Köln, Lanxess Arena, 24. Mai 2012, Hauptversammlung der Deutschen Telekom. CEO René Obermann tritt ans Rednerpult und spricht zu den Aktionären. Eine jährliche Pflichtübung für jeden DAX-Vorstandschef. Viele schneiden dabei nicht besonders gut ab. Nur 7 von 30 erreichen auf der Verständlichkeitsskala von 0 (so verständlich wie eine Doktorarbeit) bis 10 (so verständlich wie Radionachrichten) einen Wert größer als 5.
René Obermann führt die von der Uni Hohenheim erstellte Rangliste mit einem Wert von 7,2 an. Er liegt damit vor BMW-Chef Norbert Reithofer und Noch-Infineon-Boss Peter Bauer. Dass der Telekom-Chef ein guter Redner ist, war auch schon auf der NEXT Berlin Anfang Mai in Berlin zu erleben. Damals eröffnete er die Konferenz mit einer Keynote.
Schade nur, dass René Obermann offensichtlich von seinem eigenen Stab ein enges Korsett verpasst bekommt: Er bleibt die ganze Zeit am Rednerpult, obwohl er auch frei sprechen kann. Seine Folien sind ebenfalls durchaus verbesserungsfähig. So bleiben zum Teil längere Passagen seiner Rede ganz ohne Folien, und auf einigen Folien steht eher zu viel Text. Dabei ist er durchaus schlagfertig und spontan, wie er an einer Stelle zeigen kann, als er einen Zuruf aus dem Publikum kontert. Und sein Englisch ist für einen Nicht-Muttersprachler (und aus Sicht eines solchen) absolut tadellos.
Verständlichkeit ist also erreicht, jetzt könnten noch Dynamik und rhetorischer Glanz dazukommen. Schließlich wird es Zeit, dass die Chefs der deutschen Unternehmensschwergewichte nicht nur in Gehaltsfragen zur Weltspitze gehören, sondern auch in ihrer Redekunst zu den angelsächsischen Vorbildern aufschließen. René Obermann hat als einer der jüngeren in dieser Riege gute Chancen auf einen Spitzenplatz.