Internet-Check-In

Zu den Umständen, die Fluggäste am meisten hassen, gehört das Schlangestehen an Flughäfen. Da vergeht wertvolle Reisezeit und verlängert sich die letztlich entscheidende Zeit von Tür zu Tür – und wozu? Damit eine freundliche Servicekraft eine Bordkarte ausdruckt und dem Fluggast in die Hand drückt.

Das kann der doch auch selbst. Immer mehr Fluggesellschaften führen deshalb den Check-In per Internet ein. So auch die Billigflieger. easyjet annonciert heute:

Die Einführung von Internet Check-in ist an den drei deutschsprachigen Basen Berlin, Dortmund und Basel erfolgreich abgeschlossen. Seit diesem Monat können alle Passagiere, die nur mit Handgepäck reisen, ihre Bordkarte bequem am Computer ausdrucken und müssen sich nur noch 15 Minuten vor Abflug am Gate einfinden. Fluggäste müssen sich auch nicht wie bei anderen Fluggesellschaften kurz vor Abflug noch ein zweites Mal im System anmelden, sondern erhalten ihre Bordkarte bereits während der Buchung.

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Anfang März hatte Hapag-Lloyd Express (HLX) als erste deutsche Low-Cost-Airline den Internet-Check-In angekündigt. Start ist am 1. April. Zuvor hatte easyjet mit der Einführung begonnen (und das ebenfalls angekündigt). Ryanair war wiederum Anfang des Jahres mit einer Ankündigung für Mitte März an die Öffentlichkeit gegangen. Die Pioniere des Internet-Check-In waren jedoch große Full-Service-Carrier.

Dass das Thema nicht ganz ohne ist, zeigt übrigens dieser Erfahrungsbericht.

Die Marken-Bausteinreise kommt

Tui_com

Die Pauschalreise ist tot? Stattdessen stellt sich der mündige Reisende die einzelnen Urlaubselemente (Flug, Hotel, Mietwagen) selbst zusammen? Klar – aber das haben die Touristikkonzerne auch schon gemerkt. "Von der neuen Geschäftslogik werden zwei Segmente profitieren: Anbieter, die ganz starke Marken haben, und Anbieter, die sich als Spezialisten profilieren", erklärte TUI-Vorstand Sebastian Ebel im März der Fachzeitschrift fvw. Das gleiche Thema wie nebenan beim Handel: Für das Mittelmaß wird es eng.

Die TUI hat nun einen weiteren Schritt in diese Richtung getan und ihr frisch renoviertes Flaggschiff TUI.com zur zentralen Anlaufstelle für viele (lies: künftig alle) TUI-Marken ausgebaut. Da lässt sich, so jedenfalls das Leistungsversprechen, schnell herausfinden, ob es ein passendes Urlaubsangebot im großen TUI-Portfolio gibt. Der erste Eindruck ist positiv: Die Aufgabe scheint ganz elegant gelöst. Besonders schick ist die Möglichkeit, den Preis einzugrenzen.

Der Restbestand der Woche

Es ist Freitag. Und damit höchste Zeit, ein paar Dinge wegzubloggen, die mir hier den Firefox verstopfen.

  • Sony_bmg
    Schon etwas älter ist das Welt-Interview mit Maarten Steinkamp, dem Europachef von Sony BMG, und der dringenden Aufforderung an die Musikindustrie, endlich das Jammern einzustellen und statt Rechtsanwälten wieder die Entrepreneure nach vorn zu schieben. [Exciting Commerce]
  • Adsense
    Google hat sein Adsense-Programm um eine Kleinigkeit ergänzt, die erkennen lässt, wohin die Reise geht – zum Abschied von lieb gewonnenen, aber ineffizienten Mediagepflogenheiten und hin zu einem von A bis Z in Echtzeit optimierbaren Werbegeschäft. Erst die Abschaffung der AE, dann Google Analytics und jetzt die  Promotion von TKP-Anzeigen in Adsense ("Auf dieser Website werben"). Was kommt als nächstes? [Zielpublikum]
  • Productwiki
    Vernünftige Produktbeschreibungen sind ein knappes Gut. Amazon musste die stetige Sortimentserweiterung mit abnehmender Qualität der Produkttexte bezahlen. Auch die legendären Kundenrezensionen halfen da nicht unbedingt. Doch jetzt kommt Hilfe: Das ProductWiki ist gestartet (selbstverständlich beta), und Amazon selbst experimentiert seit kurzem ebenfalls mit einem gleichnamigen neuen Feature. [Companice]
  • Nano
    Ebay ist gut für die Marke. Oder nicht? Kommt auf die Marke an. Starke Marken werden durch Ebay stärker, schwache Marken schwächer. Zu erkennen, wie so oft, am Preis: Wer kann seine Preise durch alle Kanäle drücken? Na, wer wohl? Apple natürlich. [Companice]
  • Sellonfroogle
    Je nach Grad der Phantasie kann sich der eine mehr, der andere weniger darunter vorstellen, was Google Base in Kombination mit Froogle und Google Local eigentlich soll, kann und wird. Dazu gibt es jetzt einen neuen Hinweis: Sell on Froogle. Man nehme Google Base als Backend, um über Froogle zu verkaufen. Ebay und Amazon Marketplace waren gestern? [Basic Thinking]
  • Tuifly
    Wer wie die TUI mehr als ein halbes Dutzend Fluglinien betreibt, der schafft gewisse Unübersichtlichkeit im eigenen Angebot. Etwas Linderung verschafft seit dieser Woche TUIfly.com. Dort sind alle Airlines unter einer Adresse vereint. Schlichter Mechanismus: Start- und Zielflughafen eingeben – und weg. Zwar keine Offenbarung, aber ein nettes Werkzeug.

Travel schlägt Handel

2004commerce_1Dominique Vidal (COO Yahoo! Europe) stieß mich auf dem DMMK mit seiner Keynote auf eine Studie, die ich bisher übersehen hatte. Die EIAA Media Consumption Study 2004 (PDF) liefert auf 19 von 20 Slides ziemlich exakt das, was ich erwarte, wenn ich Gattungsmarketing für mein Thema mithilfe der Marktforschung betreiben möchte. Umso interessanter daher das vorletzte Slide, in denen die Auftraggeber keine Stakes halten: Das Search, Browse & Buy-Verhalten in verschiedenen Kategorien. Die Touristik hat nun nicht nur nach Umsatz (Vorteil: Warenkorbhöhe), sondern auch in der Nutzungsintensität den Handel im Web überholt.

TUI bekennt sich zur Bausteinreise

Die Wirtschaftswoche kommt heute mit einem Interview mit TUI-Chef Michael Frenzel. Darin nennt er auch Zahlen zum Online-Umsatz. Zitat:

"Wir wachsen in diesem Segment überproportional und schneller als der Markt, getrieben vor allem vom Angebot unserer beiden konzerneigenen Billigflieger Hapag-Lloyd Express und ThomsonFly. Im Jahr 2000 hatten wir gerade mal 50 Millionen Euro Online-Umsatz. In den vergangenen beiden Jahren hat sich dieser Geschäftsbereich explosionsartig entwickelt, die Umsätze haben sich von gut 700 Millionen auf 1,3 Milliarden Euro fast verdoppelt, der Anteil am gesamten Reiseumsatz ist auf zehn Prozent gestiegen."

Frenzel prognostiziert mittelfristig eine Drittelung des Marktes in die Segmente klassische Pauschalreise, im Internet gebuchte "Bausteinreise" und selbstorganisierte Individualreise. Das würde bedeuten, dass sich der Internet-Anteil noch einmal mehr als verdreifachen würde.

Das Frenzel-Interview lässt allerdings nur ahnen, wie stark sich das gesamte Reisegeschäft durch dynamische Preissysteme und individuelle Bausteinreise verändert. Um nur einen Aspekt zu nennen: Wer im Internet einzelne Elemente seiner Reise sucht und konfiguriert, legt seinen Entscheidungsprozess offen. Reiseanbieter werden beginnen, das Kundenverhalten zu analysieren und zu Produktdifferenzierung und einer präziseren Kundenansprache zu nutzen. Think Amazon! Man wird bald schon per Algorithmus generierte Empfehlungen sehen ("Kunden, die einen Flug nach London gebucht haben, haben auch dies und jenes gebucht…"). Ob wir das allerdings bei der TUI sehen werden oder bei einem unabhängigen Newcomer, bleibt eine spannende Frage.