It’s Entertainment

Der Tag danach. Knapp zwei Stunden Schlaf.
Blogger (wie auch Kongress- und Partyveranstalter) sind in der Entertainmentbranche tätig. Es ist völlig egal, was und worüber sie schreiben, solange es nur halbwegs unterhaltsam ist. Wem das nicht vorher klar war, der hat es spätestens verstanden, als Johnny Haeusler in Track I zur Klampfe griff und London Calling (The Clash) vortrug – das Intro vom Spreeblick-Podcast.
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Schön auch der Dialog im Veranstaltersprechfunk: „Was geht denn da soundmäßig gerade in Track I ab? – Ach, das ist nur eine Musikdemo.“
ix dazu:

johnny fing dann plötzlich an gitarre zu spielen und zu singen: „london calling“. danach erklärt er, der song hätte 4 akkorde und viel mehr einfluss auf die menschen gehabt, als 1000 powerpoint-präsentationen. fakt ist, dass als johnny gespielt hat mehr leute die veranstaltung verlassen haben, als bei jeder powerpoint-präsentation vorher.

Aber das war ja Teil des Konzepts, und außerdem kamen auch zehn neue Leute aus den anderen Tracks, als sie die Musike hörten. Wo gesungen wird, da lass dich ruhig nieder.
Jürgen Siebert meint im Fontblog:

Das kam gut an, war auch eine willkommene Abwechslung nach 2 Stunden Dampfplauderei. Irgendwie erinnert mich Johnny an Reinhard Mey, wenn er hektisch seinen Bürstenschnitt-Kopf ins Profil dreht, plötzlich verbal und körpersprachlich umdisponiert von Opposition auf Ich-versteh-dich-gut … den Blick meist scheu zu Boden gerichtet.

Eine große Fotoreportage, gewohnt böse, aber trotzdem lustig, bei Thomas Knüwer, dem Unbestechlichen:

Gestern in Hamburg habe ich mich gefühlt, wie in ein solches Raum-Zeit-Kontinuum geworfen. Oder besser in ein Spirit-Geld-Kontinuum, in dem einer gesagt hat, dass er unheimlich viel Lust hätte, mal wieder ein Unternehmen zu gründen, ein anderer, dass er unheimlich viel Lust hätte mal wieder ein wenig Geld in den Sand zu setzen – und gemeinsam versuchen sie eine Idee aus den USA zu kopieren.

Kein Blog, aber trotzdem nicht ohne Einfluss, auch auf den Traffic, was Detlef Borchers bei heise schreibt:

Unter den geladenen Referenten überzeugte Nico Lumma, der Lokomotivführer von Lummaland und Macher von Mabber mit einer sanften Attacke auf die Scheinriesen der Großkonzerne und einem Plädoyer für offene APIs sowie Mashups, die alle Entwickler nutzen können.

Ob Basecamp, ob Mabber, ob Zimbra und seine Zimlets, Google und seine Maps die Anwender weiterhin wirklich die nächsten 10 Jahre lang begeistern können, das wusste niemand so genau. Dass etwas passieren muss, war auch dem letzten Geburtstagsgast klar, als der Microsoft-Sprecher Ulrich Eitler seinen Tablet-PC neu booten musste.

Oliver Gassner berichtet in Telepolis. Sein Foto von Dieter Rappold ist ein echter Hingucker. Kernsätze:

rappold.pngEs ist ein „Clash of Cultures“, Netizens und Business versuchen sich mit einer Art rudimentären Lingua Franca auszutauschen, aber während die einen immer nur nach dem Geschäftsmodell fragen und der Skalierbarkeit, reden die anderen von Nischenthemen, von Citizen Media, von Storytelling und – wie der Macher des Bilderdienstes 23hq.com, Thomas Madsen-Mygdal – davon, dass die neuen Dienste den Menschen das wiedergeben, was ihnen die Fließbänder genommen haben: eine Kommunikationsgemeinschaft, die nicht nur aus Konsumenten besteht sondern Gespräch und Reaktion ermöglicht.

Das Internet sieht nur aus wie ein Netz aus Computern. Es ist ein Netz aus Menschen. Es sieht nur so aus, als sei es aus Geld und Technik gemacht. Es besteht aus den Gesprächen von Einzelnen, die sich zusammenfinden. Web 2.0 sieht nur so aus wie einen neue Technik mit neuen Geschäftsmodellen. Es will aber eigentlich eine alte und neue Denkweise sein, das Web vor dem Kommerz und das Web mit einem menschlicheren Kommerz. Daher die Sprachprobleme der einen mit den anderen.

Eine große Zusammenfassung mit vielen Links zu noch mehr Blogs hat haben Katharina Schnitzer und Mike Schnoor gebaut.
Holger Schmidt in der FAZ von morgenMontag:

Im Internet herrscht wieder Goldgräberstimmung. Überall basteln kleine Teams an neuen Geschäftsmodellen, während die Frühstarter schon ihre Börsengänge vorbereiten und die Risikokapitalgeber das große Geschäft wittern. „Allein drei Teams arbeiten daran, die Community MySpace.com in Deutschland nachzubauen“, sagte OpenBC-Gründer Lars Hinrichs beim Internet-Kongreß „Next10Years.com“ in Hamburg.

Wird fortgesetzt. Fortsetzung nebenan

Sims gehen zur Arbeit

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Computerspiele werden immer realistischer. Die jüngste Erweiterung für Sims 2 bringt nun auch die Arbeitswelt auf den Schirm – oder das, was sich davon in digitale Unterhaltung übersetzen lässt. Herausgefordert wird der Unternehmergeist des Spielers, der ein Geschäft eröffnen oder sein eigenes Wohnzimmerunternehmen starten kann.

Das eingebaute Finanz-Cockpit könnte jeder Unternehmer gut gebrauchen – es berechnet Umsatz, Kosten und Profit in Echtzeit. Total unrealistisch wird das Spiel indes an einem nicht ganz nebensächlichen Punkt: Steuern, egal welcher Art, werden nicht erhoben. [via Inc.com]

Warmgeschrieben

Wow, die Woche beginnt mit einem heftigen Lob von Robert Basic (Basic Thinking, übrigens eine der inspirierendsten Quellen, aus denen der Fischmarkt seine Ware bezieht). Das heißt, genau genommen endete die letzte Woche schon damit…

In der letzten Zeit mehren sich die relevanten Nachbarstände in immer schnellerer Folge. Einige davon finden sich bereits in der einschlägigen rechten Spalte, andere (noch) nicht:

  • Steffen Thalmann schreibt seit Dezember 2005 über Marketing, Werbung und Design.
  • Connected Web von Dominik Schwind (seit Oktober 2005) mit der schönen Unterzeile: Das Web – Noch beta, aber schon 2.0
  • Richard Joerges, Chefredakteur der Titel ComputerFoto, digifoto und MACup, hält auf web-zweinull.de seit November 2005 in Sachen – na, was wohl? – Web 2.0 auf dem Laufenden.

Zur Lektüre empfohlen.

Umschau am Morgen

Ein paar schnelle Links zum zweiten Frühstück:

Thema verschenkt

Da berichtet die Welt am Sonntag auf einer ganzen Seite über IPTV, Triple Play und Microsofts Ambitionen in diesem spannenden Zukunftsmarkt – und was kommt dabei heraus? Ein Stück über Webdesign am Beispiel der ZDF-Website.

Internet-Seiten können Nutzer auf zwei Weisen in die Inhalte einsteigen lassen. Manche brauchen klar strukturierte Elemente und gehen über die Hauptnavigation, andere erfassen die Seite intuitiv über Bilder oder Animationen.

Mittlerweile sind die meisten Seiten standardisiert. In der linken Spalte, bei einigen Formaten auch oben, befindet sich der Kasten mit der Hauptnavigation. In der Mitte sind die eigentlichen Inhalte, während Nutzer in der rechten Spalte weiterführende Links und Informationen finden. […]

Zum Teil haben sich auch barrierefreie Internet-Seiten durchgesetzt, mit denen auch behinderte Menschen die Inhalte erfassen können. Es gibt Techniken wie den Screenreader, der auf Wunsch den Inhalt vorliest. Problematischer ist es, Tabellen zu verwenden, die der Screenreader als lange Zahlenkolonnen wiedergibt. […]

Künftig wird die Navigation durch die Seiten intuitiver sein, „wie mit einer Fernbedienung“ […]. Nur damit wollen Zuschauer von ihrem Sofa aus das Fernsehprogramm oder ihren Mediacomputer steuern.

Wer hätte das gedacht?

Instant Publishing 2.0

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iMovies, Blogs, Podcasts – warum nicht auch Bücher selbst publizieren? Nur weil sie sich nicht durch ein Netzwerkkabel pressen lassen? Dass Instant Publishing auch für Bücher funktioniert, führt Books on Demand seit Jahren vor. Großer Vorteil für die Kunden der Libri-Tochter: Ihre Bücher sind über den Buchhandel lieferbar.
Was BoD indes (noch?) nicht automatisiert hat, ist der Herstellungsprozess vor dem druckfähigen PDF. Diesen Ansatz verfolgt Blurb mit seiner Software BookSmart (bislang nur für registrierte Betatester). Standards wie Dog Book, Photo Book, Cookbook, Baby Book oder Blog (!) Book sollen sich damit einfach und in hoher Qualität produzieren lassen. Die Preise für das fertig gedruckte Werk beginnen bei 29,95 Dollar. Für größere Auflagen gibt es Rabatte.
Blurb könnte im März starten. Mit einem Auftritt bei der Demo 2006 haben sie es immerhin schon auf TechCrunch gebracht.

Gegen den Trend

Destatis
"Schwaches Weihnachtsgeschäft",
folgern Nachrichtenredakteure aus der vorläufigen Einzelhandelsbilanz des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2005. Denn die Umsätze im Dezember gingen um nominal 1,2 und real 1,6 Prozent gegenüber Dezember 2004 zurück. (Real heißt übrigens preisbereinigt, also um die Inflationsrate korrigiert, aber das nur am Rande.)

Doch gemach: Was ist das Weihnachtsgeschäft? In Deutschland gewöhnlich der Umsatz der beiden Monate November und Dezember. Und tatsächlich: Für November 2005 verzeichnen die amtlichen Statistiker ebenfalls einen Rückgang, allerdings nur real (preisbereinigt) – nominal stieg der Umsatz um 0,3 Prozent.

Für das Gesamtjahr zeigt sich ein anderes Bild: Die Einzelhandelsumsätze sind nominal um 1,2 und real um 0,7 Prozent gestiegen. Und zwar erstmals seit 2001. In den Jahren 2002 bis 2004 waren sie jeweils gesunken.

Und noch ein interessantes Detail: Der Versandhandel konnte im Dezember 2005 gegen den Branchentrend um 3,4 Prozent nominal und 4,2 Prozent real zulegen – im Gesamtjahr hingegen verlor der Versandhandel (nominal 2,0, real 1,0 Prozent).

Was wollen uns diese Zahlen sagen? Offensichtlich lag der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) falsch, als er Anfang Januar verkündete, der Weihnachtsumsatz liege "auf Vorjahresniveau". (Vor einem Jahr war das übrigens genauso.)

Und der Versandhandel ist dabei, seine Abhängigkeit vom Weihnachtsgeschäft noch zu vergrößern. Insbesondere der Online-Handel erzielt laut HDE ohnehin 25 Prozent seines Jahresumsatzes in den Monaten November und Dezember. Bei Amazon sind es (weltweit) sogar rund 35 Prozent. Seines Jahreszahlen legt Amazon am 2. Februar vor.

Google meint es ernst

"Zur URL automobile.de wurden keine Informationen gefunden", meldet Google auf Fischmarkt-Anfrage. Wer ist automobile.de? Keiner der großen Automärkte im Internet. Sondern eine Website, die schon in der Browserkopfzeile mit aufgereihten Schlüsselbegriffen grüßt.

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jahreswagen neuwagen auto-versicherung auto-finanzierung
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Mit Brückenseiten, die nichts als Keywordkolonnen enthalten (ein Beispiel bei Matt Cutts), hat sich automobile.de jetzt aus dem per Google erreichbaren Teil des Universums katapultiert, meldet E-Market. "Gute Zeiten für mehr Informationsqualität im Netz, schlechte Zeiten für SEO-Spammer", kommentiert PR-Blogger Klaus Eck.

Wenn ich bei dieser Gelegenheit einen Wünsch äußern dürfte: Buchrezensionen im Web warten schon lange darauf, per Google gefunden zu werden. Was ich indes finde, sind seitenweise Listen der diversen Buchversender. Gäbe es nicht den Perlentaucher, die SZ-Mediathek oder Technorati, dann sähe es ganz düster aus.