Martin Recke

Co-Founder @nextconf, corporate editor @AccentureSong, PR guy, blogger, journalistic background, political scientist, theology, singer, father, landlord, roman-catholic.

Warum das Internet-Manifest kein Cluetrain Manifesto ist

Vor zehn Jahren publizierten vier Autoren das Cluetrain Manifesto. Es besteht aus 95 Thesen, hinterlegt mit einem ganzen Buch. Das sind knapp 24 Thesen pro Co-Autor, mehr als das heute veröffentlichte Internet-Manifest (u.a. auch da und dort) insgesamt schafft. Dort ringen sich 15 (!) Autoren gerade einmal 17 Thesen Behauptungen ab.
Unter den Autoren sind so illustre Namen wie Sascha Lobo, Thomas Knüwer, Stefan Niggemeier und Mercedes Bunz. Mit einem Wort: Es sind unsere Besten, auch wenn vielleicht der eine oder andere fehlt und ich mich bei anderen wiederum frage, wie sie wohl auf diese Liste geraten sind.
Umso enttäuschender ist die geballte Mittelmäßigkeit, die aus den Behauptungen und ihrer Beweisführung spricht. Viele Gemeinplätze, wenig Kontoverses, dafür eine Reihe steiler Thesen und überaus optimistischer Annahmen. Ein paar Beispiele:

  1. Gemeinplätze: „Die Medien müssen ihre Arbeitsweise der technologischen Realität anpassen, statt sie zu ignorieren oder zu bekämpfen.“ Oder: „Durch das Internet kann der Journalismus seine gesellschaftsbildenden Aufgaben auf neue Weise wahrnehmen.“ Das ist so allgemein, dass es jeder unterschreiben könnte.
  2. Steile Thesen: „Mit journalistischen Inhalten lässt sich im Internet Geld verdienen. Dafür gibt es bereits heute viele Beispiele.“ Oder: „Das Internet entlarvt gleichförmige Massenware.“ Ein paar Beispiele, wie sich mit journalistischen Inhalten Geld verdienen lässt, wären ganz schön. An Beispielen gleichförmiger Massenware mangelt es hingegen nicht, an ihrer Entlarvung durch den Massenkonsumenten jedoch arbeiten wir wohl noch.

Weniger Autoren, dafür mehr Thesen – das wäre vielleicht mehr gewesen. So ist es nur noch ein weiteres Thesenpapier. Und an Papier herrscht in diesem Jahr der Appelle und Erklärungen nun wirklich kein Mangel.

Wem gehören die Konsumentenprofile?

Mediaagenturen investieren in Profiling- und Targeting-Technologien, Vermarkter schließen sich zusammen, um die kritische Masse an Konsumentenprofilen sammeln zu können, mit der Targeting erst Sinn hat. Eine der heiß diskutierten Fragen ist, wem diese Profile letztlich gehören – den Vermarktern, den Agenturen oder gar den Werbungtreibenden, die schließlich am Ende die Werbung bezahlen?
Bei dieser Diskussion bleibt einer außen vor – der Konsument, der letztlich die ganze Veranstaltung bezahlt und um dessen Daten es beim Targeting geht. ina schreibt in einem Kommentar:

Die Konsumenten“profile“ gehören weder den Vermarktern noch den Agenturen oder Werbetreibenden – sie gehören den Konsumenten.
Vermarkter, Agenturen und Werbungtreibende verfügen über mehr oder weniger große und spezifische Cluster, _besitzen_ aber keine einzelne Profile der Konsumenten.

Im Prinzip sehr richtig, aber in der Praxis geht es Vermarktern, Agenturen und Werbungtreibenden gerade darum, solche Profile aufzubauen. Die Vermarkter haben damit begonnen, die Mediaagenturen springen auf den fahrenden Zug auf und die Werbungtreibenden werden früher oder später eigenes Know-how und eigene Technologie aufbauen, um ihre Kundenbeziehungen zu verbessern.
Sie sind in diesem Spiel die einzigen Spieler, die ein Interesse daran haben können, den Konsumenten die Kontrolle über ihre Daten und Profile zu geben. Denn sie wollen keine Werbung an Konsumenten ausliefern, die diese Werbung nicht sehen wollen. Das wäre rausgeworfenes Geld. Vermarkter und Agenturen hingegen schielen, solange sie nach Kontaktzahl und nicht nach Performance bezahlt werden, immer auch auf das ausgelieferte Volumen.
Früher oder später werde ich in meinem Kundenkonto auch das Profil konfigurieren können, das ein Unternehmen über mich angelegt hat. Doch bis dahin wird noch einige Zeit vergehen. Denn vergessen wir nicht – bis jetzt sind die Profile anonym. Damit wäre dann Schluss.

Noch 14 Tickets für die next10 zum halben Preis!

Bis zur next10 sind es noch acht Monate, aber die ersten 50 Teilnehmer sind bereits registriert. Es gibt im Moment noch 14 Tickets zum Freundschaftspreis von 390 Euro (plus MwSt.), also nutzen Sie die letzte Chance und sichern Sie sich heute noch Ihr Ticket für die next10 zum halben Preis!

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next meetup am 17. September

Was bewegt die Branche im kommenden Jahr? Diskutieren Sie mit Martin Recke und Mark Pohlmann die wichtigsten Internetthemen 2010 und das Leitmotto der next10 beim next meetup am 17. September in Hamburg.

Parallel zum Ausklang des Community & Marketing 2.0 SUMMIT lädt SinnerSchrader zu einem Brainstorming und Experten-Roundtable ins Hotel East am 17. September um 13:30 Uhr ein. Gesucht sind die Vordenker, Experten und Visionäre – um über die Ausrichtung der next10 zu diskutieren. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist erforderlich. Die Zahl der Plätze ist begrenzt, also registrieren Sie sich am besten gleich.

Sonderangebot: next10 + Community & Marketing 2.0 SUMMIT

Sichern Sie sich zwei Konferenzen mit einem einzigen Ticket! Registrieren Sie sich jetzt für die next10 am 4. und 5. Mai 2010 und den Community & Marketing 2.0 SUMMIT am 16. und 17. September 2009 für den Sonderpreis von 990 Euro (zzgl. MwSt.).

Onlinevermarkter schließen Bündnis gegen Google

Gruner + Jahr, Tomorrow Focus, SevenOne Media (ProSiebenSat.1) und IP Deutschland (RTL) wollen ihre Reichweiten bündeln, um Google und den Mediaagenturen auf dem deutschen Markt Paroli bieten zu können. Das berichtet Netzökonom Holger Schmidt in der FAZ. [via]

Zudem wollen die vier Anbieter zusammen mit der Reichweite des Fernsehens konkurrieren, um an die weiterhin großen Fernsehetats zu kommen. Die Allianz liegt zurzeit zur Genehmigung beim Bundeskartellamt.

Dabei ist offenbar die schiere Reichweite allein gar nicht entscheidend, sondern das Thema Targeting. Hier tobt eine Auseinandersetzung zwischen Vermarktern und Mediagenturen, wem die dabei entstehenden Konsumentenprofile gehören. Beide Gruppen investieren in Targeting-Technologie, doch bis jetzt scheint offen, wer am Ende das Rennen machen wird.
Unsere Ansicht zu dieser Frage ist klar:

Am Ende bezahlen die Werbungtreibenden die Rechnung für die Kampagnen, deshalb sollten ihnen die Profile gehören.

Weder Vermarkter noch Mediaagenturen können einen Besitzanspruch auf die Konsumentenprofile erheben. Die Konsumenten haben im Zweifel eine Kundenbeziehung zu den werbungtreibenden Unternehmen, aber nicht zu Vermarktern und Agenturen.

Don Alphonso heuert bei achtung! an

Das berichtet heute horizont.net auf Twitter. Oder doch nicht?
Tatsächlich ist es Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach (39), der nach über drei Jahren bei Edelman zur Hamburger Agentur achtung! wechselt. Er wird dort ab 1. Dezember als Director Digital Strategy oder vielmehr Managing Supervisor Digitale Strategie für alle Einheiten (Werbung, PR, Event etc.) arbeiten.
Bei Edelman löst ihn Marshall Manson (35) als neuer Head of Social Media Europe ab, die Position des Head of Social Media Deutschland soll von außen neu besetzt werden.
Glückwunsch und alles Gute für den neuen Job!

simyo und die Politik der kleinen Schritte

Soeben bin ich, sozusagen dienstlich, Fan von simyo auf Facebook geworden. Um es gleich vorwegzunehmen: simyo ist ein Kunde von SinnerSchrader. Und SinnerSchrader zahlt mein Gehalt unter anderem dafür, dass ich hier schreibe. Mit der Facebook-Fanpage allerdings hat SinnerSchrader nichts zu tun, sondern die Agentur Mavens von Mark Pohlmann, der wiederum lange Jahre bei SinnerSchrader gearbeitet hat. Mit Mavens arbeiten wir in Sachen next conference zusammen.
Transparenz ist wichtig in diesen Zeiten. Deshalb die lange Vorrede. Social Media hat die Lage unübersichtlich gemacht. Früher gab es Quellen, die in Medien zitiert wurden. Heute publizieren die Quellen selbst. Unternehmen sind nicht mehr auf das Nadelöhr der klassischen Medien angewiesen, um sich Gehör zu verschaffen. Konsumenten haben nicht nur das Call Center, um sich an Unternehmen zu wenden. Sie können bloggen, twittern und noch viel mehr. Für Kundenservice und Unternehmenskommunikation ist die Lage unübersichtlich geworden.
Ich lag zwar nicht im Koma, aber war im Urlaub, als ein anderer Telekommunikationsanbieter eine größere Kampagne mit hohem Socialmediaanteil startete, die in einer kleinen Nische des Web für sehr viel Aufregung sorgte. Es juckte mich des öfteren in den Fingern, meinen Senf dazuzugeben, aber letztlich waren andere Tätigkeiten oder auch Untätigkeiten im Urlaub attraktiver. Deshalb habe ich es gelassen.
Verglichen mit der komplexen und aufwendigen Vodafone-Kampagne ist das Engagement von simyo recht übersichtlich. simyo hat ein Blog, nutzt Twitter als Ticker, flickr für Pressefotos und YouTube für Bewegtbild. Bei Facebook geht es simyo um Kundenbewertungen. Nadine Motter schreibt im Blog:

Auf der offiziellen simyoDE Facebook Fanseite können Kunden, Mobilfunk-Freaks, Kritiker und Fans ihre Loyalität bekunden und uns gleichzeitig durch ein Sternchenprinzip bewerten (1 Sternchen schlecht bis 5 Sternchen hervorragend). Zu jeder Bewertung kann, muss aber nicht, ein Kommentar / Rezension abgegeben werden.

Diese transparente, offene und ehrliche Vorgehensweise ist einzigartig im Telekommunikationssektor und wir sind uns bewusst, dass durchaus auch negative Bewertungen sichtbar werden, die wir dort aber auch bewusst sichtbar machen und nicht löschen werden. Denn wir verstehen es als Chance durch das Feedback unserer Kunden immer ein Stückchen besser zu werden.

Gleichzeitig nutzen wir die Plattform, um Diskussionen anzuzetteln, Fragen zu beantworten und um auch dort mehr über die Bedürfnisse unsere Kunden zu erfahren. Aber nicht nur wir kommunizieren, auch die Kunden können sich hier offen über simyo austauschen und sich gegenseitig Tipps geben.

Interessant wird die Sache, wenn sich klassische Multiplikatoren wie Frank Kemper, stellvertretender Chefredakteur der Internet World Business, zu Wort melden. Er weiß zwar immer noch nicht, ob er simyo nun weiter nutzen will, steht aber immerhin in regem Austausch mit simyo. Gut, dass wir darüber gesprochen haben.
Spaß beiseite. Eine Politik der kleinen Schritte liegt für simyo geradezu auf der Hand. Das aus der klassischen Werbung überkommene Denken in Kampagnen, wie es zuletzt Vodafone und Scholz & Friends vorgeführt haben, ist im Web eine hochriskante Strategie. Kleine Schritte, dem Konsumenten zuhören, in den Dialog treten und daraus lernen versprechen, mit der nötigen Nachhaltigkeit verfolgt, mehr Erfolg bei überschaubarem Risiko.

Facebook deklassiert die anderen Social Networks

Was sich bereits Anfang des Jahres abzeichnete, bestätigen nun Zahlen aus der Markforschung von Nielsen: Facebook hat in Deutschland eine größere Reichweite als die Wettbewerber Wer-kennt-wen, StudiVZ (SchülerVZ, meinVZ) und MySpace.
Ein guter Frühindikator für die Reichweitenentwicklung ist Google Trends. So war im Januar bereits zu erkennen, dass Facebook im Jahr 2009 das einzige Social Network mit intaktem exponentiellen Aufwärtstrend sein würde:
google_trends_facebook_studivz.png
Einige Monate später ist das Bild sehr viel klarer. Der exponentielle Aufwärtstrend bei Facebook ist weiterhin intakt, die Wettbewerber tendieren seitwärts.
google_trends_facebook_aug09.png
In einigen Monaten dürfte sich dies auch in den Reichweitenmessungen niederschlagen. Spätestens Anfang 2010 wird Facebook Marktführer in Deutschland sein. Und das ohne einen einzigen Mitarbeiter zu haben. Chapeau!

Die digitale Revolution erreicht die Werbebranche

Mit einem Paukenschlag trat in der vergangenen Woche Amir Kassaei von seinem Posten als Chef des ADC zurück. Im Interview mit Spiegel Online äußert er sich heute zu den Gründen. Und die sind nicht ohne Zündstoff: Kassaei sieht radikalen Veränderungsbedarf, wo andere ihn nicht sehen wollen.

Verändert sich aber die Werbebranche nicht, wird sie wie die Musikindustrie untergehen. Die klassische Werbeagentur kann nicht überleben. Aber die Bettdecke, unter der man liegt, ist eben noch lauwarm, und man scheut sich, freiwillig raus in den Regen zu gehen. Für manche kommt aber auch der lauteste Schuss zu spät.

Kassaei wollte insbesondere den teuren Kreativwettbewerben an den Kragen, konnte sich damit aber im Kreativverband ADC nicht durchsetzen.

Nicht Kreativpreise sondern Kreativität im Sinne von Innovation wollen die Kunden. In Zeiten knapper Kassen zählt nur die herausragendste und kreativste Lösung für die schwierigen Marketingprobleme und nicht Pokale in verschiedenen Farben. Bei vielen Agenturen stimmt die Leistung bei den Wettbewerben mit der realen Leistung nicht überein. Davon lässt sich auch keiner mehr blenden.

Wer wollte, konnte auf dem DMMK im Juni in Berlin hören, wie Kassaei die digitale Revolution sieht. Hier die Aufzeichnung (ab 1:06:42):