Suchmaschinenmarketing nicht immer profitabel

Als wichtigste Konferenz im Bereich Marketingforschung gilt die INFORMS Marketing Science Conference, die in diesem Jahr in Singapur stattfand. In über 600 Vorträgen wurden dort aktuelle Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.
Ein wichtiges Thema war das Suchmaschinenmarketing. Im Jahr 2007 werden aktuellen Prognosen zufolge weltweit 2,5 Mrd. US$ für Suchmaschinenmarketing allein bei Google Inc. ausgeben. Im Suchmaschinenmarketing werden, in Abhängigkeit von dem in der Suchmaschine eingegebenen Suchbegriff, oberhalb und rechts neben den durch Suchalgorithmen ermittelten Suchergebnissen Textanzeigen geschaltet.
Während der Preis für klassische Werbung typischerweise über den Tausender-Kontakt-Preis (TKP), der den Preis für 1000 erreichte Konsumenten angibt, bestimmt wird, erfolgt die Vergütung im Suchmaschinenmarketing performance-basiert pro Klick. Der Preis pro Klick und der Rang der Anzeige werden pro Suchbegriff durch eine so genannte Keyword-Auktion, eine verdeckte Zweitpreis-Auktion, bestimmt. Hierbei geben werbetreibende Unternehmen Gebote über den Preis pro Klick ab, den sie maximal zu zahlen bereit sind.
Die höchsten Preise, bis zu 10 € pro Klick auf oberen Rängen, werden derzeit von Versicherungen und Banken bezahlt. Ränge weiter oben sind für Finanzdienstleister attraktiv, da sie stärker wahrgenommen werden und somit zu mehr Klicks und mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Kunden führen. Allerdings sind auch die Preise pro Klick höher.
Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen jedoch: Die im Management von Suchmaschinenkampagnen derzeit stark verbreiteten heuristischen Regeln zur Gebotsabgabe wie „immer auf einer der 3 obersten Ränge“ können vielfach dazu führen, dass die über Suchmaschinenmarketing akquirierten Kunden nicht mehr profitabel sind.
Die von Eva Gerstmeier, Dr. Tanja Stepanchuk und Prof. Dr. Bernd Skiera vorgestellten Ergebnisse weisen nach: Ausschließlich die Verwendung wirtschaftlicher Erfolgsgrößen in Verbindung mit sorgfältigem Tracking und präzisen Erfolgsmessungen garantieren den profitablen Einsatz der wachsenden Suchmaschinenmarketingbudgets. Heuristiken führen in der Regel zu deutlichen Abweichungen vom Optimum. Der Vortrag fand große Resonanz unter den Zuhörern, und weitere Information sind hier zu finden.
Im gleichen Track habe ich auch meine Arbeit präsentiert, die sich mit dem Einfluss der sozialen Position auf das Gebotsverhalten in Name-Your-Own-Price-Auktionen beschäftigt. Es handelt sich dabei um eine detaillierte Ausarbeitung der bereits im April vorgestellten Arbeit.
Hier zwei Fotos, die das traditionelle und moderne Singapur zeigen.
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E-Commerce treibt Werbemarkt

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Sie klang schon optimistisch, die Prognose des Online-Vermarkterkreises (OVK). Doch offensichtlich war noch genug Luft enthalten, sodass die jetzt vorgelegten Zahlen für 2005 die Prognose locker übertreffen: 60 Prozent Umsatzwachstum meldet der OVK für den Online-Werbemarkt im vergangenen Jahr. Für 2006 liegen die Schätzungen nun bei einem Gesamtvolumen von 1,3 Milliarden Euro oder einem erneuten Zuwachs um 46 Prozent.
Die am stärksten beworbene Produktgruppe sind Online-Dienstleistungen. Dahinter folgen Telekommunikation, Finanzen, E-Commerce und der Automarkt. E-Commerce dürfte ist hier nach Nielsen-Systematik als Versand von Waren plus Tourismus/Ticketing zu verstehen sein. Dieses Geschäft Der Online-Versandhandel macht jedoch laut Statistik des bvh mit 6,1 Milliarden Euro (Prognose 2005) nur etwa ein Drittel des gesamten E-Commerce-Umsatzes aus. Zusammen mit elektronischen Dienstleistungen wie Touristikbuchungen, Finanzdienstleistungen, Versicherungsabschlüssen und Softwaredownloads hat der E-Commerce-Umsatz mit Waren und Dienstleistungen im Jahr 2005 voraussichtlich einen Wert von 18,1 Mrd. Euro erreicht.
Die steigende Akzeptanz des Online-Kaufs ist denn auch – neben der zunehmenden Verbreitung von Breitbandanschlüssen und damit steigender Nutzungsintensität – einer der wichtigsten Gründe für das enorme Wachstum der Online-Werbung. Sie hat mit 4,6 Prozent inzwischen einen relevanten Anteil am Gesamtwerbemarkt erreicht. Für kommenden Jahre wird allgemein erwartet, dass sich die Schere zwischen Mediennutzungsanteil (2005: 14,6 Prozent) und Werbemarktanteil schließt.
E-Commerce treibt also das Wachstum der Online-Werbung voran, und Online-Werbung hat inzwischen ein Volumen erreicht, das sie mehr und mehr zum Wachstumstreiber für den gesamten Werbemarkt macht. Dazu passt die Markteinschätzung von Booz Allen Hamilton, der zufolge es zu zu einer Verschiebung von den alten zu den neuen Medien und von klassischer zu nicht-klassischer Kommunikation kommt.

Sind Suchmaschinen Blutsauger?

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Ohne Suchmaschinenmarketing ist Erfolg im E-Commerce nicht mehr möglich. Und die Suchmaschinen profitieren ohne eigenes Zutun von höheren Konversionsraten, die durch verbesserte Usability erreicht werden. Diese These vertritt Jakob Nielsen in seiner Alertbox mit der provokanten Überschrift „Suchmaschinen sind die Blutsauger des Web“.
Er argumentiert, dass E-Commerce-Unternehmen im Zweifel fast den gesamten Bruttogewinn in Suchmaschinenmarketing investieren können, solange steigende Nutzerzahlen zu höheren Umsätzen führen. Auf der anderen Seite führen Investitionen in Usability zu höheren Konversionsraten und damit – bei gleichbleibenden Ausgaben für Suchmaschinenmarketing – zu höheren Gewinnen.
Höhere Gewinne treiben jedoch die Preise im Suchmaschinenmarketing nach oben, weil dort nach wie vor fast der gesamte Gewinn reinvestiert werden kann. Unter dem Strich profitieren somit die Suchmaschinen ohne eigenes Zutun von den Anstrengungen der E-Commerce-Unternehmen.
Nielsen wäre nicht Nielsen, hätte er nicht Anregungen für seine Leser, wie sie dieser Problematik entkommen können. Was er vorschlägt, ist nicht neu oder originell, aber dennoch richtig: E-Mail-Marketing, Request-Marketing, Communities, Affiliate-Marketing, RSS-Feeds (dazu heute mehr bei Exciting Commerce), URL auf allen Produkten, Hardware (iPod!) und Mobile Marketing. Fazit:

The real goal is to make users come back, and to have them come directly to your site instead of clicking on expensive ads.

Jon Lebkowsky liest zwischen den Zeilen und kommt zu folgendem Schluss:

Nielsen’s complaint is not about search engines per se, but about “Web 2.0″ and the evolving semantic web. If I’m right, his concern is also applicable to RSS (which he notes that he hasn’t researched yet) and tagging… we’re moving away from “site” and “page” as controlling metaphors, and focusing more on information, less on presentation. Nielsen’s been so focused on web page and site usability that he’s only just beginning to get the message.

Dazu passt ein Einzeiler von Tom Coates, Yahoo!, vorgetragen in der letzten Woche bei The Future of Web Apps (Carson Workshops):

Start designing with data, not with pages

Oliver Wagner vom Agenturblog war dort und berichtet ausführlich.
Via Wolfgang Sommergut.

SEO in weiß-blau

bmw_3.jpg Die Automobilbranche ist für Werber so etwas wie die Königsdisziplin für Sportler. Kein Wunder also, dass höchste Aufmerksamkeit auch auf dem liegt, was Autohersteller und -händler im Web treiben. Jetzt hat es BMW erwischt. Die weiß-blaue Website war (und ist in Teilen immer noch) alles andere als sauber suchmaschinenoptimiert.
Nachdem das publik wurde, hat BMW nun reagiert, wie Robert Basic meldet. Kein Wunder, schließlich hat ja Google angekündigt, dieses Spielchen nicht länger hinnehmen zu wollen.
Jetzt wäre interessant zu wissen, ob der SEO-Etat bei Interone liegt. Oder sollte ich schreiben: Lag?
Nachtrag: Wie Gerald Steffens und Mario Sixtus berichten und sich leicht überprüfen lässt, ist bmw.de bei Google nicht mehr zu finden. Das ging ja schnell.
Zweiter Nachtrag: Der SEO-Etat lag offenbar nicht bei Interone. Die Geschichte ist jetzt auch in der Presse. Und Thomas Knüwer schreibt, was BMW dazu sagt.
Dritter Nachtrag: Warum die Websites von Automobilherstellern, obwohl aufwendig und teuer gemacht, letztlich austauschbar und überflüssig sind, habe ich schon vor elf Monaten geschrieben.
Vierter Nachtrag: bmw.de ist zurück. Die meisten Links ab Platz 2 führen ins Leere. Im Cache sind sie noch, inklusive Redirect.

Die Automatisierung der Werbung

Selbst hier im Hause werde ich gelegentlich dafür belächelt, dass ich die Zukunft der Werbung in der Automatisierung sehe und Google AdWords als Prototypen für das, was da kommen wird. Vorgestern gab es einen weiteren Anlass, diese These bestätigt zu finden: Google hat eine Radiowerbeplattform gekauft und will AdWords um das Thema Radiowerbung erweitern. (Mit Printanzeigen wird auch schon experimentiert, und TV-Werbung ist "definitiv auf unserer Liste".)

Warum ist das interessant? Weil das Mediageschäft, insbesondere wie es in Deutschland funktioniert, nicht besonders effizient ist. Das liegt letztlich an der sogenannten AE, einer historischen gewachsenen Provision in Höhe von 15 Prozent, die Media-Agenturen als Rabatt behalten dürfen. Der Werbekunde zahlt 100 Prozent, der Werbevermarkter erhält 85 Prozent, 15 Prozent gehen an die Media-Agentur. Soweit die Theorie.

Dieses Verfahren lädt nicht unbedingt zum effizienten Werbeeinsatz ein, denn die Agentur verdient mehr, je mehr Werbung sie verkauft. Die Masse macht’s. Die Anreize der AE locken Media-Agenturen in den Dunstkreis der Vermarkter, zu Lasten ihrer Kunden. Und schon seit Jahren hat ein massiver Druck seitens der Werbekunden eingesetzt, die von den Agenturen sogenannte Kickbacks fordern (und auch erhalten), also die Rückerstattung eines Teils dieser Provision.

Google hat Anfang 2006 in Deutschland mit der AE-Regelung gebrochen und ein leistungsabhängiges Anreizmodell eingeführt. Das soll vorrangig der Effizienz dienen, ist aber auch ein Signal an den Markt: Wir machen Eure historisch gewachsenen Gepflogenheiten nicht mit, wenn wir sie nicht für effizient halten.

Die Zukunft gehört einer stark automatisierten, von Algorithmen gesteuerten Mediaplanung, -disposition und -abrechnung. AdWords ist die Blaupause dafür. Jüngste Schritte in Richtung Zukunft waren Bannerwerbung bei Google AdSense, Buchung von einzelnen Websites nach TKP – und Google Analytics.

Denn auch die Werbekunden wollen ihre Kampagnen in Echtzeit überwachen und optimieren. Mächtige Web-Analytics-Werkzeuge wie WebSideStory erlauben heute ROI-Betrachtungen in Echtzeit. Warum soll das für TV, Radio oder Print nicht möglich sein? Und warum sollten Vermarkter kein Interesse daran haben, die Kampagnen ihrer Werbekunden zu optimieren, wie Google (in Ansätzen) heute bereits?

Das wird ein paar Jährchen dauern, weil die Materie komplex ist, die Technik noch entwickelt und die Marktstruktur aufgebrochen werden muss. Aber es wird dazu kommen, früher oder später.