StudiVZ-Testwoche beim Fischmarkt. Letzter Tag und vorläufiges Fazit.
Die Erfolgsgeschichte des StudiVZ handelt von atemberaubend schneller Expansion in einer genau umrissenen Zielgruppe. In etwa 18 Monaten gelang es, so gut wie alle deutschsprachigen Studenten auf der Plattform zu verzeichnen. Heute sind 2,9 Millionen Mitglieder registriert – mehr als es Studenten in Deutschland gibt.
Die Zielgruppe ist also ausgeschöpft, und folglich richtet sich der Expansionsdrang nun in jene europäischen Länder, die noch nicht von einer anderen Studentenplattform besetzt sind. Und für die Schüler gibt es den Ableger SchülerVZ mit über einer Million Nutzern.
Seit der Übernahme durch Holtzbrinck ist neben die schnelle Expansion ein zweites Ziel getreten: das schnelle Geld. Der neue StudiVZ-Chef Marcus Riecke ist angetreten, um für den Medienkonzern endlich Geld zu verdienen. Am Ende dieses Jahres oder Anfang des nächsten soll es soweit sein.
Technisch und funktional liegt StudiVZ mittlerweile um Lichtjahre hinter Facebook zurück. Doch das scheint für das Management kein Problem zu sein: „Wir glauben nicht, dass für die Nutzer automatisch mehr Wert entsteht, wenn man die Seite mit noch mehr Technik belädt“, sagt Marcus Riecke.
Und Technik-Chef Dennis Bemmann meint: „Für Facebook gibt es inzwischen Tausende neue Applikationen. Aber eine, die richtig praktisch ist und einen Mehrwert bietet, habe ich noch nicht gesehen.“ Was nur bedeuten kann, dass er entweder nicht richtig hingeschaut hat oder leugnet, was er gesehen haben muss.
Die heutige Strategie von StudiVZ lautet also:
- Schnelle Expansion in neue Märkte mit jeweils anderen Marken.
- Schnelle Profitabilität in Märkten mit De-facto-Monopolstellung.
- Keine Investitionen in Technik und Produkt, die zu Lasten der Profitabilität gehen würden.
Ist diese Strategie richtig, verspricht sie Erfolg? Es kommt auf die Definition an. Wenn Erfolg heißt, die gewonnene Nutzerbasis früher oder später für teures Geld an Facebook zu verkaufen und bis dahin kleine operative Gewinne zu erwirtschaften, dann ist die Strategie vielleicht richtig. Vielleicht, weil es keine Garantie gibt, dass Facebook nicht aus eigener Kraft den europäischen Markt erobern wird.
Die Strategie von Facebook ist eine diametral andere:
- Schnelle Expansion in neue Märkte mit der eigenen Marke.
- Keine Profitabilität zu Lasten der Investitionen in Technik und Produkt.
- Schnelle Weiterentwicklung von Technik und Produkt durch die Öffnung der Plattform für Drittanwendungen.
Schon der Name gibt Facebook einen enormen strategischen Vorteil gegenüber StudiVZ, denn er lässt Raum für eine weltweite Expansion. StudiVZ müsste sich erst umbenennen, was zwar möglich ist (siehe Xing), aber den Charakter der Plattform stark verändern würde.
Facebook ist ein Markenprodukt, StudiVZ hingegen auf dem besten Wege vom Star zur Cash Cow eines Medienkonzerns – oder zum Exit.