Von Inhalten, Technik und Zielgruppen sollte die Rede sein auf der Computer Bild CeBIT CEO Conference am Freitag. In dieser Reihenfolge: Zuerst sind da die Inhalte, dann kommt die Technik, um schließlich die Zielgruppen zu bedienen. Soweit die klassische Pipeline-Denke – die heute und vor allem in der „digitalen Welt 2010“ so nicht mehr funktioniert.
Folgerichtig ist die erste Keynote, vorgetragen vom Hausherrn und Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner, gleich eine Enttäuschung. Im Auditorium macht sich sofort Mittagsmüdigkeit breit. Direkt zu Beginn fällt dem bestfrisierten CEO eine Strähne in die Stirne.
Über ein paar nette Anekdoten und die bekannten Allgemeinplätze über die Zukunft des Printgeschäfts kommt er nicht hinaus. Das allerdings ist auch dem Thema geschuldet. Über nutzergenerierten Medieninhalt wüsste ich auch nichts Neues mehr zu sagen.
Interessante Inhalte werden immer interessieren, macht Döpfner sich Mut. Ein vollkommen leerer Satz. Das Interessante interessiert. Aha. Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Wenn klassische Medienhäuser nur noch in leeren Begriffen über ihr Produkt (auch Produkt ist ein solcher) sprechen können, dann würde ich meine Aktien, hätte ich welche, umgehend verkaufen.
Im anschließenden Podium wird es auch nicht besser. Die Inhalte bleiben die gleichen, die Formen ändern sich, sagt Hans-Holger Albrecht (Modern Times Group). Seit wann gibt es Inhalt ohne Form? Welche Inhalte den Menschen in Zukunft interessieren werden – darüber verliert keiner der Teilnehmer auch nur ein konkretes Wort. War ja auch nur die Leitfrage für dieses Podium.
Stattdessen ist von Technik die Rede und von Formaten. Jeder der diskutierenden Medienmacher macht eine Inventur, schaut nach, was er auf Lager hat und ist prompt der Meinung: Passt! Irgendein dusseliger Konsument wird den Kram auch künftig konsumieren und dafür notfalls noch teures Geld bezahlen.
Als die Diskussion kurz das Thema Copyright streift und etwas spannender zu werden droht, wechselt der nicht besonders gut orientierte Moderator flugs das Thema. Das Vorbild von Computerbild-Chefredakteur Hans-Martin Burr ist ganz offensichtlich Giovanni de Lorenzo. Ich hätte das Original vorgezogen.
Die deutschen Statthalter internationaler Konzerne sind selten eine Bereicherung für ein Podium. War Terry von Bibra (Yahoo) im ersten Panel noch der einzige dieser Gattung, so besteht die zweite, der Technik gewidmete Runde fast nur aus diesem Typ Manager. Sie haben einfach nichts zu sagen, was über ihren Bereich hinausgehen würde. Und da ihr Bereich Vertrieb ist, hören wir vor allem Vertriebsargumente. Für Hardware. Wie spannend. Aber wir sind ja auf der CeBIT, da gehört das wohl dazu.
Wohlfeil sind die Appelle an Mobilfunkbetreiber, endlich von ihren Apothekenpreisen für mobile Datenübertragung herunterzukommen. Das lässt sich als Hardwarehersteller oder Medienhaus leicht fordern. Die Netze betreiben und refinanzieren schließlich andere. Mobil ist das technisch Machbare nicht auch das wirtschaftlich Tragfähige. Irgendwer muss schließlich auch hier am Ende die Rechnung bezahlen.
Spannend wird es erst kurz vor Schluss, als Thomas Middelhoff (KarstadtQuelle) endlich Klartext spricht. Der Musikindustrie wirft er völliges Versagen vor. Auch nach zehn Jahren habe sie kein überzeugendes Geschäftsmodell für das Internet. Stattdessen verklage sie lieber ihre eigenen Kunden. Eine ähnliche Entwicklung sieht Middelhoff auch auf TV- und Filmindustrie zukommen.
Düster seine Prophezeihung für große Teile der Wirtschaft:
Innerhalb der nächsten 10 Jahre werden viele große und bekannte Unternehmen den Markt verlassen. Deswegen weil sie nicht in der Lage waren, ihre etablierten Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln und weil ihre Kunden glauben, dass diese Anbieter einfach überflüssig geworden sind.
Nach diesem Donnerschlag hat es das letzte Podium schwer. Holger Jung ist sich nicht zu schade, drei Werbefilme aus der Werbeschmiede Jung von Matt zu zeigen, die sich durch nichts anderes qualifizieren als die Tatsache, dass sie auf den einschlägigen Videoportalen im Internet zu sehen waren. Und dort auch tatsächlich angesehen wurden.
Ist für Jung von Matt das Internet tatsächlich nicht mehr als eine weitere Verbreitungsplattform für 30-Sekünder? Das meint wahrscheinlich nicht einmal Holger Jung, der sich in der abschließenden Pressemitteilung übrigens mit diesem kryptischen Satz zitieren lässt:
Viel bringt viel und weniger ist mehr.
Für den Reality Check ist am Ende Matthias Schrader zuständig, der auf die Schlussfrage des Moderators mit einem knappen Satz antwortet:
Wieviel Macht darf der Kunde bekommen?
Der Konsument darf alle Macht haben, denn er bezahlt die ganze Veranstaltung.