahlabend klar: großes Entsetzen über die schwarz-gelbe Mehrheit, allgemeine Abscheu gegenüber der FDP. Dabei bin ich fast sicher, dass sich gerade auf Twitter überdurchschnittlich viele FDP-Wähler tummeln. Aber nur wenige von ihnen haben sich öffentlich geäußert, weil sie die Konfrontation mit der wahrgenommenen Mehrheit scheuten.
Es gibt ein neues liberales Milieu, das die Basis für den Wahlerfolg der FDP bildet. Und es ist gar nicht so weit entfernt von denen, die es Arbeit nennen. Gustav Seibt macht in der Süddeutschen Zeitung eine nicht unerhebliche neue Mitte aus.

Diese hätte früher selbstverständlich SPD oder Grüne gewählt. Heute aber ist sie vierteljährlich mit der Abrechnung der Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt beschäftigt. Viele kreative Berufe – Filmproduzenten, Webdesigner, Galeristen, etablierte Schauspieler – sind heute nicht mehr in Groß- und Staatsbetrieben wie Museen und Theatern beschäftigt. Stattdessen betreiben sie schnell entstehende wie vergehende kleine und mittlere Subunternehmen. Zwischen ihnen und dem Staat liegt keine Personalstelle mehr. Und so hat für sie das Wort „Transferleistung“ eine Anschaulichkeit, die da fehlt, wo man nur einmal im Monat achtlos einen Gehaltszettel abheftet.

Dass am unteren Rand dieses Kreativbürgertums die Zwangsverwaltung des Alltags durch die Arbeitsagenturen droht, macht die Einstellungen dieser Leute nicht sozialdemokratischer. Wer fast 20 Prozent Umsatzsteuer für jene öffentlich-rechtlichen Radiohonorare entrichtet, die von den öffentlich-rechtlichen Gebührenempfängern nicht vergütet werden, und wer einmal im Jahr die Bescheide der Künstlersozialkasse über die wahrscheinliche Rente ab 67 erhält, der schaut mit kühlem Blick auf die Rentnerheere bei den anderen Parteien.

Und so fort. Auch für die Piratenpartei, eigentlich eine Art FDP 2.0, hat Seibt eine passende Erklärung parat:

Übrigens mag es sein, dass die Piratenpartei bald den Prekariatsflügel dieses volatilen intellektuellen Unternehmertums darstellt. Und auch das hat nicht nur einen kulturellen Hintergrund, geht es doch um Zugangs- und Verwertungsrechte im Hauptarbeitsfeld dieser Schicht: dem Internet. Und um jene bürgerliche Freiheit sowieso, die den alten Staatsvolksparteien immer öfter weniger bedeutet als die Sicherheit. In diesem Milieu, das wachsen wird, will man sich weder von der Arbeitsagentur das Leben vorschreiben noch vom Staatsschutz durchleuchten lassen.

Dieser Freiheitswille, er hieß einmal Liberalismus.

Die Piratenpartei und mit ihr die lautstarke Mehrheit auf Twitter sitzen vorerst in ihrer Nische fest, als Minderheiten, die sie tatsächlich sind. Denn wie Christoph Salzig treffend bemerkt:

Die Selbst­wahr­neh­mung der Anhän­ger und eini­ger Pira­ten selbst und die erzielte Wir­kung ste­hen in einem dis­so­nan­ten Ver­hält­nis. Hierzu gibt es in der Marketing-, Werbe- und PR-Welt lei­der einige unüber­seh­bare Par­al­le­len. Nicht umsonst wer­den die zum Teile ebenso zag­haf­ten wie untaug­li­chen ers­ten Schritte ein­zel­ner Unter­neh­men, sich in Web 2.0 (allein, dass die­ses Wort aus dem Sprach­ge­brauch der so genann­ten Social Media Evan­ge­lis­ten bereits getilgt wurde, spricht Bände) zu ver­su­chen, mit einer Urge­walt gebrand­markt, dass man den Ein­druck gewin­nen kann, das Ende des Word Wide Web steht bevor.

Doch die Wahr­heit sieht anders aus. Wäh­rend bis­wei­len für meh­rere Tage (dar­auf beschrän­ken sich der­ar­tige Dis­kus­sio­nen zum Glück) in der Social Media Nische kaum noch andere The­men gehan­delt wer­den, nimmt die „große, weite Welt“ da drau­ßen, kaum Notiz. Nicht allein Vodafone-Sprecher Kuzey Alex­an­der Ese­ner kon­sta­tierte, dass der vom „Mikro­kos­mos“ aus­ge­löste Social Media „Tsu­nami“ sich in den Filia­len über­haupt nicht aus­ge­wirkt hat. Ein wenig mehr Boden­stän­dig­keit stünde vie­len Prot­ago­nis­ten gut zu Gesicht. Das würde das Ver­ständ­nis für die eige­nen Ansich­ten und drin­gend not­wen­dige Rich­tungs­wech­sel in Gesell­schaft, Wirt­schaft und Poli­tik sub­stan­zi­ell fördern.