Gestern auf der Couch. Im TV das Abschiedsspiel des Titanen, auf dem MacBook startet das virtuelle Windows. Denn der neue Google-Browser Chrome läuft bis jetzt nur auf Microsoft-Betriebssystemen.
Fix heruntergeladen und installiert, beeindruckt Chrome sofort durch seine Geschwindigkeit. Google Mail, Google Reader und Google Docs fühlen sich an wie Anwendungen, die auf dem lokalen Rechner laufen. Und genau das ist ein strategischer Zweck des neuen Browsers: Er soll den letzten Flaschenhals beseitigen, der zwischen Googles geballter Rechenkapazität und dem Anwender liegt.
Denn die Bandbreiten sind mittlerweile groß genug, um die Rechenleistung in die Wolke zu verlegen. Doch dadurch sind die Schwächen der heutigen Browsergeneration deutlich sichtbar geworden. Allerlei Haken und Ösen stehen dem flüssigen Arbeiten mit webbasierten Anwendungen im Weg.
Nicht so mit Chrome. Google Reader und Google Docs haben jetzt eigene Icons in der Schnellstartleiste. Google Reader läuft in einem eigenen Fenster, das den Browser fast unsichtbar macht. Dank Google Gears kann ich die letzten 2.000 Artikel auch offline lesen. Bei Google Docs gibt es Synchronisierungsprobleme.
Chrome ist unglaublich simpel. Das liegt auch daran, dass wichtige oder wenigstens bislang gewohnte Funktionen wie Lesezeichenverwaltung praktisch nicht vorhanden sind. Doch die Einfachheit ist Konzept. Chrome verzichtet auf alles, was auch und besser im Web laufen kann. Der Browser macht sich unsichtbar, wo er nur kann.
Die Eingabezeile, im Chrome-Jargon Omnibox genannt, dient zugleich der Adress- und der Sucheingabe. Sie schlägt Adressen und Suchbegriffe vor, ergänzt häufig besuchte Adressen und greift auf Suchmaschinen zu. Für Liebhaber von Kommandozeile und Tastatureingabe ein Eldorado.
Dieser Text entsteht in Chrome. Zum ersten Mal überlege ich ernsthaft, für die nächsten Monate, bis die angekündigte Mac-Version fertig ist, wieder Windows zu benutzen. Wer viel mit Google Mail, Reader und Docs arbeitet, für den ist Chrome jetzt schon die Killerapplikation. Die gleichen Anwendungen auf Firefox bringen regelmäßig das MacBook zum Schmelzen.
Chrome ist definitiv der Anfang von etwas Großem. Und deshalb ist die überbordende Berichterstattung vollkommen gerechtfertigt.
Chrome war gestern in den Tagesthemen, ist heute Titelgeschichte der FTD und füllt die ersten beiden Innenseiten komplett.