Markenführung wird demokratischer

Die Markenführung wird demokratischer, deshalb gewinnt das Fernsehen an Bedeutung. Im Internet lehnt sich eine neue Generation von „68ern“ gegen die Autorität von Marken auf. Sie werden ein Stück weit zerfasert, teilweise auch verunglimpft. Nur wer seinen Marken über die klassischen Medien genügend Authentizität und Relevanz verleiht, wird im Web 2.0 nicht untergehen.

Peter Christmann, Vorstand Sales & Marketing bei ProSiebenSat.1 und Geschäftsführer von SevenOne Media, in der Horizont vom 24. Mai 2007

Konvergenz findet endlich statt

„Neu ist in Zukunft, dass TV-Marken jedem Zuschauer sein persönliches Programm zusammenstellen“, sagt Tobias Trosse im Interview zur next07. „Individualisiertes Fernsehen wird die spannendste und bedeutendste Errungenschaft für den Zuschauer.“
Die Basis des Ganzen: Da Konvergenz endlich stattfindet, kann der Fernseher künftig so bedient werden wie heute der Internet-PC – als PC mit großem Monitor. Und:

User-generated Content oder auch Prosumer Content sind Modewörter und werden in punkto Fernsehnutzung massiv überschätzt. User-generated Content wird nur einen geringen Teil ausmachen, und es ist gefährlich, ihn als Allheilmittel zu sehen. Im Übrigen ist der „user-generated Content“ auf den gängigen Videoplattformen meist lediglich „user-recorded Content“.

Der Geschäftsführer von Televised Revolution spricht im Track Medien 2.0 auf der next07 über seine Mitarbeit an der Zukunft des Fernsehens.

Für die Akten

Der notorische Horst Schlämmer hat jetzt Führerschein. Als Agentur hinter dem Blog hat sich inzwischen Tribal DDB zu erkennen gegeben. Dem Medienhandbuch gilt die Aktion als „erste erfolgreiche Kommunikationsmaßnahme einer großen Marke im Web 2.0“.
Zu Beginn der zweiten Phase verschenkt die Agentur freiwillig den Google Juice und die Platzierung in den Deutschen Blogcharts. Denn nun gilt: Schlämmer hat Golf. Und laut w&v hält VW für möglich, dass Schlämmer künftig auch offline werben wird.

Horst Schlämmer macht es selbst

Erste Fahrstunde für Horst Schlämmer (aus dem Schlämmerblog)
Er ist der Neueinsteiger der Woche in den Deutschen Blogcharts: Von Null auf 87 schaffen es Horst Schlämmer und sein auf dem Fischmarkt schon hinreichend gewürdigtes Schlämmerblog.
Das auch hier zu lesende Gerücht, Hape Kerkeling lasse vloggen, wird mir gegenüber von einem dementiert, der es wissen muss. Die Filme sind demnach zu 100 Prozent sein Werk, und auch an den Texten sei er beteiligt, heißt es. Und seien wir ehrlich: So lesen sie sich auch.
Horst Schlämmer polarisiert. So ist die Kunstfigur angelegt. Die meisten Kritiker, allen voran eine andere, im Fernsehen weniger, dafür im Netz bekannte fiktive Person, verfehlen übrigens den Punkt. Das Schlämmerblog ist eher Branded Entertainment als virales Marketing. Viral war allenfalls der Frühstart in der letzten Woche, denn eigentlich sollte es wohl erst heute starten.
Und seien wir nochmal ehrlich: Man muss Horst Schlämmer nicht mögen, aber schlecht gemacht ist das Blog nun wirklich nicht.

Schlämmer TV

Horst Schlämmer (Foto: horstschlaemmer.tv)

Horst Schlämmer bloggt vloggt lässt videobloggen hat jetzt ein Blog.

Im Gegensatz zu anderen fiktiven Figuren Dort greift Hape Kerkeling hier nicht auch selbst in die Tasten. Das Den Rest erledigt die Branded-Entertainment-Agentur special key für ihn.

Das Schlämmerblog soll nach meinem Kenntnisstand nächste Woche den Tarnkappenmodus verlassen. Auf der offiziellen Website von Horst Schlämmer ist jedoch schon jetzt ein Störer mit Link zu sehen.

Erste Vermutungen in der Presse und einschlägigen Blogs kreisen um eine Viralmarketingaktion für einen Automobilkonzern, der derzeit in Grevenbroich einen Werbespot drehen lasse.

Reparaturbetrieb Apple

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Apple verzichtet auf Mavens, diagnostiziert nebenan der Kollege Themenblogger. Ich bin anderer Meinung.

Zwar hat Apple „Computer“ aus dem Firmennamen gestrichen. Aber trotzdem werden sie weiterhin produziert (auch wenn hartgesottene Mac-Mavens um die „beste Arbeitsumgebung, die man heute haben kann“ fürchten).

Nein, es geht bei Apple nicht um „Lifestyle-Gadgets“. Jedenfalls nicht vorrangig. Apple repariert nacheinander die kaputten Zweige der Unterhaltungs- und Kommunikationsindustrie.

  1. Der iPod hat den von der Musikindustrie sorgfältig verschlungenen Gordischen Knoten des digitalen Musikvertriebs zerschlagen. Zwar sind damit noch lange nicht alle Probleme gelöst, aber immerhin kann man jetzt Musik im Netz kaufen und auf Silberscheiben brennen – vorher fast ein Ding der Unmöglichkeit.
  2. Das iPhone hat ein ähnliches Ziel für die Mobilfunkindustrie. Kein anderes Gerät ist so kaputt wie das Mobiltelefon – und gleichzeitig so sehr mit dem täglichen Leben verflochten.
  3. Apple TV wird für digitales Fernsehen, IPTV und Breitbandinternet, was iTunes für Musik war.

Wer das nicht glauben mag, lese diesen anregenden Artikel in der E-Commerce Times. Wir sprechen uns 2009 wieder.

Apple TV zeigt ganz nebenbei auch die künftige Markenstrategie von Apple: Die Dachmarke wird wieder zur Produktmarke. Freuen wir uns auf Apple Books, Apple Player, Apple Phones und Apple TV.

Begriffliche Leere

„Die Content-Falle. Journalismus in der digitalen Medienwelt“ nennt der Kommunikationswissenschaftler Thomas Schnedler von der Hamburger Universität eine Studie (dpa berichtete), die er für den morgigen heute beginnenden Mainzer Medien-Disput angefertigt hat.

Schnedler kritisiert in seiner Studie den nichts sagenden Begriff «Content», der für Inhalte jedweder Art stehe: «Die einen meinen solide recherchierte Artikel, professionelle Hörfunkbeiträge und aufwendige Fernsehreportagen, andere denken auch an Klingeltöne, Amateurvideos, Download-Spiele, PR-Meldungen oder Musikfiles.» Oft gedankenlos werde ein Begriff gebraucht, der den Unterschied zwischen seriöser Information auf der einen Seite und Kommerz und Amateurprodukt auf der anderen Seite verschleiere.

Enzensberger hat 1988 das Fernsehen als Nullmedium bezeichnet. Dass die TV-Sender Selbstmord aus Angst vor dem Tode begehen würden und ihr eigenes Programm mit einem begrifflichen Vakuum namens „Content“ beschreiben würden, konnte er da noch nicht wissen. Insoweit bin ich mit der Schnedlerschen Analyse einverstanden.

Mit der dichotomischen Unterscheidung zwischen seriöser Information einerseits und Kommerz/Amateurprodukt andererseits liegt er indes schwer daneben. Seriöse Information kann auch Kommerz oder Amateurprodukt sein. Die Unterscheidung hilft keinen Milimeter weiter.

Da fällt mir ein: Wahrscheinlich Womöglich stammt die Unterscheidung gar nicht von Schnedler, sondern vom seriösen dpa-Autor.

Was auf die Ohren

Eins Live Kunst

Liebe Rundfunkgebührenzahler, der WDR erbringt seit einem Monat eine neue Gegenleistung für Euer Geld. Es handelt sich um einen Web-Ableger des Jugendprogramms Eins Live und nennt sich Eins Live Kunst.

Gut, es ist jetzt nicht gerade das aufwendigst produzierte Webradio, sondern ein intelligentes Nischenprogramm. Es kombiniert kulturell wertvolle Wortbeiträge aus allen WDR-Sendern mit unerhörter Musik den

coolsten Tracks, die Popmusik zurzeit zu bieten hat. Von Hendrik Schwarz bis Roisin Murphy, von Camille bis Gustav und Ulrich Schnauss.

Mehr über das Konzept erzählt Eins Live-Programmchef Jochen Rausch bei jetzt.de:

Das gerade die 20 bis 29-Jährigen schwer zu erreichen sind, liegt auch daran, dass es durch Internet und Podcasting andere Wege gibt, an neue Musik zu kommen. Einen Musikinteressierten erreiche ich mit dem Eins Live Hauptprogramm nicht, weil wir ein möglichst breites Publikum erreichen wollen. Da landet man natürlich beim Mainstream. Genau das stellt das Internet auf den Kopf. Man kann sich dort als Hörer viel mehr spezialisieren. Darauf müssen Antworten finden und Eins Live Kunst sehe ich als eine.

Und, liebe Gebührenzahler, da wir gerade beim Thema sind: Hört bitte auf mit dem lächerlichen Gejammer über die Gebührenpflicht für Rechner! Wir haben in diesem Lande ein öffentlich-rechtlich organisiertes TV und Radio, und das muss irgendwie bezahlt werden.

Steuergelder wollt Ihr, wenn Ihr mal ein wenig darüber nachdenkt, nicht dafür ausgeben. Bleibt also nur die Gebührenfinanzierung. Die wiederum trifft sinnvollerweise jeden, der geeignete Empfangsgeräte bereithält. Und dazu gehören inzwischen, der technischen Entwicklung sei Dank, auch Computer.

Ab Januar sind für jene Minderheit, die zwar einen Rechner, aber weder einen angemeldeten Fernseher noch ein Radio ihr Eigen nennt, die Radiogebühren von 5,52 Euro im Monat fällig. Da praktisch alle öffentlich-rechtlichen Radiosender samt diverser Webradios und auch viele Privatsender via Internet zu hören sind und außerdem immer mehr Fernsehen im Netz zu sehen ist, erscheint mir diese Summe nicht zu hoch.

 Trackback - Die Show mit Spreeblick

Man bedenke: Aus den Gebühren wird auch Johnny finanziert, der letzte Woche zum RBB-Sender Fritz zurückgekehrt ist und dort jetzt wöchentlich Trackback produziert.

Und, bitte, die Nicht-Nutzung rechtfertigt nicht die Zahlungsverweigerung. Die ARD und ZDF im Herzen abgeneigte Sofakartoffel mit übermäßigem Privatfernsehkonsum muss trotzdem zahlen, so sind die Regeln. Was Ihr meint, nennt sich nenne ich Bezahlfernsehen und -radio – das gibt es auch, hat aber mit öffentlich-rechtlichem TV und Radio nichts zu tun.

in TV | 410 Wörter