Grid Computing ist eine Technologie, bei der Hardware- und Softwareressourcen über das Internet verbunden werden – ungeachtet ihres jeweiligen geographischen Standortes. Anstatt in die eigene IT investieren zu müssen, kann durch die Grid-Technologie standortunabhängig auf große Rechenkapazitäten und Spezialressourcen On-Demand zugegriffen werden. Der Zusammenschluss ermöglicht damit eine effizientere Nutzung vorhandener IT-Ressourcen. Diese sollen flexibel zuschaltbar angeboten werden – durch eine geeignete Technologie flexibel zur Erledigung verschiedenster Aufgaben und Anfragen in einem Rechenverbund, dem Grid (abgeleitet von „Grid-Computing“, in Anlehnung an den englischen Begriff power grid = Stromnetz). Oft wird das Bild von der Rechenleistung aus der Steckdose bemüht, das den Anforderungen und Problemen im Grid Computing natürlich nur teilweise gerecht wird.
Nachdem aus technischer Sicht viele Probleme bereits gelöst sind, nähert sich die Technologie der Marktreife: So ist Amazon mit seinem Elastic Compute Cloud (EC2) bereits in einem fortgeschrittenen Beta-Status und Plattformen wie Shoppero nutzen bereits diese virtuelle Rechenleistung. Dabei können die Kosten für den Rechenbetrieb deutlich gesenkt werden, während gleichzeitig die Verfügbarkeit gesteigert werden kann.
In Japan kündigten kürzlich United Devices (UD) und Nippon Telephone and Telegraph West (NTT West) das erste kommerzielle Prosumer-Grid an, in dem Privatleute und Unternehmen gleichzeitig als Konsument sowie als Produzent von Rechenleistung auftreten können. Dabei nutzt NTT West das Breitband als Zugang zu den PCs seiner Kunden, um grid-basierte Applikationen von Unternehmen dort ausführen zu lassen. Produzenten von Rechenleistung werden entsprechend entlohnt, während die konsumierenden Unternehmen dafür zahlen müssen. NTT West verdient an der Bereitstellung der Infrastruktur und dem Matching der Partner.
Aus wissenschaftlicher Sicht ergeben sich für Wirtschaftswissenschaftler mit der Marktreife dieser neuen Technologie neue Fragestellungen wie die Gestaltung optimaler Preismodelle, die Ausarbeitung erfolgversprechender Geschäftsmodelle und die Frage nach der Adaption der neuen Technologie. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern aus Informatik, Wirtschaftsinformatik und Marketing stelle ich mich als Teil des FinGrid-Projektes diesen neuen Fragen im Banken- und Finanzdienstleistungssektor.
Wir hoffen, dass durch den Einsatz von Grid-Technologie und die damit einhergehende Virtualisierung von Ressourcen eben diese besser genutzt werden. Dadurch werden Kosten gesenkt, und gleichzeitig können die allgemein verfügbare Rechenleistung, die Quality of Service und die Nachhaltigkeit gesteigert werden. Gespannt darf man sein, inwieweit diese Technologie den Privatanwender beeinflussen wird, oder ob Grid-Technologie lediglich die IT-Infrastruktur der Unternehmen verändern wird.
Allgemein
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Suchmaschinenmarketing nicht immer profitabel
Als wichtigste Konferenz im Bereich Marketingforschung gilt die INFORMS Marketing Science Conference, die in diesem Jahr in Singapur stattfand. In über 600 Vorträgen wurden dort aktuelle Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.
Ein wichtiges Thema war das Suchmaschinenmarketing. Im Jahr 2007 werden aktuellen Prognosen zufolge weltweit 2,5 Mrd. US$ für Suchmaschinenmarketing allein bei Google Inc. ausgeben. Im Suchmaschinenmarketing werden, in Abhängigkeit von dem in der Suchmaschine eingegebenen Suchbegriff, oberhalb und rechts neben den durch Suchalgorithmen ermittelten Suchergebnissen Textanzeigen geschaltet.
Während der Preis für klassische Werbung typischerweise über den Tausender-Kontakt-Preis (TKP), der den Preis für 1000 erreichte Konsumenten angibt, bestimmt wird, erfolgt die Vergütung im Suchmaschinenmarketing performance-basiert pro Klick. Der Preis pro Klick und der Rang der Anzeige werden pro Suchbegriff durch eine so genannte Keyword-Auktion, eine verdeckte Zweitpreis-Auktion, bestimmt. Hierbei geben werbetreibende Unternehmen Gebote über den Preis pro Klick ab, den sie maximal zu zahlen bereit sind.
Die höchsten Preise, bis zu 10 € pro Klick auf oberen Rängen, werden derzeit von Versicherungen und Banken bezahlt. Ränge weiter oben sind für Finanzdienstleister attraktiv, da sie stärker wahrgenommen werden und somit zu mehr Klicks und mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Kunden führen. Allerdings sind auch die Preise pro Klick höher.
Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen jedoch: Die im Management von Suchmaschinenkampagnen derzeit stark verbreiteten heuristischen Regeln zur Gebotsabgabe wie „immer auf einer der 3 obersten Ränge“ können vielfach dazu führen, dass die über Suchmaschinenmarketing akquirierten Kunden nicht mehr profitabel sind.
Die von Eva Gerstmeier, Dr. Tanja Stepanchuk und Prof. Dr. Bernd Skiera vorgestellten Ergebnisse weisen nach: Ausschließlich die Verwendung wirtschaftlicher Erfolgsgrößen in Verbindung mit sorgfältigem Tracking und präzisen Erfolgsmessungen garantieren den profitablen Einsatz der wachsenden Suchmaschinenmarketingbudgets. Heuristiken führen in der Regel zu deutlichen Abweichungen vom Optimum. Der Vortrag fand große Resonanz unter den Zuhörern, und weitere Information sind hier zu finden.
Im gleichen Track habe ich auch meine Arbeit präsentiert, die sich mit dem Einfluss der sozialen Position auf das Gebotsverhalten in Name-Your-Own-Price-Auktionen beschäftigt. Es handelt sich dabei um eine detaillierte Ausarbeitung der bereits im April vorgestellten Arbeit.
Hier zwei Fotos, die das traditionelle und moderne Singapur zeigen.
Würden Sie in die Idee investieren?
gefunden bei Robert Basic
Wege aus der E-Mail-Hölle
Nach vier Tagen der Trauer und Klage über den Niedergang des einst glanzvollen Mediums Mail ist es nun Zeit für den Blick nach vorn. Gibt es Auswege aus der E-Mail-Hölle?
An dieser Stelle möchte ich nicht mit einem weiteren Aufguss der GTD-Methode langweilen. Das Thema hebe ich mir für später auf, und außerdem folgt meine Mailbearbeitungsroutine, jedenfalls in der Theorie, dem Modell von Meister Allen.
E-Mail wird überbewertet und wird sich nicht durchsetzen, war meine Ausgangsthese am Montag dieser Woche, etwas präzisiert am Mittwoch. Gestern habe ich das Paradox der fragmentierten Kommunikation formuliert: E-Mail verliert seine Bedeutung als Kommunikationswerkzeug, gewinnt aber an Bedeutung als Alert-Box, die mich auf anderswo stattfindende Kommunikationsereignisse aufmerksam macht.
Is e-mail the ultimate social environment, fragt Om Malik. Weniger ein Social Network als ein relationship and interaction manager that aggregates various social web services? Om Malik hasst Mail genau wie ich, aber sieht eine Riesenchance, das Medium neu zu erfinden.
Wie kann das aussehen? Beginnen wir am oberen Ende des Marktes – dort, wo Microsoft mit MS Exchange (2005: 33 % Marktanteil in Unternehmen) und MS Outlook (> 60%) dominiert. Outlook mag manchem indiskutabel erscheinen, jeder hasst es, aber fast jeder hat es auch. So wie einst Lotus Notes/Domino in großen Konzernen der Standard waren und zum Teil auch heute noch sind.
Xobni (rückwärts für Inbox) hat jüngst ein beeindruckendes Plugin für Outlook vorgestellt, das viele der in der Mailflut enthaltenen Informationen verarbeitet und nutzbar macht: Wer sendet mir wann wieviel Mail? Wieviel Mail sende ich wem? Welche Telefonnummern haben meine Kontakte? Welche Dateien tauschen wir aus?
Xobni erschließt so das soziale Netzwerk, das sich in der Mail dokumentiert. (Soweit es sich heute noch dort dokumentiert und nicht schon auf andere Plattformen abgewandert ist.) Spätere Versionen sollen auch andere Quellen wie flickr oder Twitter anbinden – vermutlich alles, was einen RSS-Feed liefern kann.
Xoopit geht den umgekehrten Weg und konstruiert eine Art Meta-Inbox für alle möglichen Webdienste:
The entire system is built to bring all types of web services right into the inbox. You go to the Xoopit web site, sign up, and input either your POP3 or IMAP mail server information. The messages immediately start getting pulled into your Xoopit account. If you have an IMAP server, then the messages reconcile with your original inbox. From here on Xoopit lets you view your inbox (and your attachments) in many different ways.
Take photos, for example. Most of us end up emailing photos (or links to photos) to each other. Links of photos are used to access them, while attachments are used to get a “preview.” The Xoopit GUI makes it easy to see photos on a grid, much like you would on, say, an iPhoto. On social networks photos are shared via some sort of a photo (or slideshow) widget. In this case, the email environment becomes the place where you can experience photos and videos. The next obvious step for Xoopit is to bring in Twitter and other such services into their playground.
Zwei spannende Ansätze, die nur ahnen lassen, welche Innovationsschübe auch das älteste Kommunikationsmedium im Internet noch vor sich haben könnte. Gmail war nur der Anfang.
Einen simplen Rat möchte ich jenen Lesern, die bis hierhin durchgehalten haben, nicht vorenthalten. Er stammt nicht von mir, aber er klingt charmant: Think of e-mail as a river, not a pond.
Der Reiz von Twitter ist, dass ich jederzeit ein- und aussteigen kann. Es ist wie der Agenturticker, den ich 1993 als freier Mitarbeiter beim öffentlich-rechtlichen Radio verfolgen musste, wenn ich als Redakteur für die tagesaktuelle Informationssendung Dienst tat.
Niemand liest alte Agenturmeldungen nach, wenn er eine aktuelle Sendung machen muss. Genauso kann man es auch mit Mail halten: Man reserviere eine Stunde für die Mailbearbeitung, beginne mit der neuesten Nachricht und arbeite sich rückwärts durch. Ist die Zeit vorbei, wird der unbearbeitete Rest gelöscht. Oder, für die Mailhamster unter uns, in einem Ordner abgelegt und nie wieder angeschaut.
Am Ende dieser Woche meldet mein Posteingang 1464 Elemente, davon 610 ungelesen. Ein Schmankerl noch: E-mail ain’t going away
Was geschieht mit meiner Mail?
Die kleine Fischmarkt-Reihe aus der E-Mail-Hölle erzeugt erfreulich viel Resonanz. Offensichtlich trifft das Thema einen Nerv. Schön auch die Reihe der bestorganisierten Mailhelden, die in den Kommentaren zu bewundern ist. Noch mehr würde ich mich freuen, wenn sich auch einmal der eine oder andere Mailversager Leidensgenosse zu Wort meldete.
Es ist nicht so, dass ich nicht wüsste, wie Mail effizient und effektiv zu bearbeiten ist. Nein, ich kann es sogar einigermaßen. Im April war meine Inbox zero. Aber dann kam die Realität dazwischen.
Es gibt nämlich auch noch ein Leben außerhalb von Outlook, und traurigerweise wird dort das Geld verdient. Niemand wird dafür bezahlt, Mail zu bearbeiten. Die Ausnahme mögen Call Center sein, aber das ist ein anderes Thema.
Nein, ich habe mich seit April mehrfach dafür entschieden, meine Mail nicht zu bearbeiten und stattdessen etwas Sinnvolleres zu tun. Zum Beispiel im Urlaub – da lese ich zwar Mail, aber ich bearbeite sie nicht. Hey, ich habe schließlich Urlaub.
Heute werfen wir einen kleinen Blick in meinen Mailbearbeitungsprozess. Was geschieht mit einer kleinen, unschuldigen Mail, nachdem sie den ersten Mailserver meines Arbeitgebers erreicht hat?
- Eine Instanz des spamassassin filtert den gröbsten Mist heraus. Ich lese alle Sammeladressen wie info@ oder presse@ – einer muss es ja tun, und bei uns tun das mehrere Leute. Wir sind über diese Adressen erreichbar und reagieren auch. Den Preis des Spamaufkommens zahlen wir ungern dafür, aber wir zahlen ihn.
- Der eingebaute Junk-Filter von Outlook filtert ein zweites Mal. Und den Rest erwischt dann zum größten Teil das Spambayes-Plugin für Outlook. Bei diesem Prozess bleibt auch mal legitime Mail im Spamfilter hängen, aber ein bisschen Schwund ist immer.
- Der Rest landet im Posteingang und nur dort. Früher hatte ich Filterregeln, die zum Beispiel die Mail an Sammeladressen in separate Ordner sortiert haben. Mit den Ergebnis, dass ich nicht einen Posteingang, sondern gleich mehrere hatte – und wichtige Mails übersah. (Mehr zum Thema multiple Posteingangskörbe morgen an dieser Stelle.)
- Wenn ich Mail bearbeite, dann beginne ich – nach dem LIFO-Prinzip – mit der neuesten Mail.
- Was ich nicht brauche, wird sofort gelöscht.
- Was ich binnen ungefähr zwei Minuten beantworten kann, beantworte ich sofort.
- Was mehr Zeit zur Antwort erfordert, kommt in den Ordner „Zu beantworten“.
- Was eine konkrete Aufgabe beschreibt, landet im Ordner „Nächste Aktionen“.
- Was ich später lesen möchte, versenke ich im Ordner „Wiedervorlage“.
- Was ich vielleicht irgendwann später bearbeiten möchte, wandert in den Ordner „Irgendwann/Vielleicht“.
- Was keinerlei Aktion erfordert, aber weiterhin Wert hat, lege ich in „Für die Akten“ ab.
- Danach würde ich, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, die Ordner in der oben beschriebenen Reihenfolge abarbeiten. Eine bearbeitete Mail, die eine Antwort erfordert, lagere ich in „Wartet auf Antwort“ zwischen. Den letzten Ordner „Für die Akten“ besuche ich nur noch via Suche.
- Dank Google Desktop finde ich so gut wie jede Mail, die ich brauche. Egal in welchem Ordner sie liegt. Was ich nicht finde, erfüllt meistens ohnehin nicht die Mindeststandards an Verständlichkeit (wie aussagekräftige Betreffzeile oder Verwendung brauchbarer Stichworte).
Ich glaube an das Gmail-Motto: Search, don’t sort. Don’t throw anything away hingegen lässt sich beim heutigen Mailaufkommen nicht mehr sinnvoll durchhalten.
Warum läuft mein Posteingang trotzdem voll? Weil der Gesamtaufwand für diesen Bearbeitungsprozess das Maß an Zeit und Aufmerksamkeit übersteigt, das durch die Ergebnisse zu rechtfertigen wäre.
Ich stelle radikal die Sinnfrage: Welchen Wert schafft Mail? Und wenn, wie in meinem Fall, Mail kaum noch Wert schafft, sondern Wert vernichtet, was sind dann die Alternativen?
Mail wird überbewertet heißt: Mail nimmt im Kommunikationsmix heute einen größeren Platz ein als ihrer Wertschöpfung angemessen wäre. Mail wird sich nicht durchsetzen heißt: Die Bedeutung der Mail wird abnehmen, weil es bessere Alternativen gibt und die jüngste Generation sie längst selbstverständlich nutzt.
In der Tat, Mails werden unwichtiger, die Alternativen nehmen an Bedeutung zu. Dazu morgen mehr, bevor wir uns am Freitag mit Lösungsansätzen beschäftigen.
Blick in den Postkorb
Donald E. Knuth (ja, der Knuth) ist seiner persönlichen E-Mail-Hölle am 1. Januar 1990 entkommen. Seitdem benutzt er keine E-Mail mehr. Dem 1992 emeritierten Gelehrten mag diese Abstinenz noch möglich gewesen sein. Heute sind die meisten Nutzer zur E-Mail gezwungen.
Büroarbeitsplätze sind in vielen Branchen flächendeckend mit Mail ausgestattet. Angestellte kommunizieren via Mail mit Kunden, Lieferanten und Dienstleistern. Weil sie es müssen. Eine Mailadresse ist wie eine Aufforderung an die ganze Welt, Mail zu schicken. Und die Welt zögert nicht, es zu tun. Selbst die interne Kommunikation läuft häufig per Mail. Oder läuft nicht, weil Mails einfach nicht gelesen werden.
Die jüngste Generation verweigert sich bereits dem kollektiven Druck und weicht auf eine flexible Kombination von Instant Messaging und SMS aus. Auch ein Grund für die Attraktivität und das Potential von Twitter.
Just ask a group of teen Internet entrepreneurs, who readily admit that traditional e-mail is better suited for keeping up professional relationships or communicating with adults.
Ein schneller Blick in den Posteingang von heute früh: Er enthält 1398 Elemente, davon 577 ungelesen. Das älteste trägt das Datum 13. April 2007. Im April war mein Postkorb leer. 414 Mails stammen aus der Zeit vom 13. April bis 3. Mai. Zwischen dem 3. Mai und dem 8. Juni gibt es genau eine Mail. 577 Mails datieren vom 13. Juli bis 12. August – der größte Teil von ihnen stammt aus der Urlaubszeit.
Hier die letzten zwanzig Mails im Postkorb, eingegangen zwischen 15.21 Uhr gestern und 10.13 Uhr heute. Dazu kamen 6 Spamverdächtige sowie 489 und 131 Spams (in zwei verschiedenen Ordnern).
In diesem Fall sind vier echte Mails darunter, die kein Spam, kein Newsletter und keine Hinweis-Mails von Blogs, Xing, der Stundenerfassung, Facebook oder Twitter sind. Kein Problem, dieser Poststapel ist schnell bearbeitet.
Schwierig wird es nur dann, wenn ich dem Posteingangskorb einmal nicht diese liebevolle Aufmerksamkeit widmen kann, weil ich im Urlaub, auf Reisen, in Besprechungen oder auch einfach nur sehr beschäftigt bin. Dann läuft ein Rückstand auf, den zu bearbeiten sich kaum lohnt.
Die kleine Stichprobe zeigt nämlich, wie wenig tatsächlicher Wert in der Mail enthalten ist. Die meisten Newsletter bekomme ich ungefragt, weil sie an generische Adressen (info@, presse@ etc.) geschickt werden. Meistens lassen sie sich nicht abbestellen. Kein Problem, ich lösche sie einfach.
Die Blog-, Xing-, Facebook- oder Twitter-Mails nehme ich zur Kenntnis und lösche sie ebenfalls. Bleiben eine projektbezogene Mail, die ich zu den Akten lege, und drei blogbezogene Fehlermeldungen, die ich bearbeite, beantworte oder weiterleite.
Nichts gegen die vier nützlichen Mails, aber welchen Wert hat der Rest? Ergotherapie? In der Zwischenzeit sind übrigens schon wieder neue gekommen. Es gibt Tage, da könnte ich von morgens bis abends nur Mail bearbeiten. Aber was hätte ich damit gewonnen – außer einem Fleißbienchen und dem guten Gefühl, das sich beim Anblick einer leeren Inbox einstellt? Wo ist die Wertschöpfung?
E-Mail ist die Hölle
Lawrence Lessig hat es schon 2004 getan, Fred Wilson im April 2007: Sie erklärten ihren E-Mail-Bankrott (e-mail bankruptcy) und löschten den gesamten Posteingangskorb.
Ähnlich wie der finanzielle Bankrott bleibt die Pleite der Elektropost der einzige Ausweg, wenn die schiere Menge rückständiger Mail nicht mehr beherrschbar erscheint. Früher oder später kommt der Punkt, an dem allein die Mail alle verfügbare Aufmerksamkeit und Arbeitskraft beansprucht. Dann ist Schluss mit lustig.
E-Mail hat längst den Punkt überschritten, bis zu dem ihr Beitrag zur Wertschöpfung noch positiv war. Heute frisst sie mehr, als sie einbringt. Schuld daran ist die Inflation. Das Mailaufkommen hat sich dermaßen ins Astronomische erhöht, dass der Wert einer einzelnen Mail ins Bodenlose gesunken ist.
In den Posteingangsfächern (und für die besser Organisierten: in Zillionen von Ordnern) sammelt sich ein enormer Berg an Mailschulden an. Ähnlich wie bei der Staatsverschuldung ist kein Ansatz in Sicht, wie diese Schulden jemals zurückgezahlt werden könnten.
Die Summe der ungelesenen, unbearbeiteten, unbeantworteten oder ungelöschten Mails ist das exakte Maß für die Differenz zwischen Aufwand und Ertrag des Mediums Mail insgesamt. Je geringer der Nutzen, desto geringer sinnvollerweise die für die Bearbeitung aufgewendete Zeit – und desto größer der Mail-Rückstand.
Die gute, alte E-Mail ist das älteste aller interaktiven, sozialen und kollaborativen Werkzeuge und hat schon den weitesten Weg im Technology Adoption Lifecycle zurückgelegt. Während der spätere Teil der Mehrheit das Medium gerade erst für sich entdeckt, ist das Signal-Stör-Verhältnis bereits denkbar schlecht.
Auf dem Fischmarkt werden wir uns in dieser Woche ausführlich mit dem Phänomen Mail und den Ursachen der Krise befassen. Ob es auch zu Lösungen reicht, das werden wir sehen. Ich möchte nicht zuviel versprechen. Klar scheint mir aber:
E-Mail wird überbewertet. Und wird sich nicht durchsetzen.
Aktueller Stand in meinem Posteingang: 1384 Elemente, davon 568 ungelesen.
Fischmarkt auf der OMD
Auch in diesem Jahr haben wir (Achtung, Floskelalarm!) weder Kosten noch Mühen gescheut, um unseren treuen Lesern auf der OMD den Fischmarkt zu präsentieren. Diesmal in unmittelbarer Nachbarschaft zur Arena, wo ein Teil des Kongressprogramms stattfindet. Am 25. und 26. September in Düsseldorf.
Was ist Twitter?
Das Thema derzeit auf dem Fischmarkt: Micropublishing. Heute: Worüber reden wir eigentlich?
Was unterscheidet Twitter & Co. von, sagen wir mal, einem Blog? Da wäre zunächst die Kürze der einzelnen Einträge, in diesem Fall 140 Zeichen. Eine SMS hat 160 Zeichen. Es geht also in etwa um Dreizeiler, und das ist deutlich knapper als das notorische Drei-Absatz-Bloggen: Einleitung, Zitat, Schluss.
Mit der Kürze einher geht die Geschwindigkeit. Twittern ist wie SMS, Instant Messaging oder Chat: kurz und schnell. Gedanken, Beobachtungen, Ideen und Debatten zirkulieren via Twitter sehr viel schneller als in Blogs.
Twitter ist mobil und flexibel. Ich kann per Instant Messaging oder SMS twittern, den mobilen Twitter nutzen oder den Cellity-Tweeter installieren. Dank des Twitter API gibt es zahllose Twitter-Clients, also Software für fast jede erdenkliche Hardware.
Twitter ist deshalb nicht an den Arbeitsplatzrechner gebunden. Und da es auch per SMS funktioniert, ist kein hochgerüstetes Smartphone oder dergleichen nötig – Twitter ist simples Moblogging für die Massen.
Twittern heißt, eine Frage zu beantworten: „What are you doing?“ Wenn wir Twitterer uns daran halten würden, wäre Twitter vermutlich ziemlich langweilig. Chris Brogan schlägt in seinem Newbies Guide to Twitter eine andere Frage vor: „What has your attention right now?“
Twitter erschließt sich nur im Kontext. Wer twittern will, muss dem Getwitter anderer Leute folgen und wird früher oder später auch selbst Anhänger finden. So entstehen Dialoge. Man kann auch einfach Chat dazu sagen.
Twitter zeigt die Antworten anderer auf mein Getwitter in einer separaten Lasche auf der Website an. Und Twittermail liefert mir sogar Antworten per Mail, die ich sonst womöglich übersehen hätte.
Twitter ist für den, der es nicht anders will, öffentlich. Das ganze Getwitter ist im Web nachzulesen und wird von Google indiziert, mittlerweile sehr schnell. Via Twitter erreichen mich relevante Links in Echtzeit. Und Nachrichten. Und viel Belangloses.
Aber das schadet nicht. Dem Rat von Chris Brogan kann ich mich nur anschließen: Bloß nicht alles lesen, sondern den Twitterstream in Echtzeit verfolgen, wenn es gerade passt. Und sonst ignorieren.
Wenn ich es recht bedenke, ist das auch eine Methode, mit der ich meine knapp 1.000 RSS-Feeds verfolge: Ich schaue, was jetzt gerade anliegt. Und vergesse den Rest. Es wäre schön, wenn das mit Mail auch möglich wäre.
Micropublishing ist nun aber mehr als nur Twitter. Meine nächste Frage lautet daher: Was gibt es sonst noch? Dazu morgen mehr an dieser Stelle.
Ach, ich vergaß: Twitter gibt es selbstverständlich auch per RSS. Mit allen bekannten Vorteilen. Es gilt also wirklich keine der bekannten Ausreden, Twitter ist einfach überall. Nur nicht in Fernsehen, Radio oder Druckwerken.
Das übliche pseudokritische und mit Blödsinn versetzte Gewäsch schrieb jetzt.de im Frühjahr, als die erste Twitterwelle durch den deutschsprachigen Raum rauschte. Der Webworkblogger verfasste damals ein ausführliches Handbuch, das zwar nicht mehr in allen Details aktuell, aber immer noch nützlich ist.
Materialentfernung
Dieses Material befand sich bis heute früh in meinem rechten Sprunggelenk. Hier die Vorgeschichte dazu.