Erinnert sich noch jemand an Webvan? Entgegen landläufiger Meinung ist die Marke nach wie vor quicklebendig. Sie gehört inzwischen zum Reich von Amazon, das seit gestern auch Lebensmittel in Deutschland verkauft. Der Lebensmitteleinzelhandel im Web hat eine Zukunft, die letzte Bastion des stationären Handels fällt.
Eine Studie von Datamonitor sieht hier gar das nächste große Ding des E-Commerce: Der relativ geringe Anteil des Onlinehandels am gesamten Lebensmitteleinzelhandel habe bereits großes Interesse geweckt, die gewachsene E-Commerce-Erfahrung der Konsumenten zu nutzen. Die Marktforscher sehen Komfort als wesentliche Motivation für die Konsumenten, ihre Lebensmitteleinkäufe online abzuwickeln. Um dieses Potential zu haben, muss der physische Aufwand geringer und der Onlineshop besser organisiert sein als ein stationärer Laden.
Neben Amazon versuchen sich nach wie vor auch verschiedene Start-ups an dieser Herausforderung. Das jüngste Beispiel ist YourSmartCart.com, vor kurzem von zwei Studenten in South Carolina gegründet. YourSmartCart.com versendet Lebensmittel über UPS, was in der Regel Lieferzeiten von drei bis vier Tagen mit sich bringt. „Wir wollen die Art und Weise verändern, wie Leute über Lebensmittel denken“, sagt Benjamin Frear, der die Firma zusammen mit Benjamin Ellision gegründet hat.
Die Gründer zitieren eine kürzlich durchgeführte Nielsen-Studie, der zufolge die Hälfte aller Amerikaner es hassen, Lebensmittel zu kaufen oder es allenfalls für eine lästige Pflicht halten. YourSmartCart.com verspricht, die normalerweise im Supermarkt verbrachte Zeit auf fünf Minuten zu reduzieren. So lange soll der Einkauf auf der Website dauern. Die Site bietet momentan 1.200 Produkte zur Auswahl, wöchentlich sollen neue dazukommen, auf Basis der Konsumentenwünsche. Zum Vergleich: Amazon startet mit 35.000 Produkten in 25 Kategorien, viele davon kommen von mehr als 60 Partnern.
Einen anderen Weg ins verheißene goldene Land des künftigen Onlinelebensmitteleinzelhandels geht Chronodrive, ein französischer Onlinehändler, gegründet bereits 2002. Chronodrive liefert nicht ins Haus, nimmt aber Bestellungen online auf und spart so die hohen Lieferkosten, die französische Konsumenten nicht zahlen wollten. Die Konsumenten holen ihre Bestellungen an den Chronodrive-Filialen selbst ab.
Laut Wall Street Journal soll dieses Format bis 2013 einen Marktanteil von vier bis fünf Prozent am gesamten Lebensmittelhandel erreichen. Heute sind es 0,6 Prozent. „Die Leute wollen beim Lebensmitteleinkauf Zeit sparen“, sagt der Handelsberater Laurent Thoumine von Kurt Salmon Associates in Paris. „Drive-Through ist dafür eine sehr originelle Lösung.“