Was ist User Centric Design?

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Das erklärt jetzt eine schicke Broschüre [PDF] von SinnerSchrader Neue Informatik, die sich diesem Thema verschrieben hat. User Centric Design ist keine Raketenphysik, um es mit den Worten von Dr. Stefan Kunze zu sagen, seines Zeichens Diplom-Physiker und Geschäftsführer. So heißt es in der Broschüre:

Viele der angewandten Methoden sind in der Literatur beschrieben und könnten im Prinzip von jedermann erlernt und angewendet werden. Es zeigt sich jedoch in der Praxis, dass dies nur in wenigen Fällen wirklich gelingt. Die erfolgreiche Anwendung von User Centric Design ist untrennbar verbunden mit Interdisziplinarität, Kundenorientierung und Konzentration auf die Bedürfnisse des Nutzers – kulturelle Werte, die nicht einfach in jeder Organisation zu etablieren sind.

Wohl wahr. Und natürlich läuft längst nicht jedes Projekt nach der reinen Lehre des User Centric Design. Aber besser wär’s.

3 1/2 Monate

fast.png37signals hat eine harte Obergrenze für die Dauer ihrer Produktentwicklung: dreieinhalb Monate.

Create a simple product as fast as you can, then get feedback from customers and make it better.

So fasst die BusinessWeek in ihrer neuesten Ausgabe die Lektion der schlauen Jungs von 37signals für die Softwarebranche zusammen. Und nicht nur für Softwareentwicklung, sondern für webbezogene Produktentwicklung insgesamt: So gut wie alle erfolgreichen Projekte in der bald zehnjährigen Unternehmensgeschichte von SinnerSchrader waren nach spätestens dreieinhalb Monaten online und wurden dann kontinuierlich weiterentwickelt.

The way to get really good software is to make the simplest thing you can as fast as you can and get reaction, then see where it goes from there.

Meint Paul Graham, aus dessen Feder On Lisp (1993), ANSI Common Lisp (1995) und Hackers & Painters (2004) stammen und der heute einer der Partner der VC-Firma Y Combinator ist.

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Schrödingers Produkt

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„If a company makes a high-quality product, but user’s don’t find it sexy or appealing, does that product exist?“ Fragt Kathy Sierra und gibt zehn Ratschläge, wie die lebensnotwendige Begehrlichkeit zu wecken ist:

  1. Pay attention to style.
  2. Pay attention to the emotional appeal.
  3. Show it in action… with real people.
  4. Don’t use pictures of generic shiny happy people that have become cliches.
  5. Make sure it’s clear to prospective users how this helps them kick ass.
  6. Appeal to as many senses as possible.
  7. Make it meaningful.
  8. Make it justifiable, so the user doesn’t have to feel guilty.
  9. Support a community of users.
  10. Never underestimate the power of fun.

Mehr an Ort und Stelle.

Modellhafte Eisenbahn

Koehlbrandbruecke
Seit mehr als vier Jahren schon zieht eine große Modelleisenbahn in der Hamburger Speicherstadt Tag für Tag die Massen an. Zwar folgen die Betreiber nicht gerade sämtlichen goldenen Regeln der Markenführung: So heißt die Anlage mal "Miniatur Wunderland", mal "Modelleisenbahn Wunderland". Und die Website ist auch nicht unbedingt schön zu nennen.

Aber das Gesamterlebnis stimmt einfach fröhlich. Das fängt damit an, dass die Betreiber nur soviele Menschen gleichzeitig einlassen, dass es zwar voll, aber nicht überfüllt ist. So entstehen natürlich Wartezeiten. Deshalb gibt bereits die Website eine Wartezeiten-Prognose ab. Wir haben also gestern unseren ursprünglichen Plan, gleich am späten Vormittag loszufahren, nach einem Blick ins Web modifiziert und mussten ein paar Stunden später nur relativ kurz warten.

Am Eingang zur Wartezone informiert ein Flachbildschirm über die aktuelle Wartezeit. Die wird nicht etwa grob geschätzt, sondern aus der regelmäßig durchgezählten Besucherschlange errechnet. Zusätzlich verkürzt wird sie durch TV-Beiträge über die Ausstellung auf großen Monitoren. Und kurz vor der Kasse kommt eine Mitarbeiterin mit einem vollen Tablett kostenloser Kaltgetränke vorbei, was die Stimmung noch einmal verbessert.

Die Kassiererin fragt nach dem Herkunftsbundesland. Warum das? Nur 10,5 Prozent aller Besucher kommen aus Hamburg, 70 Prozent reisen aus Entfernungen über 100 Kilometer an. Der Eintritt ist nicht billig (darf er auch nicht sein, zu den Gründen hier mehr), aber auch nicht überteuert. Die Infrastruktur (ÖPNV, Parkplätze, Cafeteria, Kinderspielecke etc.) stimmt. Der gesamte Auftritt atmet den Charme der Gründerbrüder Frederik und Gerrit Braun, die ihr Hobby zum Beruf gemacht und damit Maßstäbe gesetzt haben. Als kommerzieller Erfolg muss bereits das reine Überleben gelten. Als Testimonials haben es die beiden in eine Kampagne ihres Kapitalgebers Haspa geschafft.

Schon 2004 war die Anlage mit mehr als 800.000 Besuchern die erfolgreichste Touristen-Attraktion Hamburgs, noch vor dem Musical König der Löwen. Warum wohl? Über die Qualität der Anlage selbst habe ich dabei noch keine Zeile geschrieben. Die kontinuierliche Pressearbeit und das einfache, aber wirkungsvolle Online-Marketing tragen sicher ihren Teil zum Erfolg bei, entscheidend dürfte aber die Mundpropaganda zufriedener Besucher sein.

Sic!

Beim Mittagessen ging mir vorhin durch den Kopf, dass der Shopblogger die Software des Shopbloggers ja auch selbst, und zwar nicht zu knapp, zu dem mittlerweile notorischen Sozialgerichtsirrtum beigetragen hat. Bevor ich es aber erläutern muss, verweise ich doch lieber auf Volker Weber, der das viel besser kann [via Basic Thinking]:

Während sich die versammelte Mannschaft über eine Juristin schlapp lacht, weine ich eigentlich mehr über das miserable Webdesign eines ansonsten lesenswerten Blogs*.

Nachtrag: Der Shopblogger stellt klar, dass er, nichts Böses ahnend, ein Standardtemplate von Serendipity nutzt. Was die Sache natürlich verschlimmert, allerdings nicht für Björn (an dessen Adresse ich hiermit ausdrücklich Abbitte leisten möchte), sondern für die angeblich beste Blogsoftware der Welt.

Ebay 2.0

Etsy
Etsy is Ebay 2.0, meint Michael Arrington. Oder auch: P2P-Commerce with Tagging. Schade, dass P2P-Commerce dem an deutsche Sprache gewöhnten Ohr etwas seltsam klingt. Sonst hätte der Begriff die Chance, im nächsten Jahr Karriere zu machen.

Etsy ist bis jetzt eine Plattform für Handgemachtes, agiert also in einem Nischenmarkt. Aber denken wir uns diese Einschränkung einmal kurz weg, dann ist Etsy tatsächlich so etwas wie Ebay meets Web 2.0.

Tagging löst elegant das Problem der bei Ebay an allen Ecken knarzenden Ontologie. Natürlich gibt es trotzdem die gewohnten Kategorien und Powerseller-Shops. Sehr nett, wenn auch nur begrenzt nützlich ist die Zeitmaschine – sie zeigt an, was gerade aktuell eingestellt wurde.

E-Commerce 2006 wird viel mit Design und User Experience zu tun haben. Oder wie Robert Basic es formuliert

Was Flickr.com gestern war, wird Etsy.com morgen sein.

Richtig und falsch

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Ari Paparo
erinnert mit einer
bemerkenswerten
Analyse
seiner eigenen Fehler daran, dass so mancher Dienst, den wir derzeit enthusiastisch als Web 2.0 feiern, schon ganz alte Wurzeln hat. So ist ja
del.icio.us, dieser
Tage für ein paar Mark fuffzich
an
Yahoo verkauft
(und momentan down), keineswegs der erste
Lesezeichenorganisator im Netz.

Blink hieß sein 1999 gegründeter Dienst, der – anders als del.icio.us – mit Geld
und einem Geschäftsplan ausgestattet war, zu Spitzenzeiten 1,5 Millionen Nutzer
hatte (del.icio.us: je nach Quelle 200.000 bis 300.000) und dennoch nicht
überlebte.
Warum? Weil Blink ein paar kleine, aber entscheidende Dinge anders gemacht hatte als später del.icio.us.

Etiketten (Tags) statt Ordner, öffentliche statt private Lesezeichen
als Voreinstellung, bessere und vor allem einfachere Mechanismen, mit
denen Nutzer neue, interessante Links entdecken können – das ist der
ganze Unterschied. Vor allem die beiden letztgenannten Punkte (Make it Instantly Useful und Don’t Let Technology Decide) gehören nach wie vor zu den gängigsten Fehlern im Projektalltag. [betamode]

Simon


simon, originally uploaded by annvoe.

Anna Vöge aus den SinnerSchrader Studios über ihren Desktop:

Nach jedem Urlaub wähle ich einige Bilder aus, und bearbeite diese als Wallpaper für meinen Laptop.
Momentan ist bei mir Simon zu sehen, die Katze vom "six small rooms" in Neapel:
Das Backpackers ist quasi nicht zu finden, da es sich mitten in Neapel befindet, in einer Sackgasse von einer Einbahnstraße ausgehend. Mit Hilfe eines so gar nicht detaillierten Stadtplans hat es mit dem Volvo-Kombi (dem größten Auto von ganz Neapel) drei Stunden gedauert, die Unterkunft zu finden.
Der Lonely Planet schreibt dazu ganz passend: "Never drive into the city unless you have a death wish…"
Nun kann ich voller Stolz behaupten: "I survived Napoli!"   🙂

User Centric Design

User Centric DesignManche Dinge bleiben so lange liegen, bis sie sich von selbst erledigen. Nicht so diese Slides zu den beiden Vorträgen, die Stefan Kunze und Christian Jung im Oktober auf der Systems hielten. Was darin gesagt ist, bleibt von Bedeutung. Christian Jung schlug den Bogen (1,4 MB) von den Ideen einiger Pioniere, die den Computer für jedermann zugänglich machen wollten, zum heutigen Projektalltag. Stefan Kunze nahm diesen Faden auf (3,3 MB) und stellte die Projektmethodik des User Centric Design vor, die auf gute, für den Anwender nützliche Software abzielt.