Böse, böse:
Die Werbeindustrie hatte schon immer ihre liebe Not mit den
Interaktiven. Vor allem die Technikfraktion paßt einfach nicht in das
hippe Ambiente der auf maximale Oberfläche optimierten Agenturen. So
schwanken die Werbeagenturen seit einem Jahrzehnt immer zwischen Make
und Buy: Weil sie als Kommunikations-Allrounder den Anspruch haben,
sowieso alles besser zu können und besser zu wissen, holen sie mal die
Interaktiven in die Agentur, dann sourcen sie sie aus, dann wird wieder
ein eigenes Biotop für sie aufgebaut und am Schluss werden sie dann in
Richtung Arbeitsagentur entsorgt. In jeder Zwischenstufe holt man sich
(wenn die managementmethode mal wieder ‚Kernkompetenzen‘ heißt) das
Interaktiv-Knowhow von einem, der sich damit auskennt.
Hightext-Urgestein Joachim Graf im iblog aus Anlass der Auflösung der Interactive-Unit von Springer & Jacoby. Vor ein paar Jahren hörte sich das noch ganz anders an:
"Die einen werden von großen Werbeagenturen gekauft, die Übrigen
werden ein Teil der IT-Industrie", erwartet Claudius Lazzeroni,
Professor für Kommunikationsdesign an der Universität Essen. […]
Claudius Lazzeroni
leitet eine der erfolgreichen Agenturen, ist also nicht nur
beobachtender Professor, sondern auch Gründer: Nach ein paar Jahren
als Kreativdirektor bei Pixelpark zog Lazzeroni in einen alten
Pferdestall im Berliner Szeneviertel Prenzlauer Berg. Er grub den
Hof um. Säte Rasen.
Aus dem Stall wurde ImStall, eine Agentur mit heute rund 30
Mitarbeitern, geplanten 5,8 Millionen Mark Umsatz und einem Gewinn
am Ende des Jahres. Lazzeroni zweifelt, ob er den Erfolg
wiederholen kann. Wenn Jacobs etwa eine weltweite Kampagne über
alle Medien hinweg wolle, dann habe ImStall schlechte Chancen, weil
die Firma zu klein sei. "Wir müssen Teil eines Netzwerks werden,
wenn wir unabhängig bleiben wollen."
Was aus ImStall wurde, ist bekannt. Aber das beantwortet natürlich noch immer nicht die Frage, welche Zukunft die Interactive-Units der Werbeagenturen haben.