Frieren in der Leichenhalle

Es ist ein bestechendes Bild für den Zustand der europäischen Internetwirtschaft im Dezember 2008. Da treffen sich 1.766 Teilnehmer (brutto, abzgl. No-Shows) zur fünften Ausgabe der LeWeb in Paris, um in einer ehemaligen Leichenhalle bei gefühlt frostigen Temperaturen zu frieren. Kann man die Rezession, die aus der Finanzwirtschaft kam und nun die Internetbranche errreicht hat, treffender illustrieren?
Über das Jahr 2008, das nun endlich zuende geht, hat sich die Stimmung langsam, aber kontinuierlich abgekühlt. Der Börsencrash am Montag des DLD im Januar wurde noch kaum wahrgenommen. Und das, obwohl schon vor einem Jahr die Rezession abzusehen war.
Nach drei Krisenmonaten sind die Erwartungen nun auf ein neues Tief gesunken. Und trotzdem: „Viele der Unternehmen haben die Schwere der Krise noch nicht begriffen, vor allem in Europa“, meint Marc Samwer, European Founders Fund. Noch immer kürzen Start-ups ihre Kosten nicht stark genug, um ihr Überleben zu sichern.
So sind die Erwartungen für 2009 mehr als gedämpft. Lars Hinrichs wird im Januar seinen Chefposten bei Xing abgeben, plant eine größere Reise und erwartet den Tiefpunkt der aktuellen Krise für den Sommer. Dann will er wieder da sein und sein nächstes Unternehmen gründen.
Yossi Vardi at LeWeb'08
Yossi Vardi auf der LeWeb’08 (Foto: Chris Heuer)
Yossi Vardi scherzte auf der Bühne, passend zur Location, über einen Internetdienst für Tote (No churn! Lifetime subscriptions….) und ketzte dann fröhlich gegen das neue, alte Dogma der Monetarisierung:

The difference in the price of real estate in NYC and South-Dakota is the amount of traffic passing by. After you’ve grown an audience you can monetize it. You can’t monetize your service from day one.

Wie das funktioniert, zeigt Autor Paolo Coelho. Er hat den Verkauf der russischen Ausgabe von „Der Alchimist“ vervielfacht, indem er die digitale Version ins Netz gestellt hat.

You’ll have to share in order to get some revenue. At the end of the day, it doesn’t hurt your sales. People download the book but don’t read it They wait for the hard copy anyway. Don’t be fooled by the publishers who say that piracy costs authors money.

Wir nennen dieses Phänomen Share Economy. Lassen Sie uns darüber reden – auf der next conference 2009.
Update: Read more about Paolo Coelho and Share Economy on the next conference blog.

next conference im neuen Look & Feel

SCR_Banner_250x250.jpgDie vierte Ausgabe der next conference nimmt Formen an. Heute haben wir das minimalistische Blog durch eine ausgewachsene Website ersetzt.
Damit erblickt das aufgeräumte und aufgefrischte Design, an dem wir in den letzten Wochen gearbeitet haben, erstmals das Licht der Öffentlichkeit. In den nächsten Wochen kommt noch sukzessive das eine oder andere hinzu, aber die Eckpfeiler stehen bereits.
Charakteristisch für die next conference ist der nach oben zeigende blaue Pfeil. Ja, wir bleiben vorsichtig optimistisch. Außerdem ist mein Bildschirm drehbar. Notfalls kippe ich ihn um 90 Grad nach rechts, dann stimmt die Richtung wieder.
An dieser Stelle möchte ich nicht versäumen, auf den Stichtag 30. November hinzuweisen. Am kommenden Sonntag ist die letzte Gelegenheit, ein Ticket für die next09 zum Freundschaftspreis von 390 Euro (zzgl. MwSt.) zu erwerben. Solange der Vorrat reicht – heute gibt es noch 80 Stück davon.

Share Economy

Jedes Mal, wenn ich in meinem Google Reader auf den Share-Button klicke, dann teile ich ein kleines Stück digitaler Information. Der gerade gelesene Artikel landet auf einer separaten Seite bei Google, in der rechten Spalte dieses Blogs und per Twitterfeed in meinem Twitter.
Digitales Teilen ist ein Grundmuster des Internets. Cory Doctorow sieht darin gar seinen grundlegenden Daseinszweck:

The Internet is a system for efficiently making copies between computers. Whereas a conversation in your kitchen involves mere perturbations of air by noise, the same conversation on the net involves making thousands of copies. Every time you press a key, the keypress is copied several times on your computer, then copied into your modem, then copied onto a series of routers, thence (often) to a server, which may make hundreds of copies both ephemeral and long-term, and then to the other party(ies) to the conversation, where dozens more copies might be made.

Einer Studie [via] von Forrester Research zufolge ist E-Mail nach wie vor der meistverwendete Kanal zum Teilen und Weitergeben – 69 Prozent der erwachsenen Internetnutzer nennen E-Mail als ihre häufigste Informationsquelle. Direkte, persönliche Kommunikationskanäle genießen größeres Vertrauen als öffentlich zugängliche Nachrichtenkanäle oder RSS-Feeds. 92 Prozent vertrauen einer E-Mail von Bekannten, 70 Prozent vertrauen Nachrichten von Bekannten aus sozialen Netzwerken.
Doch Teilen im Internet ist mehr als der spannende Link per Mail. Wir teilen unser Wissen und Haben, unsere Leidenschaft und Begeisterung öffentlich und kostenlos: auf Wikipedia und YouTube, in Peer-to-Peer-Netzen, Blogs und Foren. Täglich beweisen Millionen, dass Menschen gemeinsam großartige Werte schaffen können. Wenn sie nur motiviert genug sind.
Im Internet gehört heute niemandem mehr etwas allein. Die Vision intelligenter Beteiligungsmodelle ist längst Wirklichkeit geworden. Das Internet hat eine eigenständige Ökonomie des Teilens hervorgebracht. Denn Teilen ist ökonomische Intelligenz: Je besser wir andere an unserem Erfolg beteiligen, umso stärker profitieren wir selbst. Der Wirtschaftstheoretiker Martin Weitzman hat dafür den Begriff Share Economy geprägt.
Was motiviert uns zum Teilen? Wie wird daraus ein unternehmerischer Wert? Wie können Marken daran teilnehmen und davon profitieren? Unternehmen fällt es schwer, sich von der vertrauten Idee zentraler Distribution zu lösen. „Copy kills Music“ ist der gescheiterte Abwehrversuch gegen den freien Willen der eigenen Kunden. Dabei ist längst klar: Wer sich in einer vernetzten Welt abschottet, verliert seine Zukunftsfähigkeit.
Teilen heißt aber auch, dass sich das Wesen des Besitzes verändert. In der Wissengesellschaft verschiebt sich die Bedeutung hin zu immateriellen Werten. Freunde, Zugang zu Informationen und die Möglichkeit zum Mitmachen sind mehr wert als Statussymbole.

Share Economy ist das Motto der next09

Auf der next09 werden Sie sie kennenlernen: Strategien, Unternehmen und Produkte, mit denen Teilen zum Gewinn wird.
Einige der Schwerpunktthemen:

  1. Creating a Relationship Brand
  2. The New Marketing Power: Free!
  3. Freemium or The New Business Models of Free
  4. User-Driven Companies: The Consumer as Co-Designer
  5. Co-Created Products and Services
  6. How Corporations leverage the Wisdom of Crowds
  7. Open Source and Open Space as Corporate Culture
  8. Network Effects: Participation as Business Model
  9. Creative Commons or The Future of Intellectual Property
  10. Cloud Computing: The Network is the Computer (again)

Teilen Sie Ihre Ideen für Sprecher und Themen, bewerben Sie sich als Sprecher oder Start-up und beteiligen Sie sich am Call for Participation. Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge!

Und das Beste ist – wir teilen mit Ihnen die Kosten*. Sichern Sie sich noch bis zum 30. November Ihr Ticket zum Freundschaftspreis von 390 Euro (zzgl. MwSt.)!

* Die Produktion der next09 kostet pro Teilnehmer mehr als 390 Euro.

Eine Dosis Euphorie bitte

Die großen europäischen Webkonferenzen sind gute Gradmesser für die jeweilige Stimmung. Über das Jahr 2008 ist das Stimmungsbarometer kontinuierlich gesunken. Bei der SIME gestern und heute in Stockholm hat es einen neuen Tiefpunkt erreicht.
Zwar ist die Stimmung noch nicht so richtig schlecht, aber von der Euphorie des Jahres 2006, die sich mit dem Schlagwort Web 2.0 verband, ist auch nicht mehr viel zu spüren. Archangel Investor Morten Lund diagnostizierte sogar allgemeine Ahnungslosigkeit („We don’t have a f*cking clue“), was aber nicht unwidersprochen blieb: Joi Ito bestand auf dem Gegenteil: „I think we do have a clue.“
Ihre Dosis Euphorie bezieht die Szene in diesem November aus dem Wahlsieg von Barack Obama. Seine erfolgreiche Kampagne interpretieren viele als Sieg des Internet als Medium der politischen Kommunikation und der massenhaften Wählermobilisierung, ja sogar des Web 2.0. Kaum ein Vortrag auf der SIME kam ohne die Referenz Obama aus. Die Standards für erfolgreiches Onlinemarketing sind offensichtlich gerade deutlich angehoben worden. Nicht schlecht in einem Herbst der Krise.
Der Innovationsmotor Internet läuft weiter, auch in Krisenzeiten. Wer 2001ff. schon dabei war (und auf der schon 1996 gegründeten SIME sind viele schon lange dabei), weiß das aus eigener Erfahrung. Gerade wenn das Geld knapper wird, gibt es einen heilsamen Zwang zur Innovation. Die schlechten Jahre am Anfang dieses Jahrtausends haben die Türen auch großer Unternehmen für Open Source geöffnet. Jetzt könnten Cloud Computing und Shared Infrastructure an der Reihe sein.
Doch dies sind Themen für 2009.

LeWeb’08 + Paris = Love!

registerleweb20disc.jpgDer Dezember steht unter dem Motto LOVE! Mit diesem Thema geht am 9. und 10. Dezember die LeWeb’08 in Paris im Le 104 an den Start.
Der Fokus der führenden Webkonferenz in Frankreich liegt auf dem Zusammentreffen namhafter Persönlichkeiten, die die Internetbranche aktiv mitgestalten: Start-ups, Marken, Blogger, Investoren, Unternehmer und Medien. Für mehr Informationen geht es hier zum Programm.
Fischmarktleser erhalten einen Discount auf Tickets für die LeWeb’08. Der Rabattcode next09 erlässt für jedes Ticket 20 Prozent des Preises.

Was it ever alive?

„Wir sind in der Bereinigungsphase des Web 2.0“, diagnostiziert Tim O’Reilly im FAZ-Interview. Seine Keynote am Dienstag klang schon wie ein Abgesang: Web 2.0 is over. Die Frage ist nur: Was it ever alive?
Die deutsche Start-up-Szene, das ist hinreichend bekannt, besteht überwiegend aus Copycats, wird aber besser. Nur – warum sind deutsche Start-ups uncool? Das liegt an den Geldgebern, meint VentureBeat:

Mehrdad Piroozram is another angel making no bones about the strategy. He says he’s invested in just about every widget company in Germany. The theory is, if you bet a little money on every company in a sector, you’re bound to do well because at least one of them will be a hit. Isn’t he worried about Slide, RockYou or some other large, more advanced U.S. widget company entering the German market? No, there’s always a market for local players, because they’re able to snag local partnership deals for distribution. And as Rainer Maerkle, a partner at Holtzbrinck Ventures, puts it, the copycats reflect the inability of U.S. companies to adapt to local markets.

Als Pointe dazu nimmt StudiVZ-CEO Marcus Riecke seinen Hut, offenbar im Streit. Zehn Millionen Euro Umsatz (2008) sind nicht besonders viel.
Die Web 2.0 Expo kämpft mit der Unsicherheit auf den Märkten. Wie schon beim DLD im Januar (!) testen die Börsen auch heute neue Tiefstände (DAX 4.462,40 um 11.29 Uhr). Mahalo entlässt Mitarbeiter. Mahalo-CEO Jason Calacanis sieht kein Anzeichen für einen Boden:

There is no sign of a bottom right now–despite what the clowns on CNBC might say. The bottom is when Google and Apple miss a quarter and/or lay people off. The bottom is when unemployment numbers go down and consumer confidence comes up (not the other way around). The bottom is when the massive wave of variable, ARM mortgages come up in 2009.

Themen und Sprecher für die next09 gesucht!

Der Call for Participation für die next conference 2009 ist draußen. SinnerSchrader sucht Themen und Sprecher. Sagen Sie uns, warum Sie auf der next09 am 5. und 6. Mai in Hamburg sprechen sollten!

Sie haben eine innovative Geschäftsidee?

Der Elevator Pitch auf der next08 war ein großer Erfolg. Bewerben Sie sich um einen Platz und präsentieren Sie Ihre Idee in 180 Sekunden! Junge Unternehmer haben außerdem die Möglichkeit, im Start-up-Track zu sprechen. Ihr Vorschlag und Ihre Bewerbung sind willkommen.

Die Bedingungen

Es gibt keine! Außer dass wir Vorschläge und Bewerbungen ausschließlich auf Englisch über die Einreichungsformulare annnehmen. Bis 30. November kann jeder Vorschläge einreichen, danach nehmen wir Vorschläge nur von registrierten Teilnehmern entgegen. Der letzte Abgabetermin ist der 16. Januar 2009.
Learn how to propose your ideas.
Übrigens: Nur noch 100 Tickets sind für den einmaligen Freundschaftspreis von 390 € (zzgl. MwSt.) zu haben, also jetzt registrieren und weitersagen!

Web 2.0 Expo Europe bald in Berlin

webexberlin2008_attending_728x90.gifIn zwei Wochen trifft sich die europäische Webszene in Berlin zur Web 2.0 Expo. Die internationale Konferenz mit zahlreichen Tracks findet vom 21. bis 23. Oktober zum zweiten Mal statt, diesmal im Berliner Congress Center. Die Veranstalter O’Reilly und TechWeb setzen dieses Jahr den Fokus darauf, die europäischen Web-Enthusiasten unter dem Thema How will you use the power of Web 2.0? zusammenzubringen.
Und hier das obligatorische Extra für Fischmarkt-Leser: Der Rabattcode webeu08gr81 bietet einen 35-prozentigen Discount auf den Ticketpreis. Die Web 2.0 Expo bietet verschiedene Ticketoptionen an.

PICNIC 08 im Schnelldurchlauf

„Three inspiring days of ideas, fun and sensory stimulation in media, technology, entertainment, art and science“ versprach das Konferenzprogramm. Und die PICNIC hielt ihr Versprechen. War die Keynote von Charles Leadbeater am ersten Tag noch eher eine Enttäuschung, weil sie dem Auditorium wenig Neues brachte, so gehörte das Panel „The Emerging Real-Time Social Web“ zu den spannendsten Diskussionsrunden.

Linda Stone, the queen of all social networks, wants to challenge the idea of „friending“. This, she argues, is the most absurd behavior we engage in online. Confronting her panelists – Jyri Engeström, Matt Jones, Addy Feuerstein and Philip Rosedale – one by one, she asks if they’re her friend. The point – our real social interactions are far more granular and nuanced than online tools currently allow them to be. This is the problem most of her panelists are striving to solve, either by building new, better tools, or by challenging how we think about social media. [aufgezeichnet von Ethan Zuckerman]

Der Höhepunkt des ersten Tages war dann die Session des israelischen Dirigenten Itay Talgam.
Der zweite Tag begann mit der Keynote von Clay Shirky, gefolgt von einer weiteren Überraschung – dem furiosen Vortrag der bei Intel beschäftigten Anthropologin Genevieve Bell über Secrets and Lies.

Lies are everywhere, in everything, and they’re incredibly complicated. Lies are central to movies and advertising, and there’s a complicated construction of truth and lies in all the world’s religions. Catholicism distinguishes between sins of ommission and commission in lying. In Judaism, there’s the idea of a permissable lie – a lie that might end a war or save a life. In Islam, the Prophet allows that telling your wife that you love her to preserve your happy marriage is a permissable one. „For two thousand years, women have been asking, ‚Do I look good in these jeans?‘ and men have been lying in response, with religious permission.“

Weitere Erkenntnisse des zweiten Konferenztages: Das bereits 2007 in Cannes ausgezeichnete Nike+ ist inzwischen zu beeindruckender Größe gewachsen. Und Rafi Haladijan, der Erfinder des Internethasen Nabaztag, hat einen ganz einfachen Plan:

Step 1 – Connect rabbits to the internet
Step 2 – Connect everything else

Am letzten Tag schien die Spannungskurve der PICNIC etwas abzuflachen. Der Vortrag von Gisele Hiscock, Director Business Development EMEA von Google, brachte wenig neue Erkenntnisse. Und als Werner Vogels, CTO von Amazon, zum Abschluss der Konferenz über unternehmerische Kreativität referierte, musste ich bedauerlicherweise schon zum Flughafen.

Clay Shirky und die 4 1/2 Daueraufgaben für Social Media

Clay Shirky hat nach seiner gestrigen Konversation mit Charles Leadbeater seine Keynote weggeworfen und aus den Trümmern eine neue gebaut. Oder jedenfalls sagt er das. Nach der Rede von Genevieve Bell über Secrets and Lies müssen da Zweifel erlaubt sein.

Doch einem Weltklasseredner wie Shirky traue ich durchaus zu, dass er sich fix auf sein Auditorium einstellen kann. Auf der PICNIC präsentierte er heute viereinhalb Herausforderungen, die jeder kennen sollte, der sich mit Social Media befasst.

(1) Designprobleme sind soziale Probleme

In grauer Vorzeit des Web 1.0 mag es so gewesen sein, dass (zumindest gedanklich) die Community zuerst da war und dann begann, mit Hilfe von Software etwas zu teilen: Gedanken, Fotos, Videos – was auch immer. Heute ist es umgekehrt. Im Zeitalter des Web 2.0 kann jede URL ihre eigene Community werden.

Shirky illustriert diese These am Beispiel von flickr. Dort kann es passieren, dass aus der Diskussion um ein einziges Bild ein ganzes Tutorium über ein fotografisches Spezialgebiet wächst. Dort bilden Freunde der Schwarzweißfotografie eine Gruppe, die sich strenge Regeln gegeben hat: Jeder, der dort ein Foto publiziert, muss sofort die beiden Fotos davor kommentieren.

Nicht flickr ist die Community, sondern die Freunde der Schwarzweißfotografie auf Twitter. Und sie geben sich ihre Regeln selbst, kontrollieren die Einhaltung und entwickeln die Regeln weiter. Softwaredesign kann da wenig beitragen – außer nicht im Wege zu stehen. Was gar nicht so wenig ist.

(2) Weniger Features sind mehr

Social Software ist die einzige Softwarekategorie, in der spätere Produkte weniger Features haben als frühere. Mit einem simplen Tool wie Blogger wird heute mehr im Web publiziert als mit den hochgezüchteten Contentmanagementsystemen dieser Welt. Twitter hatte beim Start zwei Features, heute sind es sechs.

Bronze Beta ist eine von Fans der TV-Serie Buffy selbst getragene Website, die praktisch gar keine Features hat – aber dafür einen umfangreichen Satz an Regeln.

(3) Es gibt nicht den Nutzer

In Social Media gibt es eine Normalverteilung mit wenigen, sehr aktiven und vielen, wenig aktiven Nutzern. Die Grafik sieht aus wie der berühmte Long Tail. Und die beiden Nutzergruppen unterscheiden sich erheblich.

In der Wikipedia sind mittlerweile Schutzmechanismen eingebaut, mit denen sich die wenigen Aktiven gegen häufig wiederkehrenden Missbrauch der vielen Eintagsfliegen wehren können. Mehr und mehr Artikel können nicht mehr von jedem dahergelaufenen Vandalen bearbeitet werden. Es ist die gute, alte 80/20-Regel, die hier wieder einmal gilt.

Wie überhaupt in die Wikipedia mit der Realität, die sie abbilden soll, auch die Konflikte dieser Realität einwandern: Der Artikel über Pluto hat einen enormen Überarbeitungsschub erlebt, nachdem Pluto aus der Liste der Planeten gestrichen wurde. Und bei Galileo Galilei wurde ein bald 500-jähriger flame war ausgetragen, der mit der katholischen Kirche zu tun hat.

(3.5) Auch Designprobleme werden global

Der Künstler Aaron Koblin hat den Mechanical Turk von Amazon dafür verwendet, eine 100-Dollar-Note in zehntausend Elementen für jeweils einen Cent kopieren zu lassen. Das Internet macht es möglich, auf globaler Ebene zusammenzuarbeiten. Damit gibt es auch Designprobleme von nie gekannter Größe.

You could say that Aaron had 10,000 people working for him as in a way he did – he only payed them a penny – but they were working to collaborate with him and each other. If this were a real company then that would put him high up the list of employers with a large staff. The largest groups in the world that are working collaboratively are working like this.
What we are seeing now is spontaneous conditions of labour springing up. The Division of labour is spontaneous and there is a spontaneous division of motivation. No-one who runs a large company with a management structure cannot understand this. [aufgezeichnet von Lucy Hooberman]

(4) Veröffentlichen, um zu handeln

Die britische Bank HSBC holte sich eine blutige Nase, als sie Studenten erst zinsfreie Überziehungskredite anbot und dieses Angebot einige Zeit später zurückzog. Die Studenten fühlten sich betrogen und nutzten Facebook, um Druck zu machen. Die Bank musste einlenken.

Beispiele dieser Art gibt es zuhauf, aber immer dreht es sich darum, irgendetwas zu stoppen. Wie sieht es mit gemeinschaftlichem, kreativen Handeln aus, wenn es nicht darum geht, irgendetwas zu verhindern? Handeln ist der schwierigste Teil der globalen Zusammenarbeit. Das leuchtet jedem ein, der Getting Things Done gelesen oder schon einmal einen G8-Gipfel genauer angesehen hat.