Seit Wochen unterhält Bionade, „das offizielle Getränk einer besseren Welt“, uns mit Radiospots, in denen Menschen sich bei der Bahn dafür bedanken, nie zu spät zur Arbeit zu kommen. Jetzt lässt Bionade („Gebt Früchten mehr lustige Namen. Wie Litschi.“) den vielen Worten im Netz auch Taten folgen: Stille Taten. Auf der Webseite erfährt man von hilfsbereiten Menschen, die heimlich fremder Leute Autos waschen oder Taxifahrer mit einem ausgiebigen Frühstück verwöhnen.
Reinschauen lohnt sich.
Werbung
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Ist die Klassik tot?
Nicht ganz, immerhin röchelt sie noch kräftig. Publicis-Chef Maurice Lévy hat mit seiner Absturzprophezeihung für traditionelle Print- und TV-Werbung nicht gerade für Begeisterung in seiner Zunft gesorgt.
In der jüngsten Horizont-Ausgabe bezieht Lévy für seine vorwitzigen Bemerkungen Prügel unter anderem von Holger Jung/Jung von Matt („Solche Statements sind kontraproduktiv und ein schleichendes Gift, weil sie die Industrievertreter stark verunsichern“) und Klaus-Peter Schulz/BBDO („Man darf die Klassik nicht totreden, denn das schadet unserem Geschäft und ist faktisch nicht zu untermauern“).
Beide Agenturbosse treffen sich, wie der Zufall so spielt, am kommenden Freitag mit Matthias Schrader auf der Computer Bild CeBIT CEO Conference. Dessen Meinung zur Ausgangsfrage: „Ein klares Ja! Die Lead-Agenturen der Zukunft werden Interactive-Agenturen sein, die Klassik hat nur noch dienende Funktion.“
Heute in einer Woche werden wir sehen, wie sich die drei auf der Bühne so schlagen werden – und was Lars Hinrichs/Xing dazu sagt.
Cat Content
Hatten wir jemals Katzenbilder auf dem Fischmarkt? Ich kann mich nicht erinnern. Dabei sollten doch, wo Fisch ist, auch Katzen nicht weit sein.
Dieser Kater kam gerade per Mail rein. Er wurde uns für den Einsatz in der Werbung angeboten. Leider haben wir dafür keine rechte Verwendung. Kontaktdaten auf Anfrage.
User Generated Content – oder was?!
Dieser Schweizer Schönling hat eine eigenwillige Interpretation von User Generated Content: Man fotografiere sich halbnackt, füge ein Gucci Logo hinzu und buche für 50.000 $ eine zweiseitige Anzeige bei der Schweizer Sonntagszeitung. Die Rechnung schicke man an – Gucci, na klar.
Does this man need help or is he the industry’s answer to guerrilla marketing?
fragt Adrants.
Alle anderen freut’s – die Autoren, die Leser, die Medien.
Bei Gucci hält sich die Freude über eine ganze Menge Publicity for free in Grenzen. Nur Gucci hat natürlich noch nicht erkannt, wie toll es ist, dass „Inhalte anderen Interessierten kostenfrei zur Verfügung gestellt“ werden . Und lässt den Täter jagen.
Agenda 2010
Entscheidertreffen auf der CeBIT. Nein, gemeint ist nicht das WeblogCamp@CeBIT. Zwei Tage vorher veranstaltet Axel Springer die Computer Bild CeBIt CEO Conference. Springer-CEO Mathias Döpfner hält die erste Keynote, eine weitere Karstadt-Quelle-Chef Thomas Middelhoff.
Das dritte Panel scheint mir das spannendste zu sein – und nicht nur, weil Matthias Schrader dabei ist. Mit ihm diskutieren Lars Hinrichs (Xing), Holger Jung (Jung von Matt), Rudolf
Gröger (O2) und Klaus-Peter Schulz (BBDO). Das Thema: „Kunde versus Community: Wie entscheiden Konsumenten in 2010 – Werbebotschaft oder Meinungsaustausch?“
Absturz unvermeidlich
Auch Gerade Werber sind nicht gegen neue Einsichten gefeit. Publicis-Chef Maurice Lévy hat kürzlich für 1,3 Milliarden Dollar die Interactive-Agentur Digitas übernommen. Jetzt schlägt er in einem von der BusinessNews (Ausgabe vom 12 Februar) zweitverwerteten Interview mit der Wirtschaftswoche Töne an, die bei uns die Herzen verschiedener Ressorts höher schlagen lassen.
Mark „Online Conversations“ Pohlmann freut sich über diese Passage:
In der Tat verstehen Verbraucher heute mehr und mehr die Mechanismen des Marketings. Wenn wir künftig nicht als Eindringlinge empfunden werden wollen, ist intelligentere, humorvollere Ansprache gefragt.
Was heißt das für die Zukunft der Mediengesellschaft?
Verbraucher sind nicht mehr bloß passive Empfänger von Produkten oder Nachrichten, die ihnen andere, vermeintlich bestens informierte Experten vorsetzen können. Der Wissensvorsprung der bisherigen Infoelite schrumpft drastisch, Zeitungsleser, Radiohörer, Fernsehzuschauer, Internetnutzer werden selbst zu Meinungsführern.
Was bedeutet das für Industrie und Werbeagenturen?
Wir werden völlig anders auf die Verbraucher zugehen: nicht einbahnstraßenartig zu ihnen sprechen, sondern ein Gespräch eröffnen, wenn unsere Botschaften sie erreichen sollen. Das wird immer schwieriger.
Bei den Absendern des Mediabriefes kommt bei den folgenden Sätzen Begeisterung auf:
Wo also liegt die Zukunft der Werbung?
Ich bin kein Hellseher, aber es ist gut vorstellbar, dass traditionelle Print- und TV-Werbung in einer Welt der digitalen und mobilen Medien keinen Platz mehr hat – vor allem, weil man im Internet die Wirksamkeit viel besser messen kann. 2010 werden zehn Prozent der weltweiten Werbeinvestitionen im Internet generiert. Wir selbst wollen in fünf Jahren 25 Prozent mit Internet- und anderen Spezialagenturen umsetzen.
In der Wiwo steht noch mehr:
Sterben TV-Spots und Printanzeigen aus?
Ach, das Fernsehen ist schon zu oft tot gesagt worden. Kurzfristig wird sich nicht viel verändern, aber in vielleicht 15 bis 20 Jahren sicher. Die Situation der TV-Werbung ähnelt immer mehr diesen Szenen aus Zeichentrickfilmen: Ein Hund läuft mit Karacho auf den Abgrund zu, bis über die Felskante hinaus, rennt und rennt – und merkt erst, wenn er schon in der Luft hängt, dass der Absturz unvermeidlich ist.
Schönes Bild. [via iBusiness]
Schlämmer TV
Horst Schlämmer bloggt vloggt lässt videobloggen hat jetzt ein Blog.
Im Gegensatz zu anderen fiktiven Figuren Dort greift Hape Kerkeling hier nicht auch selbst in die Tasten. Das Den Rest erledigt die Branded-Entertainment-Agentur special key für ihn.
Das Schlämmerblog soll nach meinem Kenntnisstand nächste Woche den Tarnkappenmodus verlassen. Auf der offiziellen Website von Horst Schlämmer ist jedoch schon jetzt ein Störer mit Link zu sehen.
Erste Vermutungen in der Presse und einschlägigen Blogs kreisen um eine Viralmarketingaktion für einen Automobilkonzern, der derzeit in Grevenbroich einen Werbespot drehen lasse.
Mit Hochdruck
Philipp Schindler, Nordeuropachef von Google, streut im Interview mit Horizont (die ersten drei Fragen samt Antworten gibt es für Abonnenten auch im Web) den Medienunternehmen etwas Sand in die Augen:
Medienunternehmen erstellen Inhalte orginär selbst und beschäftigen Redakteure. Google beschäftigt dagegen extrem viele Ingenieure und Programmierer – deshalb sind wir ein Technologieunternehmen und kein Medienhaus. Vielleicht haben wir diesen entscheidenden Unterschied in der Vergangenheit nicht genügend kommuniziert.
Was Google aber überhaupt nicht kommuniziert und Schindler auch nicht, ist die Tatsache, dass Google mit Ingenieuren und Programmierern extrem vieles von dem macht, was Medienhäuser mit Redakteuren und Anzeigenverkäufern tun. Um da noch einmal Robert Young (GigaOM) zu zitieren:
The only way for traditional media companies to leverage the core competencies they have today in order to compete with Google’s Ad/OS, in the long run, is to start breeding ad salespeople who will have the expertise and capability to sell across all media platforms. Sure, that’s feasible… when pigs can fly.
„Mit Hochdruck“ arbeitet Google laut Schindler an zwei Themen:
- Das Geschäftsmodell und die Logik von Adsense sollen auf Video-basierte Inhalte übertragen werden.
- Für den Urheberrechtsschutz soll eine Lösung gefunden werden, die alle Seiten zufriedenstellt.
Wir werden sehen.
Google baut das Betriebssystem der Werbung
Anfang des Jahres haben wir uns auf dem Fischmarkt mit der durch Google betriebenen Automatisierung der Werbung befasst (hier Teil 2 und Teil 3, eine Antwort auf Martin Röll und Teil 4).
Robert Young bringt bei GigaOM jetzt eine ähnliche These zu Papier auf den Schirm:
Simply put, Google is building what is essentially an operating system (”OS”) for advertising… one that will work across all media. […]
Google’s Ad/OS will optimize media buying across the spectrum & manage creative placement.Google’s Ad/OS will be used to manage and buy ads at many of the top new media publishers like MySpace, YouTube, AOL, Ask, and Google itself, of course, along with hundreds of thousands of blogs. It will also be used to buy ads in the NY Times, the Boston Globe, the Washington Post, and all sorts of local papers owned by Tribune, Gannett and McClatchy… not to mention radio stations all over the country that are owned by Clear Channel and other radio conglomerates. And if Google executes on its plan, soon all the major broadcast TV and cable networks will join in to make their ad inventory available via Google’s Ad/OS.
Die spannende Frage ist dann, und auch das hat uns hier vor kurzem beschäftigt, wie dies sich auf das Geschäftsmodell der etablierten Medienhäuser auswirkt. Young ist da wenig zuversichtlich:
The only way for traditional media companies to leverage the core competencies they have today in order to compete with Google’s Ad/OS, in the long run, is to start breeding ad salespeople who will have the expertise and capability to sell across all media platforms. Sure, that’s feasible… when pigs can fly.
Der große Denkfehler
Der Niedergang der traditionellen Medienhäuser begann sich genau in jenem Moment dramatisch zu verschärfen, als sie damit anfingen, von ihrem Produkt in leeren Metaphern zu sprechen. Was, bitte, sind Inhalte, gern auch als Content bezeichnet?
- Wofür steht der Plural? Für Vielfalt? Für Austauschbarkeit?
- Was ist das Gefäß oder die Verpackung? Ein Bitstrom? Ein On-Air-Design? Ein Stapel Papier? Ein Format?
- Wie lassen sich „Inhalte“ umverpacken? Sind sie flüssig oder fest (oder gasförmig)?
- Kann man sie beliebig vermehren oder kopieren?
Die Rede von Inhalten verkennt, dass Medien meistens nichts anderes verkaufen können als sich selbst. Für eine Zeitung mag ich bereit sein, einen Euro fünfzig zu zahlen – ein einzelner Artikel ist wertlos (außer in Spezialfällen wie der gewerblichen Archivnutzung, Genios lässt grüßen). Das frei empfangbare Fernsehen mag Gebühren kosten – für einzelne Sendungen zahlt kein Mensch (außer in Spezialfällen wie der DVD-Nachnutzung).
Medienmarken können Zusatzgeschäfte tragen (siehe die SZ-Editionen und die Mediathek). Aber die Zusatzgeschäfte können kein absterbendes Stammgeschäft kompensieren. Irgendwann stirbt auch die Medienmarke.
Unter dem großen Denkfehler, der sich hinter dem kleinen Wort Inhalte verbirgt, leidet auch der ansonsten kluge Kommentar von Lutz Meier in der heutigen FTD (nicht online – womit ein Teil des Problems schon illustriert wäre). Die entscheidende Passage:
Fast alle Medienhäuser kommen von der Publizistik. Erst später sind sie zu Zwittern geworden: Einerseits ist es ihr Geschäft, dem Publikum unverzichtbare Inhalte zu versprechen und dafür Geld zu verlangen. Zugleich leben sie davon, mit den Inhalten Zielgruppen zu gewinnen, um sie an Werbekunden zu verkaufen. Dieses Zwitterdasein führt angesichts der digitalen Revolution in die Identitätskrise. Medienhäuser müssen sich deshalb überlegen, wofür sie da sind: Sind sie zuerst Aufmerksamkeitsaggregatoren, die eine Marktposition im Werbegeschäft brauchen? Oder ist es ihre Existenzgrundlage, Information und Unterhaltung so zu sammeln, ordnen und aufzubereiten, dass sie für das Publikum einen Wert darstellen?
Im ersten Fall bliebe nichts anderes übrig, als die Konfrontation mit Google und Ebay zu suchen, um diesen in Sachen Aufmerksamkeitsökonomie überlegen zu werden. Das ist teuer und risikoreich. Und es wäre ehrlich zu sagen, dass es dazu führen kann, dass Redaktionen überflüssig werden und die Verlässlichkeit von Information zum relativen Wert.
Für andere – gerade traditionelle Printhäuser – kann der zweite Weg lohnender sein. Auch dann bedeutet die digitale Entwicklung Umdenken. Druckerzeugnisse in ihrer jetzigen Form haben keine große Zukunft. Die Medien müssen also mit ihren Inhalten auf digitale Plattformen. Dort konkurrieren sie direkt mit dem, was freischwebende Medienproduzenten bieten, etwa Blogs, und auch mit kostenlosen Seiten. Der Mehrwert der gebotenen Information muss demnach unmittelbar erkennbar sein. Wie dieser dann zu Geld gemacht wird, ist erst die zweite Aufgabe.
Die letzten beiden Sätze jedenfalls treffen den Nagel auf den Kopf.