Irgendwas mit Daten: Post-Privacy, Datenliebe und Kontrollverlust

Als wir im vergangenen Herbst, übrigens auf Anregung von Nico Lumma, über Daten (engl. Data) als Leitthema der NEXT11 nachdachten, da hatten wir nicht viel mehr als eine vage Ahnung. Der Sommer des Missvergnügens an Google Street View war gerade vorüber, das neue Buch von Jeff Jarvis mit dem schönen Titel Public Parts lag noch in weiter Ferne.
Wir sahen schon, dass das Thema Daten starke Emotionen zu wecken imstande ist. Doch „Daten“ allein wäre als Konferenzmotto vielleicht etwas schlicht gewesen, also spielten wir jede Menge Ergänzungen durch und verfielen am Ende auf „Data Love„, zu deutsch so etwas wie „Datenliebe“. Unser Ziel war, die negative Energie, wie sie an Debatten über die angebliche Datensammelwut von Facebook oder Google abzulesen war, ins positive zu wenden. Oder wenigstens einen positiven Aspekt hinzuzufügen.
Wir generieren heute alle zwei Tage soviele Daten wie die gesamte Zivilisation seit ihrem Entstehen bis zum Jahr 2003 (Eric Schmidt). In dieser Situation versagen alle überlieferten Mechanismen des Datenschutzes wie der informationellen Selbstbestimmung. Im Zeitalter einer nie zuvor gekannten Explosion der allgemeinen Datenproduktion muss das Verhältnis von Privatsphäre und Öffentlichkeit neu definiert werden.
In der Zwischenzeit gewinnt das Thema erfreulicherweise an Schwung. Von der datenschutzkritischen Spackeria war hier bereits die Rede. Michael Seemann aka mspro hat dieses Phänomen nun auf seinem dem Kontrollverlust gewidmeten Blog CTRL-Verlust in den größeren Zusammenhang eingeordnet:

Die Spackeria ist eher noch ein datenschutzkritisches Blog, als ein theorielastiges Post-Privacy-Blog. Und als solches, wie ich finde, ein noch viel wertvollerer Beitrag zur Debatte. In letzter Zeit – vor allem bei und seit der Debatte um Google Street View – rückt immer mehr in den Blickpunkt, dass der Datenschutz im Angesicht des Kontrollverlust nicht nur versagt, sondern dass er in diesem Versagen teilweise reaktionäre, die Freiheit des Netzes gefährdende Züge annehmen kann und teilweise schon annimmt.

Der niedersächsische Datenschützer will Werbung auf Webseiten aus Datenschutzgründen verunmöglichen, aus der EU droht eine Richtline die das verwenden von Cookies so gut wie unbrauchbar machen könnte, das “digitale Radiergummi” und der Wunsch nach Vergessen des Internets bedroht die Informationsfreiheit und die Hysterie um Apple, Google und Facebook die “unsere Daten klauen wollen“, greift irrational in dem Medien um sich. Wie ich bereits feststellte, droht der Datenschutz sich gerade vollends lächerlich zu machen und bedroht ohne Frage so langsam das Internet und vor allem sich selbst. Dabei brauchen wir ihn immer noch dringend bei Fragen zur Vorratsdatenspeicherung und dem Schutz des Individuums vor staatlicher Repression.

Am Wegesrand tauchte in den letzten Tagen auch das Projekt Datalove auf, dessen Prinzipien wir bereits auf dem Konferenzblog hatten. Noch einmal Michael Seemann:

Es ist eine Sammlung von Werten die eine neue Haltung gegenüber Daten ausdrückt: “Data is essential“, “Data must flow“, “Data must be used“, “Data is neither good nor bad“, “There is no illegal data“, “Data is free“, “Data can not be owned“, “No man, machine or system shall interrupt the flow of data“, “Locking data is a crime against datanity“. Ich lese es als ein Versuch eine Gegenideologie zum Datenschutz zu entwerfen: Datenliebe statt puritanischer Datensparsamkeit. (Ich hatte es ja mal mit dem Begriff “Datengroßzügigkeit” versucht). Jedenfalls eine schöne Idee, die sich gut mit der Ethik des radikalen Rechts des Anderen verträgt, so als Haltung. Datenliebe und Datengroßzügigkeit als neue, propagierte Werte, passen besser zu der kommenden digitalen Gesellschaft, vor allem wenn sie sich freiheitlich begreifen will.

Stephan Urbach von Datalove hat dieser Interpretation indes noch etwas hinzuzufügen.

Neues aus dem Zentralkomitee

Liebe Genossinnen und Genossen,
der sozialistische Gruß des Politibüros geht heute an die Werktätigen des Web-Kombinats Lokomotive Pixelpark. Den Jungpionieren gelang es, dem kapitalistischen Ausland eine Auszeichnung abzutrotzen.
BRD Pixelpark


 
 
 
 
 
 
 
 
Quelle: Pixelpark.de
Freundschaft!

Signifikanz von A/B-Tests – Dem Zufall auf der Spur

Wie schnell kann ich Ergebnisse im A/B- oder multivariaten Test erhalten und kann ich mich auf diese Ergebnisse verlassen? Diese grundlegenden Fragen stellen sich die meisten Seitenbetreiber, wenn sie mit der kontinuierlichen Optimierung ihrer Website beginnen.
Früher war die Verbesserung einer Website in weiten Teilen eine Frage des Geschmacks. Heute bestimmen Statistik und Mathematik, an welchen Stellschrauben einer Website gedreht wird.
A/B-Testing ist bereits etablierter Standard zur kontinuierlichen Optimierung von Websites. Dabei werden der ursprünglichen Version des zu testenden Elements eine oder mehrere Varianten gegenüber gestellt. Besucher sehen während des Testzeitraums entweder die Ursprungsversion oder eine Variante. Anhand ihres Verhaltens wird dann die bessere Version ausgewählt. Der multivariate Test betrachtet die gleichzeitige Veränderung mehrerer Elemente auf einer Seite.
Ursprungsversion und vier Varianten eines A/B-Tests für TUIfly.com
Diese Methode wird auf dem gesamten Weg des Konsumenten (Customer Journey) auf einer Website verwendet: von der Akquisition der Besucher über Landingpages bis hin zur detaillierten Optimierung. Insbesondere in der Akquisitionsstrecke sind dabei schnelle Ergebnisse gefragt, um mit hoher Sicherheit die beste Version auszuwählen.
Um das zu schaffen, wird vorab häufig kein fixer Test-Zeitraum bestimmt. Vielmehr wird durch kontinuierliches Monitoring der aktuellen Testergebnisse der Zeitpunkt abgewartet, an dem eine Variante vermeintlich besser funktioniert als die andere.
Zu Beginn des Tests ist ein Ziel festgelegt worden, z.B. der Kauf eines Produkts, die Anmeldung zum Newsletter oder einfach das Erreichen einer bestimmten Seite. Sind die Daten erst einmal gesammelt, ist die beste Version schnell bestimmt.
Viel wichtiger, als die bessere Version zu finden, ist allerdings, sicherzustellen, dass das Ergebnis statistisch signifikant ist, also nicht durch einen Zufall entstanden ist. Schlimmstenfalls könnte sonst ein Sieger gekürt werden, wo es keinen gibt, oder gar die falsche Seiten-Variante zum Sieger erklärt worden.
Statistische Signifikanz ist keine neue Methode, die spezifisch für den Bereich des A/B-Testings entwickelt wurde, sondern ist ein erprobtes Mittel, um den Zufall auszuschließen.
Für die Berechnung der Signifikanz gibt es verschiedene, etablierte Methoden, wie z.B. den T-Test Chi^2-Test. Diese Methoden prüfen anhand der Zahl der Testteilnehmer, der bisherigen und der im Test erzielten Zielerreichung (Conversion Rate) und der getesteten Varianten, ob die Verteilung der Ergebnisse zufällig ist oder nicht. Im Netz gibt es verschiedene Signifikanz- und Confidenz-Rechner, mit deren Hilfe man eigene Tests bewerten kann.
Noch einfacher werden Tests und die Berechnung der Signifikanz heute mit dem Einsatz entsprechender Tools, wie z.B. Google Website Optimizer oder Adobe Test & Target. Diese Tools helfen bei der Durchführung von A/B- und multivariaten Tests und werten diese statistisch aus.
In der kontinuierlichen Optimierung sollten sich Seitenbetreiber nicht zu schnellen Entscheidungen aufgrund vermeintlich klarer Testergebnisse verführen lassen. Vielmehr muss jedes Testergebnis auf statistisch signifikanten Daten aufbauen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Entscheidungen auf relevanten Ergebnissen basieren und die Website mit jeder Optimierung besser wird.

Wer braucht schon digitale Privatsphäre?

Wir steuern auf einen neuen Generationenkonflikt zu, und es ist eine neue Variante des Konflikts zwischen digitalen Eingeborenen und Einwanderern. Diesmal geht es um die Privatsphäre und ob es sie im digitalen Zeitalter überhaupt noch geben kann.
Nein, meint eine neue Gruppe, die sich datenschutzkritische Spackeria nennt. In einem Interview mit dem Spiegel, der die Spackeria grob als „Internet-Exhibitionisten“ tituliert, sagt die 25-jährige Julia Schramm Sätze wie diesen:

Meine Daten können mir nicht mehr gehören. Wir haben längst die Kontrolle darüber verloren. Ob wir es nun gut finden oder nicht: Privatsphäre ist sowas von Eighties. (lacht)

Mich deuchte ja schon länger, spätestens eigentlich seit dem Auftritt von Peter Schaar auf der re:publica, dass Datenschutz sowas von Eighties ist. Privatsphäre jedoch hielt ich bislang für durchaus wünschenswert. Aber das mag am Alter liegen, schließlich bin ich digitaler Immigrant, dessen Aufenthaltserlaubnis für das Internet seit 1994 immer nur jährlich verlängert wird.
Julia Schramm gehört der gleichen Generation an wie Mark Zuckerberg. Und so wie Zuckerberg mit Facebook die praktischen Grundlagen des sozialen Miteinanders im digitalen Raum neu definiert, so definiert Schramm die theoretischen Grundlagen um.
Vieles spricht tatsächlich für den radikalen Abschied von der Privatsphäre. Allerdings, so merkt Johan Staël von Holstein nicht ganz zu Unrecht an, ist das auch eine Frage des Alters. Wer erst einmal Kinder hat und es zu einem gewissen Wohlstand gebracht hat, der legt womöglich mehr Wert darauf, seine sensiblen Daten zu schützen, als ein College-Student.
Johan Staël von Holstein arbeitet an einem Facebook-Herausforderer namens MyCube. Er will damit den Nutzern die Kontrolle über ihre Daten zurückgeben, also das schaffen, was Julia Schramm für unmöglich hält. Auf der NEXT11 im Mai wird er sprechen. Tickets gibt es hier.

Creative Technology: Die digitale Welt als Abenteuerspielplatz

Technologie ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Digitalisierung nimmt einen immer größeren Einfluss auf unsere Lebensbereiche und eröffnet viel Spielraum für Innovationen. Die Metro Group arbeitet zum Beispiel seit Jahren an einem Future Store-Konzept, das aufzeigt, wie Technologien ein neues Einkaufserlebnis schaffen können.
Wir sehen, dass innovative Technologien den Markt – und somit auch die Beziehung zum Konsumenten – radikal verändern. Marken werden vor neue Herausforderungen gestellt und zum Umdenken gezwungen. Die Möglichkeit, Technologien mit eigenen Produkten zu kombinieren, ist eine riesige Chance für Unternehmen.
Beeindruckende Beispiele liefern Nike und Fiat. Weg vom traditionellen Kampagnendenken, nutzen sie moderne Technologien und haben Plattformen für ihre Kunden aufgebaut. Durch einen im Schuh integrierten Sensor macht Nike+ es Sportbegeisterten möglich, die gelaufenen Kilometer und weitere Daten in einem eigenen Profil festzuhalten und anschließend auszuwerten. Fiat hat für den Automobil-Markt einen ähnlichen Weg gewählt. Mit eco:Drive werden sämtliche Informationen über die Autofahrt gesammelt und analysiert. Ziel ist es, den effizientesten Fahrstil zu ermitteln.
Diese beiden Fälle verdeutlichen, dass Unternehmen, die mit Technologien experimentieren und sie gekonnt mit ihren Produkten verbinden, einen echten Mehrwert für ihre Kunden generieren können.
Aus diesem Grund befassen wir uns im Innovation Lab von SinnerSchrader intensiv mit dem Thema Creative Technology. Für unsere Kunden suchen wir Wege, neue Technologien auf kreative Weise mit ihren Produkten zu verbinden.

Im Rahmen unseres regelmäßigen Kreationsmeetings habe ich einen kleinen Einblick in dieses neue Feld gegeben. Meine Ambition war es, unsere Kreativen zu inspirieren und für innovative Projekte zu motivieren. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Markenkommunikation in den nächsten Jahren weiter verändert. Creative Technology ist hierbei ein spannender Bereich, der kreativen Köpfen als Abenteuerspielplatz für spannende Projekte dienen wird.