Para-Journalisten

Futter für die Next07, wo Norbert Bolz die Keynote über Medien 2.0 halten wird.

Peter Turi: Sind Blogger Para-Journalisten, wie der Medienwissenschaftler Norbert Bolz meint? Also Möchtegern-Journalisten, die’s noch nicht in die echten Medien geschafft haben?
Thomas Knüwer: Ach, der Herr Bolz. Die Mehrheit der Blogger will ja bewusst nicht als Journalist bezeichnet werden. Was auch eine Menge über das Ansehen unseres Berufsstandes sagt. Unter den Bloggern gibt es eine Reihe, die es in die „echten Medien“ (ist das Internet unecht?) geschafft haben. Viele, die es gar nicht schaffen wollen. Solche Kategorisierungen stammen von Menschen, die sich die Vorstellung abgewöhnt haben, dass es in einem demokratischen Land einen Diskurs geben könnte. Einst hätte Bolz wahrscheinlich behauptet, die Teilnehmer der Diskussionssalons des 19. Jahrhunderts seien alle Para-Christiansens.
Das ganze Interview mit Thomas Knüwer in der Netzwirtschaft

Erstens: Das traditionelle Agenturmodell ist hinüber

Zweitens: der Konsument kontrolliert, und drittens: der Agenturkunde steckt irgendwo dazwischen fest.

Also entweder „New agency“ oder „no agency“, meint Draftfcb, und gründete
dieser Tage eine neue Art von Agentur. Das ist spannend, da schauen wir genauer hin.

Aus der Pressemitteilung [MS Word]:

Die Full-Service-Agentur Draftfcb startet mit einem neuen, einzigartigen Agenturmodell in Deutschland. Ohne die bisher bekannte Abteilungs- und Satellitenstruktur entwickeln interdisziplinäre Teams in einem festgelegten Prozess medienneutral Kommunikationslösungen und Kampagnen. Ohne interne Verrechnungsmodelle, ohne Fokus auf bestimmte Medienkanäle und unter Einbindung von Customer Intelligence- und Media-Strategen ins Kernentwicklungsteam.

Was ist neu?

Die Grundidee: Das Individuum im Zentrum

„Im Gegensatz zu allen anderen Kommunikationsagenturen bauen wir unsere ganze Organisation um den einzelnen Menschen herum“, sagt Peter John Mahrenholz, CEO von Draftfcb Deutschland. „Es geht nicht mehr um ‚Massenmedien’, mit denen man ‚Zielgruppen’ erreicht, sondern darum, Individuen zu verstehen und zu überzeugen.“

D’accord.

Die Organisationsstruktur heißt „Wheel“

In jeder Phase des Kreationsprozesses erarbeiten fünf Disziplinen eine optimale Kommunikationsstrategie: „Das schafft eine einzigartige Kombination aus Kreativität und Analyse. Darüber hinaus arbeiten die Teams schneller, weil sie gemeinsam und nicht sequentiell arbeiten.“

Schneller, weil gemeinsam? Wir fragen uns: Welcher Kunde soll das bezahlen?

Der neue Kreationsprozess: Deeper Thinking – Insight to InciteTM

Nicht nur eine veränderte Organisationsstruktur, sondern auch eine neue Herangehens- und Denkweise: „Bei uns gibt es keine ‚Lines’ mehr: kein ‚Above the line’, ‚Below the line’, ‚On-line’ oder Off-line’. Diese Art von Liniendenken ist einfach überholt. Wir wollen unsere Kunden erfolgreich machen, indem wir uns auf das Verhalten der Menschen konzentrieren, nicht auf die Medien, die sie nutzen.“

Das ist neu. Da sind wir gespannt.

Das Produkt: „creative business building“

„Wir wollen Ideen entwickeln, die so kreativ wie möglich dieses Verhalten beeinflussen können. Letztlich sind wir eine Agentur, in der Kreativität über allem steht – wenn sie Resultate bringt. Wir nennen das ‚Return on ideasTM’“.

Das ist nicht neu. Kein Kommentar.

Und nun? Überzeugt sind wir noch nicht, lassen uns aber gerne eines Besseren belehren. Wir sammeln weiter.

Mal wieder rebooten

reboot9.png
“Spread the word via blogging, email, im, etc. about reboot9” – wollen wir hiermit gerne tun.
Was liegt an?

„It’s time to reboot our minds once again.”

Wo und wann?

“reboot9 will take place in Copenhagen Thursday, May 31 and Friday, June 1 2007.”

Was ist reboot9?

“Like last year there isn’t a final speakers list or a black box creation model. reboot is a platform for bringing the European (and beyond) community together, a platform for conversations and relationships, a platform for sharing visions and meeting the people you never knew you’d meet. So the platform is all yours, and this is an invitation to participate and help co-create reboot.”

Und worum geht’s?

“The theme for reboot9 is ‚human?‘. A big word, but a word that saturates what’s happening and all ready on a deeper level has been transcending reboot the last couple of years.
So when all is in going away from mechanical industrial models to human natural models where this is leading us? What is our shared understanding of ‚human‘? How do we organize ourselves in human institutions and organizations? How are our tools shaping us as humans, how are we shaping our tools?

Participate!

Alle Macht dem Konsumenten

Von Inhalten, Technik und Zielgruppen sollte die Rede sein auf der Computer Bild CeBIT CEO Conference am Freitag. In dieser Reihenfolge: Zuerst sind da die Inhalte, dann kommt die Technik, um schließlich die Zielgruppen zu bedienen. Soweit die klassische Pipeline-Denke – die heute und vor allem in der „digitalen Welt 2010“ so nicht mehr funktioniert.

Folgerichtig ist die erste Keynote, vorgetragen vom Hausherrn und Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner, gleich eine Enttäuschung. Im Auditorium macht sich sofort Mittagsmüdigkeit breit. Direkt zu Beginn fällt dem bestfrisierten CEO eine Strähne in die Stirne.

Über ein paar nette Anekdoten und die bekannten Allgemeinplätze über die Zukunft des Printgeschäfts kommt er nicht hinaus. Das allerdings ist auch dem Thema geschuldet. Über nutzergenerierten Medieninhalt wüsste ich auch nichts Neues mehr zu sagen.

Interessante Inhalte werden immer interessieren, macht Döpfner sich Mut. Ein vollkommen leerer Satz. Das Interessante interessiert. Aha. Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Wenn klassische Medienhäuser nur noch in leeren Begriffen über ihr Produkt (auch Produkt ist ein solcher) sprechen können, dann würde ich meine Aktien, hätte ich welche, umgehend verkaufen.

Im anschließenden Podium wird es auch nicht besser. Die Inhalte bleiben die gleichen, die Formen ändern sich, sagt Hans-Holger Albrecht (Modern Times Group). Seit wann gibt es Inhalt ohne Form? Welche Inhalte den Menschen in Zukunft interessieren werden – darüber verliert keiner der Teilnehmer auch nur ein konkretes Wort. War ja auch nur die Leitfrage für dieses Podium.

Stattdessen ist von Technik die Rede und von Formaten. Jeder der diskutierenden Medienmacher macht eine Inventur, schaut nach, was er auf Lager hat und ist prompt der Meinung: Passt! Irgendein dusseliger Konsument wird den Kram auch künftig konsumieren und dafür notfalls noch teures Geld bezahlen.

Als die Diskussion kurz das Thema Copyright streift und etwas spannender zu werden droht, wechselt der nicht besonders gut orientierte Moderator flugs das Thema. Das Vorbild von Computerbild-Chefredakteur Hans-Martin Burr ist ganz offensichtlich Giovanni de Lorenzo. Ich hätte das Original vorgezogen.

Die deutschen Statthalter internationaler Konzerne sind selten eine Bereicherung für ein Podium. War Terry von Bibra (Yahoo) im ersten Panel noch der einzige dieser Gattung, so besteht die zweite, der Technik gewidmete Runde fast nur aus diesem Typ Manager. Sie haben einfach nichts zu sagen, was über ihren Bereich hinausgehen würde. Und da ihr Bereich Vertrieb ist, hören wir vor allem Vertriebsargumente. Für Hardware. Wie spannend. Aber wir sind ja auf der CeBIT, da gehört das wohl dazu.

Wohlfeil sind die Appelle an Mobilfunkbetreiber, endlich von ihren Apothekenpreisen für mobile Datenübertragung herunterzukommen. Das lässt sich als Hardwarehersteller oder Medienhaus leicht fordern. Die Netze betreiben und refinanzieren schließlich andere. Mobil ist das technisch Machbare nicht auch das wirtschaftlich Tragfähige. Irgendwer muss schließlich auch hier am Ende die Rechnung bezahlen.

Thomas Middelhoff

Spannend wird es erst kurz vor Schluss, als Thomas Middelhoff (KarstadtQuelle) endlich Klartext spricht. Der Musikindustrie wirft er völliges Versagen vor. Auch nach zehn Jahren habe sie kein überzeugendes Geschäftsmodell für das Internet. Stattdessen verklage sie lieber ihre eigenen Kunden. Eine ähnliche Entwicklung sieht Middelhoff auch auf TV- und Filmindustrie zukommen.

Düster seine Prophezeihung für große Teile der Wirtschaft:

Innerhalb der nächsten 10 Jahre werden viele große und bekannte Unternehmen den Markt verlassen. Deswegen weil sie nicht in der Lage waren, ihre etablierten Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln und weil ihre Kunden glauben, dass diese Anbieter einfach überflüssig geworden sind.

Nach diesem Donnerschlag hat es das letzte Podium schwer. Holger Jung ist sich nicht zu schade, drei Werbefilme aus der Werbeschmiede Jung von Matt zu zeigen, die sich durch nichts anderes qualifizieren als die Tatsache, dass sie auf den einschlägigen Videoportalen im Internet zu sehen waren. Und dort auch tatsächlich angesehen wurden.

Ist für Jung von Matt das Internet tatsächlich nicht mehr als eine weitere Verbreitungsplattform für 30-Sekünder? Das meint wahrscheinlich nicht einmal Holger Jung, der sich in der abschließenden Pressemitteilung übrigens mit diesem kryptischen Satz zitieren lässt:

Viel bringt viel und weniger ist mehr.

Für den Reality Check ist am Ende Matthias Schrader zuständig, der auf die Schlussfrage des Moderators mit einem knappen Satz antwortet:

Wieviel Macht darf der Kunde bekommen?

Der Konsument darf alle Macht haben, denn er bezahlt die ganze Veranstaltung.

Innovation Camp auf der next07


Visionäre aufgepasst! Unter dem Motto Die Geschäfte der Zukunft: Handel – Arbeit – Freizeit schreiben die Deutsche Bank und SinnerSchrader ab sofort Sprecher-Plätze für das Innovation Camp auf der next07 aus.
Der Reality Check für Zukunftsvisionen: Ausgewählte Sprecher präsentieren vor den wichtigsten Köpfen der Branche die Themen, die im kommenden Jahr die Agenda bestimmen werden.
Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 12. April. Was zu tun ist, steht im Kongressblog. Jetzt bewerben!

Die Werbung der Zukunft

Holger Jung, Matthias Schrader, Klaus-Peter Schulz, Horizont und Maurice Lévy

„Kunde versus Community – Wie entscheiden Konsumenten in 2010 – Werbebotschaft oder Meinungsaustausch?“ Diese Frage debattieren u.a. Matthias Schrader, Holger Jung (Jung von Matt) und Klaus-Peter Schulz (BBDO) am Freitag auf der Computer Bild CeBIT CEO Conference.

Zwei klassische Werber werden dann vermutlich ihre Disziplin gegen die kecke Behauptung verteidigen, die Klassik habe ihre Zukunft womöglich bereits hinter sich. Das Match beginnt mit der Einstiegsfrage des Moderators:

Herr Schrader, Sie haben die heftige Debatte in der Fachpresse (u. a. Horizont) über die Rolle der klassischen Werbung in der Zukunft mitbekommen. Findet die Werbung der Zukunft wirklich vorwiegend in den neuen Medien statt? Kann die klassische Werbung wirklich nicht mehr mithalten und wird zum Nischenthema?

Es folgt der Aufschlag von Matthias Schrader:

Die Werbung der Zukunft sind Beziehungen – zwischen Marken und Kunden wie auch zwischen Kunden und Kunden. Deshalb wird die klassische Werbung ihre Führungsrolle an die interaktive Kommunikation verlieren. Es wird sie weiterhin geben, sie wird aber an Bedeutung einbüßen und eher eine unterstützende Rolle haben, so wie heute Plakat und Radio. Die Lead-Agenturen der Zukunft werden Interactive-Agenturen sein, die den Dialog der Kunden und Marken prägen.

Damit ist die Debatte eröffnet. Der gesamte Kongress wird am Freitag live auf der Website von N24 gezeigt.

„Sprecht mich bitte an!“

„Wer von Euch geht eigentlich zur next07 nach Hamburg (am 03.05.)?“, fragt Robert Basic und bekommt gleich ein paar Antworten. Die vollständige Teilnehmerliste (in Echtzeit) steht hier und wächst täglich.

Gestern hat sich übrigens ein Risikokapitalgeber angemeldet. Er schreibt: „VC auf der Suche nach Unternehmern … sprecht mich bitte an!“ Das sollte sich machen lassen.

„Ich frag mal beim Martin Recke nach, ob Blogger Rabatt bekommen“, kündigt Robert an. Die Antwort ist: Es kommt darauf an. Am fehlenden Einkommen jedenfalls soll die Teilnahme nicht scheitern.

Bitte schreibt uns, was Euch brennend interessiert und warum Ihr dabei sein möchtet. Oder noch besser: Dreht ein kurzes Video und publiziert es auf einem der bekannten Videoportale. Wir werden für die überzeugendsten Aspiranten ein begrenztes Kontingent von Blogger-Tickets vorhalten.