Flagship-Stores (1): Der Fall Adidas

Adidas eröffnet demnächst ein Adidas Performance Centre auf der Zeil in Frankfurt. Werbewunderland hat das Plakat, mit dem die Eröffnung beworben wird. Der wirklich grauenhaften Website von Adidas ist zu entnehmen, dass der neue Flagship-Store der fünfte seiner Art in Deutschland sein dürfte.

Adidas betreibt in Berlin, Köln und München sogenannte Adidas Originals Stores und einen Adidas Concept Store in Nürnberg. Ein weiteres Adidas Performance Center ist für Stuttgart annonciert (und die Schreibweise auf der Website in der Tat unterschiedlich: Centre in Frankfurt, Center in Stuttgart).

Und wo bleibt der Flagship-Store im Internet? Fehlanzeige. Adidas-Produkte gibt es laut Website im Champions Store der UEFA, bei Sport Scheck, bei Otto und bei All Blacks. Und natürlich bei Ebay, aber das wird den markenbewussten Strategen in Herzogenaurach wahrscheinlich nicht so sehr gefallen.

Markenerlebnisse

AdAge hat einen Artikel [kostenlose Registrierung erforderlich] über die keinesfalls neue, aber nach wie vor aktuelle Frage, ob der Massenmarkt tot sei. Rance Crain vertritt darin die These, dass dem keinesfalls so sei. Vielmehr seien die Agenturen schlicht nicht mehr kreativ genug, um klassische Werbung zu machen, die auch verkauft.

Kann sein. Brand Noise allerdings sieht die Sache etwas anders:

The new age of advertising has to leverage a "pull model".  The bad  in advertising  is pushing ideas into new channels without a sense of what value they have in the arenas people interact with them.  An old "push media" approach to emerging channels. We need to be seeking functioning brand experiences with consumers.  Brands that do – not just say. Great traditional creative can certainly play a role in this.  The question is how well we are orchestrating the "whole picture" to make the brand authentic and invited.

So ist es. Und an dieser Stelle sind klassische Agenturnetzwerke meistens völlig überfordert. Aber nicht, weil es ihnen an der nötigen Kreativität mangelt.

Outsourcing to Customer

Supermarkt"Der Kunde wird immer mehr zum besten und billigsten Mitarbeiter der Unternehmen. ‚Ourtsourcing to the Customer‘ steht für viele Anbieter im Zentrum der Strategieentwicklung" (Daniel Sieb, Das nächste große Ding im Handel, GDI_Impuls 4.04).

Wieso empfinden Millionen Menschen dieses Selbermachen als befreiend? Im Supermarkt: parken, rumlaufen, suchen, anstellen, draufpacken, bezahlen, eintüten, wegkarren. Online: Suchen, klicken, Daten eingeben, überweisen, auf den Versand warten. Sind es wirklich die gesparten Euros? Oder ist das Zwischenmenschliche der wahre Lustkiller beim Shoppen?

Mehr Flagship, weniger Outlet

Seltsam. Burberry, Louis Vuitton, Hilfiger oder Montblanc — die Luxusmeilen unserer Großtädte
erleben eine wahre Invasion von Flagship-Stores. Da werden keine Kosten &
Mühen gescheut, die Produkte aufwändig zu inzenieren. Toll! Und online? Tote
Hose. Keine Produkte, keine Informationen, keine Bezugsmöglichkeiten…

2005: noch immer dekorieren die Marken schicke Schaufenster
für den Samstagnachmittag-Bummel, reaktivieren ihre Klientel beim
Sonntagsbrunch in FAS & WAMS, um sie am Nachmittag Richtung Ebay zu
schleusen. Wer soll das verstehen?

Crossmedia revisited

Das Wort Crossmedia begegnet dem unvoreingenommenen Leser vor allem in der Kommunikationsfachpresse (zum Beispiel hier oder hier). Im Kern verbirgt sich dahinter die Idee klassischer Werbevermarkter, neben ihrem Stammgeschäft im Bereich Print oder TV auch noch ein wenig Onlinewerbung verkaufen zu können, um damit Umsatz und Deckungsbeitrag zu verbessern.

Es bleibt dann den Kreativen Agenturen überlassen, wie sie diese crossmedialen Werbeflächen bespielen wollen. Das Resultat sind oft Kampagnen, bei deren Anblick es der Sau graust. Eine Erklärung für dieses Phänomen bietet Andreas Göldi in seinem Blog mit dem etwas sperrigen Titel Beobachtungen zur Medienkonvergenz:

Ganz offensichtlich fehlt in der zersplitterten Kommunikationsbranche sehr viel Wissen über die Möglichkeiten der jeweils anderen Werbemedien. Selbst die grossen Werbekonzerne, die eigentlich alle Disziplinen in sich vereinen, haben es bisher kaum geschafft, ernstzunehmende Synergien hinzukriegen.

Als Ausrede wird gern der „dumme Kunde“ vorgeschoben, der ja leider nicht kapiert, was man mit Cross-Media alles machen könnte. Tatsächlich sind die Wissenslücken auf Kundenseite ebenfalls gross, aber sollte es nicht gerade die Aufgabe der Kommunikationsberater sein, das zu ändern?

Ich glaube sehr viel eher, dass die Werber genau den Fehler begehen, den sie ihren Kunden immer gerne vorwerfen: Sie konzentrieren sich auf das, was ihr Produkt kann und nicht darauf, was der Kunde braucht.
Strike!