Eine Episode muss ich unbedingt noch loswerden. Es war am 11. Mai 2006, vormittags um halb zehn. Ein paar Stunden, bevor 500 Kongressbesucher in unsere Halle strömen sollten.
Ich brauchte einen Artikel aus der Welt vom gleichen Tag im Original. Und ich dachte an das famose Ganzseitenarchiv der Welt. Der Haken war nur: Die tagesaktuelle Ausgabe gibt es dort nicht, sondern nur bei newsstand.de, und zwar für den überschaubaren Preis von 1 EUR.
Kein Problem, dachte ich. Kollege Themenblogger warnte mich sofort: Das dauere mindestens eine Stunde und sei furchtbar umständlich. Aber ok – Probleme sind dazu da, gelöst zu werden. Dachte ich.
Eine Recherche auf dem Desktop brachte einen alten Newsstand-Account zutage, den besagter Kollege vor Jahren angesichts ähnlicher Bedarfslage angelegt hatte. Auch das Kennwort war aufzutreiben. Also alles bestens?
Weit gefehlt. Um den einen Euro loszuwerden, brauchte ich bei Newsstand einen Click&Buy-Zugang von FirstGate. Kein Problem, dachte ich. Hatte ich doch vor ein paar Monaten einen solchen eingerichtet, um damit einen renommierten Branchendienst zu abonnieren.
Die Zugangsdaten waren leicht zu finden. Also flugs angemeldet und zu bezahlen versucht. Doch der Klick&Kauf-Zugang vom ErstenTor war nicht ganz der richtige, sondern musste noch erweitert werden. Kein Problem. Fehlende Daten eingegeben und fertig.
Dachte ich. Doch die Kreditkartennummer war schon für ein anderes Konto in Verwendung. Kein Wunder, schließlich handelte es sich um eine Firmenkreditkarte. FirstGate hat für diesen Fall einen Anruf im Kölner Callcenter vorgesehen.
Den ich also tätigte. Der freundliche Telefonist schickte mir ein Formular per Mail, das auszudrucken, auszufüllen
und zusammen mit Kopien meiner Ausweispapiere zurückzufaxen wäre. An dieser Stelle wollte ich schon abbrechen. Zuviel ist zuviel.
Aber die Kollegin, die das andere Konto angelegt hatte, konnte sich sogar noch an das Kennwort erinnern. Und das funktionierte auch. Tatsächlich hielt ich einige Zeit später die digitale Welt-Ausgabe vom 11. Mai in Händen. (Davon, wie hundsmiserabel die Newsstand-Software ist, die zum Glück schon installiert war, warum auch immer, möchte ich jetzt lieber schweigen.)
Leider fehlt in der Newsstand-Ausgabe der Hamburger Lokalteil. Ein Euro und eine Stunde Zeit für nix.
Mir klungen die weisen Worte von Matthias Döpfner in den Ohren:
Die Zukunft der Zeitung ist digital. […] Wir Verlagsmanager müssen uns deshalb noch bewußter werden, daß unser Geschäft nicht das Bedrucken von Papier ist, sondern Journalismus. Journalismus im Internet und Zeitungsjournalismus. Und beide folgen unterschiedlichen Gesetzen. […] Wir müssen allerdings aufpassen, daß wir es auf dem Weg zu mehr Leserfreundlichkeit nicht übertreiben und aus Kundenorientierung Orientierungslosigkeit und Charismaverlust wird.