„Loser Generated Content“ ist eine Wortschöpfung, die einem Teil der Kreativszene mal wieder so richtig um die Ohren fliegen könnte. So bestätigen Werber jenes tiefsitzende Klischee über ihre Zunft, das da lautet: Arroganz.
So lange man sie sich leisten kann, ist alles fein. Doch der Tag scheint nicht mehr fern, an dem diese Arroganz in die kommunikative Sackgasse führt. Das gilt insbesondere in Zeiten wie diesen, da die Effizienzschere an den Etats angesetzt wird und Controller wegzuschneiden beginnen, was den Wirksamkeitsnachweis verfehlt.
Martin Oetting von trnd hat das böse Wort vom „Loser Generated Content“ zum Anlass für eine Philippika genommen, die er verharmlosend als Offenen Brief bezeichnet. Pflichtlektüre für Werber, Kreative und Kommunikationsexperten!
Offener Brief an manche Werbekreativen in Deutschland.
Sehr geehrte Damen und Herren,
vergangene Woche konnte ich in einem Gastbeitrag auf diesem Blog lesen, dass sich bei manchen von Ihnen zwei Synonyme für die Zunft der Blogger und ihrer Aktivitäten eingebürgert haben: „Army of Davids“ oder auch „Loser Generated Content“. Außerdem konnte man dem Text entnehmen, dass sich offenbar in den Kreationsabteilungen Ratlosigkeit breit macht – dazu, wie in der Werbung mit dieser Armee von Verlierern wohl umzugehen ist.
Gegenüber all den Werbern, die das so sehen – die sich in den Kreativabteilungen der Agenturen das Maul zerreißen, über Loser-Blogs und schlechten Schreibstil auf Facebook oder Twitter, über wackelige Videos und pink leuchtende MySpace-Profile, die dort mangelnden Geschmack oder Stil (oder beides) belachen – würde ich mich gern kurz äußern. Denn einerseits habe ich das allergrößte Verständnis für Ihre wahrlich schwierige Lage: Sie haben Ihre Jobs gewählt, weil Sie sich dafür begeistern, knappe punktgenaue Texte und starke bedeutungsvolle Bilder zu entwerfen. Plakate. Anzeigen. Werbefilme. Die Werbebranche ist jahrzehntelang auf genau Ihren Menschenschlag angewiesen und vorbereitet gewesen, hat sogar einen eigenen Verein dafür gegründet. Da will ich nun gern einsehen, dass es schwer zu ertragen ist, wenn nach und nach, Schritt für Schritt, Blog für Blog, ganz andere und eher normalsterbliche Schreiber und Bildermacher immer mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen – mit Texten, die so gar nicht dem werblichen Verständnis von medialer Kreativität entsprechen. Mit Bildern, die sich für keine Pitch-Präsentation eignen.
Aber leider gibt es neben allem Verständnis auch einen Aspekt Ihrer Haltung, der sehr gefährlich ist: denn wenn Sie die Auffassung hegen, dass all die Blogger, die sich ohne kreative Weihen und aus ihrem Keller, Schlafzimmer, dem Zug, einem Restaurant oder aus dem Supermarkt medial äußern, nichts anderes als Verlierer und Kleinkrieger sind, die eigentlich nichts zu bestellen haben, dann gibt es ein gravierendes Problem: Sie lassen jeden Respekt vor den Menschen vermissen, die Ihr Gehalt bezahlen.