Michael Rossa leitet das, wie er sagt, „kleine Team“ Corporate Media bei Siemens.
Usability und Branding der Website zu verbessern sind seine Hauptzeile, „aber hinter unserem Rücken passieren Dinge, die das beeinflussen“ sagt er und zeigt die J-Grafik der steigenden Blogzahlen bei Technorati.
„Die Kunden sind die neuen ’spin doctors'“, weiß Rossa und will darauf regieren; auch sei man seit längerem ein Fan des ‚Cluetrain Manifests‚ und versuche das umzusetzen.
ICQ, Skype und Firefox sind typische Marken, erreichen Millionen von Downloads ohne relevante Marketingbudgets. (Neben mir sitzt Alex Wunschel, und Rossa benutzt seinen Podcast grade als Beispiel für einen Startpunkt des Blog-Domino-Spiels. Und Alex freut sich 😉 )
Seit März 2005 hat Siemens ein CEO-Blog. Ein globales Intranetportal aggregiert parallel dazu Blogs von Mitarbeitern in der „employee corner“.
Die Siemens „Blogging Policy“ (meine Zusammenfassung):
- Verwende Zeit zum Bloggen zum Bloggen von etwas, was mit dem Unternehmen zu tun hat.
- Befolge das Gesetz.
- Sei Dir des Images des Unternehmens bewusst.
- Halte Unternehmensgeheimnisse ein.
- Verbreite keine Werbung.
- [Das ging zu schnell.]
Zur Zeit gibt es „100 Tage Bloggen“ als Testphase (die endet bald), dann kommt eine Pilotphase mit Rollout und eine Operations-Phase. Themen und Risiken wurden betrachtet und untersucht. (z.B.: Was, wenn keiner bloggt? Was, wenn rechtliche Prolbeme auftauchen?).
Eine Moderationsseite wurde zur Steuerung und als Übersicht eingebaut, mit FAQs, Votingmöglichkeiten etc. In einem BlogZoo wurden öffentliche Blogs ausgestellt. Ein BlogCookbook wurde als Erklärungsseite zur verfügung gestellt. Jeden Freitag gibt es ein Interview mit einem Blogexperten als Podcast.
Wöchentlich wird ein „Blog of the Week“ gekürt (ohen weitere Belohnung dafür) – was die Blogger zunächst nicht gut fanden. Es passierte trotzdem. (Gelächter im Raum.)
Die Übersicht wird hergestellt über eine Portalseite mit „Latest Postings“, „Tags and Topics“ und die „Most Active Blogs“.
Das Projekt startete – nach einer Testphase – am ersten Tag mit 117 Blogs. Jetzt sind es 250. Davon sind aktuell noch 80 aktiv (das müssen wieder mehr werden, sagt Rossa). Zunächst wurden die User in eigenen Blogs aktiv, nun vernetzen sie sich. Die Leserzahlen fallen nicht, sondern sind stabil. Es bloggen (fast) alle — außer den Kommunikatoren (da werden wir noch fragen: warum?).
User nutzen die Blogs auch für ‚Hilferufe‘ an die Community und empfinden das Graben durch die Siemens-Blogosphäre als ‚Schatzjagd‘ durch die Firmenkultur.
Als Starblogger entpuppten sich eine chinesische Werksstudentin und ein Servicetechniker für Notrufsäulen an Autobahnen.
- Bisher war das interne Marketingbudget gleich Null. Die kritische Masse war binnen 57 Tagen erreicht.
- Bloggen ist einfach, aber ein Blog mit ‚Geschäftswert‘ zu führen ist nicht einfach.
- Man muss lernen, wie man Konversationen beginnt und beendet.
- Es gab bisher keine Missbrauchsfälle.
- Experten und Projektmanager, die bisher keine Stimme hatten, bloggen.
- Manager und Kommunikatoren halten sich zurück (die sind mehr Nach- und Vor-denken gewohnt oder brauchen den Kanal nicht).
- Die Zeit der ‚kontrollierten Kommunikation‘ durch die PR ist vorbei.
Verbleibende Herausforderungen sind, wie Firma, Mitarbeiter und Management das System noch besser nutzen können, um ihre Ziele (Vernetzung, Kommunikation, Feedback u.a.) zu erreichen.
Als Marketing beim Rollout sind u.a. 20-Sekunden-Interviews mit Bloggern als Videos geplant. Und auch der Betriebsrat steht dem ganzen Projekt positiv gegenüber und plant die interne Blogosphäre als Infoquelle zu nutzen.