Zug in Richtung Digitaler Handel schneller als erwartet

Business Insider hat vor einigen Tagen einen umfangreichen Foliensatz veröffentlicht, der sehr viel Zahlen- und Datenmaterial zum aktuellen Stand des E-Commerce und der Zukunft des Handels enthält. Die Kernthese:

The shift away from physical retail toward digital retail is happening faster than many observers expected.

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Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung in den USA, die zum Teil schon weiter fortgeschritten ist als in Europa. In den USA wird das Wachstum des Handels bereits fast ausschließlich online generiert, während Offline stagniert oder schrumpft. Amazon hat in den USA bereits 2011 Best Buy überholt und war 2013 schon 1,7-mal so groß wie Best Buy.
Walmart hingegen ist immer noch erheblich größer als Amazon, bei weiterhin wachsendem Umsatz. Nur zwei Prozent seines Umsatzes generiert Walmart online. Doch während der Onlineumsatz 2013 nach BI-Schätzungen um 30 Prozent wuchs, ist das Wachstum offline fast zum Erliegen gekommen.
Mehr hier.

Amazon: Services statt Hardware

People don’t want Gadgets anymore. They want services.
Jeff Bezos

Im Anfang war die Hardware, und die Hardware kam von Apple und IBM, und die Hardware war Apple und IBM. Dann kam die Software, und mit der Software kam Microsoft. IBM zog sich zurück und überließ die Hardware Dell und HP. Microsoft dominierte die Software, und Apple geriet an den Rand der Pleite.
Steve Jobs kehrte zurück und führte Apple in wenigen Jahren von dort an die Weltspitze. Er integrierte Hardware und Software zu attraktiven Produkten, indem er Services hinzufügte, um das Konsumentenerlebnis zu perfektionieren. Obwohl dieses Modell extrem erfolgreich ist, hat es bis heute kein Wettbewerber geschafft, etwas auch nur annähernd vergleichbares auf den Markt zu bringen.
Bis jetzt. Doch nun schickt sich Amazon an, dies zu versuchen. Statt auf Hardware wie Dell und HP, Software wie Microsoft oder Produkten aus Hardware und Software plus Services wie Apple liegt der Fokus von Amazon klar bei den Services. Und damit zeichnet sich eine Schlacht ab, die spannend zu beobachten sein wird.
Es ist die alte Dichotomie von Produkten und Dienstleistungen im neuen Gewand. Wir reden schon seit den 70er Jahren über die Entwicklung zur Dienstleistungsgesellschaft, über die Verwandlung von Produkten in Dienstleistungen. Die digitale Revolution hat dieser Entwicklung einen gewaltigen Schub verpasst.
Apples Exzellenz fußt ganz klar auf dem Design seiner Produkte. Im Vergleich dazu leistet sich Apple beim Design seiner Services schon einige Schwächen. MobileMe war ein Desaster, auch iCloud läuft noch nicht wirklich rund. Und das Universum aus iTunes und den App Stores hat ebenfalls reichlich Luft nach oben.
Für Amazon als Händler liegt das Thema Services näher als für Apple. Auch als Infrastrukturanbieter bleibt Amazon Web Services auf die Dienstleistungen konzentriert, das Geschäftsmodell heißt „Software as a Service“. Und die Hardware? Amazons Kindle-Geräte dienen dem einfachen Zugriff auf Medien, Inhalte und Produkte. Sie sind erkennbar Mittel zum Zweck, keine Gadgets.
Wenn Apple für seine Produkte steht, dann steht Amazon für seine Services. Ist Jeff Bezos der neue Steve Jobs? Ist er ein Meister des Service Designs, so wie Steve Jobs ein Meister des Produktdesigns war? Und ist Service Design das neue Produktdesign?
Mit dem Thema Service Design befassen wir uns auf der NEXT Service Design am 8. Oktober in Berlin. Tickets gibt es hier, Frühbucher sparen bis kommenden Donnerstag, den 13.09., noch 100 Euro.

Wird Spotify den deutschen Markt aufrollen?

Es wird wohl nur wenige Start-ups geben, auf deren Deutschlandstart wir solange warten mussten wie auf Spotify. Das hatte keinen rationalen Grund, sondern lag allein an der völlig absurden rechtlichen und politischen Gemengelage.
Und wie die Faust aufs Auge passt, dass Spotify tatsächlich ohne eine Vereinbarung mit der GEMA gestartet ist, sozusagen auf eigenes Risiko. Gleichzeitig melden die Datenschützer Bedenken an, wegen der Integration mit Facebook.


Alles wie gehabt also? Wahrscheinlich ja. Vermutlich dürfte jener höhere Musikdienst, den wir verehren (Jochen Wegner) früher oder später den deutschen Markt so aufrollen, wie es Amazon (1998), Ebay (1999), Facebook (2008) oder Groupon (2010) vor ihm getan haben. Der einzige Unterschied: Spotify ist kein amerikanisches Start-up, sondern ein europäisches.
Dem deutschen Spotify-Klon simfy gebührt das Verdienst, den hiesigen Markt für das Streaming von Musik reif gemacht zu haben. Doch jetzt sieht sich simfy einem starken Wettbewerber gegenüber, der zudem mit seiner API einen strategischen Vorteil hat. Es bleibt abzuwarten, wie sich simfy dieser Herausforderung stellen wird.
simfy gehört zu den Kunden von SinnerSchrader Mobile.

Was aus meinen Prognosen für 2011 wurde

Anfang Januar hatte ich neun Prognosen für das nun fast abgelaufene Jahr aufgestellt. Zeit für einen Rückblick: Was ist aus meinen Prognosen geworden?

  1. Prognose: Die Generation Internet bleibt auch in diesem Jahr draußen vor der Tür. Die Geburtsjahrgänge ab 1991 sind zahlenmäßig zu schwach, um sich in einer alternden Gesellschaft durchzusetzen, in der Rentner, Pensionäre und Sozialleistungsempfänger den Ton angeben. Realität: Während die Generation Internet nach wie vor keine Rolle spielt, ist die Generation C64 in Gestalt der Piratenpartei ins Berliner Abgeordnetenhaus eingezogen und hat sich mit D64 eine eigene, SPD-nahe Lobbyorganisation geschaffen.
  2. Prognose: Das Leistungsschutzrecht für verlegerische Leistungen, bereits 2009 im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP verankert, steht auch 2011 noch auf der Agenda. Realität: Die Bundesregierung arbeitete im Herbst an einem Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht, der jedoch bis dato nicht vorliegt.
  3. Prognose: Datenschutz und digitale Privatsphäre sind das große Thema des Jahres. Eine neue Generation von Start-ups wie MyCube und Personal bringt konstruktive Lösungen für das Dilemma zwischen digitaler Privatsphäre und Social (the animal formerly known as Social Media). Realität: Datenschutz und die digitale Privatsphäre waren eines der großen Themen des Jahres, das Stichwort lautete Post-Privacy. Von MyCube und Personal war wenig zu hören, dafür umso mehr von der datenschutzkritischen Spackeria, die indes nicht über ein Blog und ein paar kleinere Wellen im Medienteich hinauskam.
  4. Prognose: Das nächste Buch von Jeff Jarvis (Public Parts) gibt dieser Debatte erst richtig Schwung. Es erscheint in diesem Jahr, die deutsche Ausgabe wird unter dem Titel Das Deutsche Paradoxon publiziert. Realität: Das Buch ist erschienen, hatte wenig Einfluss auf die Debatte, entspann aber eine interessante Kontroverse mit Evgeny Morozov.
  5. Prognose: Der Werbemarkt wächst auch 2011 leicht. Die Gewinner sind Online- und TV-Werbung, nicht zuletzt wegen der zunehmenden Konvergenz ihrer Technologien. Realität: Der Werbemarkt wuchs um 2,7 Prozent, was in etwa dem allgemeinen Wirtschaftswachstum entspricht. Für Internetwerbung wurden 13,2 Prozent mehr ausgegeben als im Vorjahr, TV-Werbung legte um etwa drei Prozent zu. Die einzige Verlierergattung waren die Zeitungen.
  6. Prognose: Apple TV bekommt noch in diesem Jahr einen App Store. Damit überträgt Steve Jobs das Erfolgsmodell von iTunes, iPhone, iPad und Mac App Store auf das Fernsehen. Google TV nimmt einen zweiten Anlauf im Weihnachtsgeschäft 2011. Realität: Der App Store für Apple TV ist ausgeblieben, stattdessen verdichten sich Gerüchte um ein vollwertiges Fernsehgerät aus dem Hause Apple. Steve Jobs starb im Herbst nach langer Krankheit, nachdem er im Sommer seinen Posten als CEO an Tim Cook übergeben hatte. Google TV war auch im zweiten Anlauf kein Erfolg, Eric Schmidt kündigte Anfang Dezember jedoch an, dass im schon im Sommer 2012 die Mehrzahl aller neuen Fernsehgeräte mit Google TV ausgestattet sein sollen.
  7. Prognose: Das App-Fieber des vergangenen Jahres klingt weiter ab, aber das neue Paradigma setzt sich durch. Mac App Store, Chrome OS – alles wird App. Sogar Microsoft kündigt einen App Store für Windows an, der aber nicht vor 2013 starten wird. Realität: Das App-Paradigma hat sich durchgesetzt. Der App Store für Windows soll als Beta-Version schon im Februar 2012 verfügbar sein.
  8. Prognose: Das digitale Buch hebt endgültig ab. Amazon bringt den Kindle Store nach Deutschland, Google Books lässt noch auf sich warten, die Sortimente der übrigen Anbieter werden größer. Realität: Erstmals werden ausreichend Bestsellertitel und günstige Hardware angeboten. Der Kindle Store ging schon im April an den Start. E-Reader gehörten zu den Topsellern im Weihnachtsgeschäft. Auf der Frankfurter Buchmesse kündigte Google zwar den Launch seines deutschen E-Book-Angebots noch in diesem Jahr an. Der blieb bislang aber aus.
  9. Prognose: Facebook geht 2011 an die Börse. Der Börsengang schlägt alles, was im digitalen Bereich bis jetzt da war. Es ist ein Meilenstein wie die IPOs von Netscape und Google. Realität: Facebook schob den Börsengang um ein weiteres Jahr hinaus. Die jüngste PR-Offensive lässt einen IPO für das zeitige Frühjahr 2012 erwarten. Statt Facebook gingen 2011 u.a. LinkedIn, Groupon, Pandora und Zynga an die Börse. Die meisten Börsengänge waren zwar eher eine Enttäuschung, dennoch ist es von Vorteil für den Markt, dass der Exit über die Börse möglich bleibt.

Soweit die Rückschau. Was den Ausblick auf 2012 betrifft: In den Kommentaren ist Platz für Anregungen.

Werbeirrsinn beim Media Markt

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Anfang des Jahres kündigte Media Markt seiner langjährigen Werbeagentur kempertrautmann. Für die Agentur offensichtlich überraschend per Pressemitteilung und mit einem Dank, der eher an einen Tritt in den Allerwertesten klang. Eins war jedoch klar, man wolle sich jetzt endlich der Herausforderung Internet stellen und suche eine Agentur, die das Netz verstehe.
Naja.
Seit dem Wochenende nun ist die neue Kampagne draußen. Und leider ist irgendetwas zwischen Kunde und Agentur grundlegend schief gegangen. Neben den vielen kleinen handwerklichen Mängeln, hat das Konzept folgende vier massiven Bugs:
1. Falscher Consumer Insight: Das Netz ist kein Jahrmarkt
Das Netz wird deshalb im Kaufentscheidungsprozess als Anlaufstelle Nr 1 vom Konsumenten genutzt, weil es Transparenz schafft und ordnet. Insbesondere die erfolgreichsten E-Commerce Destinationen wie Amazon schaffen dies seit Jahren extrem erfolgreich und gewinnen von Jahr zu Jahr massiv an Zuspruch. Kunden haben sich an Auswahl, Preistranspararenz, Produktinformationen, Verkaufsränge und Bewertungen gewöhnt und nutzen sie. Im Netz finden die rationalen Kaufentscheidungen statt, der Jahrmarkt findet immer noch auf und im Boulevard statt („Geiz ist geil“). Die Grundidee der gesamten Kampagne läuft daher ins Leere.
2. Falscher Claim
Erst einmal vom Wege abgekommen, kann man dann auch schon mal abheben. „Der neue Media Markt Preis ist der klarste Preis“. „Ohne Preis-Irrsinn“. Oder so ähnlich. Meine Güte! Wer soll das verstehen? Hier kämpft die Kommunikation Schattenboxen mit der Ramba-Zamba-Werbung der letzten Jahre. Die war wenigstens unterhaltsam. Die neue Ansage bleibt klar Dada.
3. Falsches Versprechen
Media Markt verspricht künftig den „klarsten“ Preis zu liefern, da täglich alle maßgeblichen Online-Wettbewerber geprüft werden und die Preise angepasst werden. Wie soll das gehen? Bis auf ein absolut reduziertes Angebotssortiment von vielleicht 100 Artikeln, ist es nicht möglich, tausende Artikel mehrmals auszuzeichnen — und schon gar nicht täglich. Das wird den Märkten und den lokalen Geschäftsführern täglich um die Ohren fliegen. Denn ihre Kunden kennen die Internetpreise.
4. Falsche Angebotsartikel
Und dann die Angebotsartikel – die alte Achillesferse vom Mediamarkt! Zwei, drei Klicks bei Amazon und schon entpuppt sich der Waschvollautomat von Bosch aus dem Kampagnenprospekt als Altware, die noch schnell vom Hof muss. Spätestens hier ist die Glaubwürdigkeit dahin.
Man kann den Verantwortlichen bei Media Markt nur raten, schnell wieder zur Besinnung zu kommen und die Kampagne sofort zu stoppen. Und noch einmal in Ruhe nachzudenken.

Attacke, Amazon – ein Buchhändler kämpft Judo mit Google

Kindle Fire
„Amazon bringt ‚Volks-Tablet’… Kampfpreis 200 Dollar… Erster richtiger iPad-Rivale“ – so oder ähnlich liest man es hunderfach, seit Jeff Bezos den Kindle Fire vorstellte. Solche Analysen sind nicht falsch, gehen aber am Kern vorbei. Denn mit seinem Tablet wagt Amazon eine ambitionierte Kampfansage: Das Unternehmen will nicht weniger als den gesamten Internetverkehr seiner Kunden in seiner Cloud EC2 zwischenspeichern. Damit erklärt Amazon nicht nur Apple den Krieg, sondern auch Google, Facebook und vielen mehr.
Warum?
Zweifellos hat Amazon mit dem Fire eine Duftmarke gesetzt. Konkurrenzfähige Hardware, günstiger Preis und – zumindest in den USA – attraktive Inhalte: von Büchern, Musik bis zu Filmen und TV-Serien. Samsung und Blackberry, denen es ohne iTunes-Store oder Amazons Angebot „Prime“ an Content mangelt, sollten angesichts dieser Konkurrenz warme Schutzhüllen überstreifen.
Im Vergleich dazu kann Apple (noch) gelassen bleiben. Wie bei Mobiltelefonen setzt es auf das Hochpreissegment mit entsprechenden Margen. „Hat’s den Papst gestört, dass Luther kam?“ sagte Harald Schmidt mal über die Konkurrenz mit Stefan Raab. Das gilt vorerst auch für das Verhältnis iPad und Fire.
Bei Google sieht es da schon anders. Um im Luther-Bild zu bleiben, schlägt Amazon hier nicht nur Thesen an die Tür, sondern tritt sie kurzerhand einfach ein. Der weltgrößte Versandhändler greift den Werbe- und Suchmaschinenkonzern gleich auf mehreren Fronten an.
Zunächst einmal betreibt Amazon kostenschonendes Cherrypicking. Als Betriebssystem für den Fire setzt es auf Android. Konkret: auf den kostenlosen Open-Source-Kern ohne die Komponenten Browser und Mail, für die Abgaben an Google gezahlt werden müssten.
Stattdessen vertraut Amazon beim Browser auf die Eigenentwicklung „Silk“. Dieser erlaube Surfen mit nie gesehenen Geschwindigkeiten, egal mit welchem Gerät, egal mit welcher Bandbreite, reklamieren seine Entwickler. Das möglich machen soll die „Split Browser“-Technologie, die den gesamten Internetverkehr über die Amazon-Cloud EC2 abwickelt. Sie lädt die Website (vorausschauend) und liefert diese dann neu-gerendert und ressourcenschonend an den Nutzer aus.
Kindle Fire
EC2 geht also viel weiter als ein Proxyserver. Dahinter steht zudem die extrem robuste Netz-Infrastruktur Amazons, auf der bereits jetzt viele Unternehmen ihre gesamten Online-Aktivitäten hosten.
Wollte man bislang herausfinden, was die Nutzer im Netz tun, musste man ihr Verhalten mühsam über Webanalytics-Tools tracken. Etabliert sich das Surfen via EC2, kommt quasi der permanente Blick über die Schulter. Amazon weiß so, was Silk-Nutzer online tun, was sie klicken, was sie suchen und was sie kaufen. Kombiniert mit den persönlichen Informationen – Amazon ist angeblich der größte Inhaber von Kreditkarten-Daten – wird daraus pures Gold.
Auf einen Schlag wäre Amazon in der Lage, besser zielgerichtete Werbung zu schalten als die bisherigen Platzhirschen Google und Facebook. Bislang kamen Werbungtreibende um die beiden nicht herum.
Nun macht Amazon „Meta-Werbung“ möglich: die Werbung um die Werbung. Schon einmal gab es einen solchen Versuch, der schon ein Jahrzehnt zurückliegt: germany.net. Als das Internet laufen lernte, bot der Call-by-Call-Provider Internetzugänge an, die bis auf die Telefongebühren kostenlos waren – finanziert durch eingeblendete Werbeanzeigen. Ein Modell, das sich nie so richtig durchsetzte.
Damals jedoch waren die Analyticsmethoden noch nicht entwickelt, Targeting so gut wie unmöglich. Aktuelle Technologien erlauben jedoch die Bildung trennschärfster Segmente.
Google und Facebook könnten hier ihre Dominanz eines Tages einbüßen, weil ihr Informationsvorsprung in Gefahr ist. Setzt sich „Split-Browsing“ durch, gäbe es nichts, was Amazon nicht wüsste – ein mächtiges Drohmittel. Es könnte seiner Konkurrenz wichtige Daten vorenthalten, indem sie beim Weg durch die Amazon-Cloud herausgefiltert würden.
Im Gegenzug wäre es natürlich denkbar, dass Webseitenbetreiber das Caching durch Amazon untersagen, um den direkten Draht zum Surfer nicht zu verlieren.
Noch ist das alles nicht entschieden. Fest jedoch steht: Im Spiel der Giganten hat sich Amazon machtvoll zu Wort gemeldet.
Das Internet kann dadurch nur noch besser werden.

Sind Amazon, Apple, Facebook und Google die neuen Banken?

Social war gestern. Jetzt geht es um die Identität der Konsumenten, und morgen um ihre Bankkonten. Die vier apokalyptischen Reiter des Internets – Amazon, Apple, Facebook und Google – liefern sich derzeit eine Schlacht um die Nutzerkonten, die bald schon in einen Kampf um die Girokonten münden könnte.
Deshalb sind bei Google+ keine anonymen Nutzerkonten möglich – wie bei Amazon und Apple übrigens, und auch Facebook erlaubt keine Pseudonyme oder anonyme Accounts (obwohl das in der Praxis bis jetzt nicht strikt durchgesetzt wird). Google+ ist mehr als nur ein Social Network oder die Antwort auf Facebook – es ist Googles Identitätsdienst, künftig Personalausweis und Kreditkarte zugleich.
Wie wir künftig im Netz – und nicht nur dort, sondern auch in der physischen Welt – bezahlen, hinter dieser Frage steckt buchstäblich jede Menge Geld. Wenn ich mein Girokonto erst einmal bei Amazon, Apple, Facebook oder Google habe, dann können Bezahlvorgänge im Netz ohne Beteiligung des herkömmlichen Bankensystems stattfinden.
Recht weit vorne in diesem Rennen liegt übrigens Paypal, das in Europa bereits eine Bank ist und über ein Jahrzehnt Erfahrung mit Zahlungsprozessen hat. Interessanterweise gehört Paypal nicht zu einem der Großen Vier, sondern zu Ebay, und ist deshalb etwas aus dem Fokus geraten. Holger Spielberg von Paypal hat auf der NEXT11 einen guten Überblick über diesen spannenden Markt gegeben.
Amazon hat von je her Zahlungsdaten seiner Kunden, bietet schon länger eine eigene Kreditkarte an und führt bereits Guthaben, bis jetzt in Form von Gutscheinen. Jüngstes Beispiel ist das Trade-In-Programm für den Ankauf gebrauchter Ware gegen Amazon-Guthaben.
Apple nimmt sich im Vergleich dazu recht spartanisch aus: Ohne Kredit- oder Guthabenkarte geht nichts. Was umgekehrt aber bedeutet, dass mit jedem Apple-Konto ein Zahlungsweg verbunden ist. Und Facebook hat längst eine eigene Währung, mit der ich früher oder später auch anderswo im Netz (oder gar in der physischen Welt, mit meinem Facebook Phone) werde bezahlen können.
Eins ist klar: Google Wallet ist nur der Anfang. Die vier Musketiere werden sich früher oder später im Wettbewerb mit den etablierten, krisengeschüttelten Banken wiederfinden. Die Finanzbranche ist längst reif für die digitale Revolution. Chris Skinner sieht die Reformation im Bankensektor bereits am Horizont.
Chris Skinner hält nächste Woche die Keynote auf der ersten NEXT Finance in Frankfurt/Main. Sein Thema: Why Banking Will Disappear But Banks Will Not … Well, Not All of Them. Übrigens die Antithese zu einer berühmten Sentenz von Bill Gates: Banking is necessary, banks are not.
[via]
Nachtrag: Thilo Specht schreibt heute praktisch gleichzeitig (und als Antwort auf Wolfgang Lünenbürger-Reidenbachs Todesprognose für Facebook):

Facebook hat nicht nur über 700 Millionen Datensätze, sondern über 700 Millionen Kunden. Man stelle sich vor, das Unternehmen erwirbt eine Banklizenz und bietet seinen Bestandskunden (Online-)Banking- und Investment-Produkte an. Auf der Grundlage von Markt- UND Netzwerkeigenen Daten. Inklusive sicherer Bezahlmöglichkeiten in den großen Shops wie Amazon, eBay und Co. (Tschüss Paypal, ich kann mir Deine Passwörter sowieso nie merken). Direktüberweisungen direkt aus dem Profil heraus, an das Profil eines anderen Mitglieds. Mobile Payment. Hört ihr sie rascheln, die Scheinchen? Die Facebook International Bank kann global agieren, weil sie schon überall vor Ort ist. Weil die Kunden schon alle an Bord sind. Weil die Investmentprojekte schon alle Facebook-Seiten haben. Weil die Infrastruktur schon steht.

Google, Motorola und der unaufhaltsame Aufstieg der geschlossenen Systeme

Hardware ist plötzlich wieder sexy. Steve Jobs wusste immer, dass erfolgreiche Produkte die Kontrolle über den gesamten Stapel aus Hardware, Software, User Experience, Ökosystem und geistigem Eigentum brauchen. Google hat diese Lektion auf die harte Tour lernen müssen, der Erwerb von Motorola spricht Bände.
Android ist an mehreren Fronten an seine Grenzen gestoßen: Die große Gerätevielfalt, zwar Wachstumstreiber, bringt inkonsistente Nutzererlebnisse und langwierige Aktualisierungszyklen mit sich. Die Offenheit erlaubt den Mobilfunkbetreibern, die Geräte mit eigener Müllsoftware zu verstopfen. Und Patentstreitigkeiten bedrohen das gesamte Projekt.
In dieser Lage ist der Schritt hin zu einem integrierten Modell nach dem großen Vorbild Apple, immerhin an der Börse die teuerste Firma der Welt, ein Befreiungsschlag. Der Kauf von Motorola, gegen den die bisher größten Akquisitionen wie Doubleclick und Youtube eher übersichtlich erscheinen, ist auch eine Wette darauf, dass Google das bessere iPhone bauen kann. In der Hoffnung, dass sie es dann auch in den Markt bekommen.
Damit sind drei der vier apokalyptischen Reiter des Internets jetzt auch im Bereich Hardware engagiert. Google ist der dritte im Bunde, nach Apple und Amazon, das mit dem Kindle bereits ein Hardware-Standbein hat und Spekulationen zufolge mit einem Tablet für unschlagbare 249 Dollar bald ein weiteres haben könnte.
Momentan scheint nur der vierte Reiter Facebook von Hardware noch weit entfernt zu sein. Doch auch das könnte sich schnell ändern, ist doch Facebook mit Microsoft liiert, und Microsoft wiederum gehört nicht nur Skype, sondern womöglich bald auch Nokia. Jedenfalls dann, wenn Steve Ballmer und seine Mannen an das integrierte Modell glauben, das sie mit der Xbox schon einmal realisiert haben.
Das Szenario könnte so aussehen: Microsoft kauft nach Skype auch Nokia und baut aus den drei Komponenten Hardware, Betriebssystem und Skype ein integriertes Windows Phone, möglicherweise unter einer neuen Marke. Hier käme dann Facebook als Messenger und Social Graph ins Spiel. Ein Facebook Phone mit eingebautem Skype auf Hardware von Nokia und Betriebssystem von Microsoft?
Im Smartphonemarkt bleiben noch RIM/Blackberry, HP/webOS und Samsung/Bada übrig – alle drei kontrollieren Hardware wie Software und auch den übrigen Stapel. Kaum zu glauben, aber nach dem Kauf von Motorola ist Microsoft Windows Phone die offenste mobile Plattform – solange Nokia noch nicht eingemeindet ist.
Im säkularen Krieg zwischen offenen und geschlossenen Systemen schwingt das Pendel jedenfalls derzeit stark in Richtung totale Kontrolle. Und der Kampf um die führende mobile Plattform, der bis jetzt zwischen iOS und Android tobte, geht in eine neue Runde.

Die vier apokalyptischen Reiter des Internets: Amazon, Google, Apple und Facebook

In der Frühphase des Fischmarkts, so im Jahr 2005, war hier gelegentlich von der AEG-Troika die Rede, bestehend aus Amazon, Ebay und Google. Zwei davon sind auch heute noch höchst relevant für die Entwicklung des Web, nur Ebay hat sich längst aus dem Kreis der tonangebenden Unternehmen verschiedet. Daran wird wohl auch die jüngst angekündigte Komplettübernahme von Magento nicht mehr viel ändern.

Google-Chairman Eric Schmidt hat den verbliebenen zwei Troikanern letzte Woche mit Apple und Facebook zwei weitere hinzugefügt und die Gruppe als die Four Horsemen bezeichnet. Das ist ein schillernder Begriff: Zuletzt trug eine Wrestling-Gruppe diesen Namen. Auf eine andere Spur führt ein gleichnamiger Spielfilm aus dem Jahr 1921: die vier apokalyptischen Reiter, die Seuche, Hunger, Tod und Krieg bringen. Doch ob Eric Schmidt diese endzeitliche Vision im Kopf hatte?
Für Eric Schmidt sind diese vier, Google, Apple, Amazon und Facebook, die treibenden Kräfte der Konsumentenrevolution im Web. Alle vier sind Plattformen, ihr gesamter Börsenwert liegt bei mehr als einer halben Billiarde Dollar, und sie spielen eine dominante Rolle, wie sie in den 90er Jahren zuletzt Microsoft hatte, damals zusammen mit Intel, Cisco und Dell. Microsoft ist Schmidt zufolge keine Triebkraft dieser Revolution des digitalen Konsumenten mehr.
Jeder der vier apokalyptischen Reiter hat eine spezielle Stärke: Suche (Google), Social (Facebook), Commerce (Amazon) und Hardware (Apple). Innerhalb dieser Gang of Four gibt es gleichzeitig Kooperation wie auch Wettbewerb, was mit der enormen Dynamik im Web zusammenhängt, und zwar in beiden Richtungen – als Ursache und als Wirkung: Dynamik erzwingt Kooperation, Wettbewerb erzeugt Dynamik. Gleichzeitig verschiebt sich die Macht immer mehr weg vom Produzenten hin zum Konsumenten.
Die vier apokalyptischen Reiter sind gleichzeitig Treiber und Getriebene dieser Machtverschiebung. Diese Ambivalenz ist schon im Konzept Plattform angelegt: Eine Plattform ist immer zu einem gewissen Grad offen für Dritte, auch für Wettbewerber, und ohne diese ist eine Plattform nutzlos. Doch Plattformen geben ihren Nutzern ein Stück Macht. Plattformen machen zum Beispiel Konsumenten zu Verkäufern (Amazon) oder zu Produzenten (Apple). Der Erfolg digitaler Plattformen treibt die Revolution immer weiter voran.
Interessant ist auch, was in dieser Vierergruppe noch fehlt – eine dominante Plattform im mobilen Bereich. Über die nächsten Jahre wird zu beobachten sein, ob sich eine solche herausbildet, ob ein neuer apokalyptischer Reiter auftritt oder einer der vier das Thema auf Dauer besetzen kann. Apple oder Google, iOS oder Android – das ist hier die Frage.

Neun Prognosen für 2011

Mit meinen Prognosen für das neue Jahr bin ich traditionell spät dran. Was steht an für 2011?

  1. Die Generation Internet bleibt auch in diesem Jahr draußen vor der Tür. Die Geburtsjahrgänge ab 1991 sind zahlenmäßig zu schwach, um sich in einer alternden Gesellschaft durchzusetzen, in der Rentner, Pensionäre und Sozialleistungsempfänger den Ton angeben.
  2. Das Leistungsschutzrecht für verlegerische Leistungen, bereits 2009 im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP verankert, steht auch 2011 noch auf der Agenda, Mario Sixtus zum Trotz.
  3. Datenschutz und digitale Privatsphäre sind das große Thema des Jahres. Eine neue Generation von Start-ups wie MyCube und Personal bringt konstruktive Lösungen für das Dilemma zwischen digitaler Privatsphäre und Social (the animal formerly known as Social Media).
  4. Das nächste Buch von Jeff Jarvis (Public Parts) gibt dieser Debatte erst richtig Schwung. Es erscheint in diesem Jahr, die deutsche Ausgabe wird unter dem Titel Das Deutsche Paradoxon publiziert.
  5. Der Werbemarkt wächst auch 2011 leicht. Die Gewinner sind Online- und TV-Werbung, nicht zuletzt wegen der zunehmenden Konvergenz ihrer Technologien.
  6. Apple TV bekommt noch in diesem Jahr einen App Store. Damit überträgt Steve Jobs das Erfolgsmodell von iTunes, iPhone, iPad und Mac App Store auf das Fernsehen. Google TV nimmt einen zweiten Anlauf im Weihnachtsgeschäft 2011.
  7. Das App-Fieber des vergangenen Jahres klingt weiter ab, aber das neue Paradigma setzt sich durch. Mac App Store, Chrome OS – alles wird App. Sogar Microsoft kündigt einen App Store für Windows an, der aber nicht vor 2013 starten wird.
  8. Das digitale Buch hebt endgültig ab. Amazon bringt den Kindle Store nach Deutschland, Google Books lässt noch auf sich warten, die Sortimente der übrigen Anbieter werden größer.
  9. Facebook geht 2011 an die Börse. Der Börsengang schlägt alles, was im digitalen Bereich bis jetzt da war. Es ist ein Meilenstein wie die IPOs von Netscape und Google.

Was meinen Sie? Welche Themen bestimmen das Jahr 2011?