Fischer, Fischer, wie tief ist das Wasser?

Titel Acquisa 11/2006„Fischen im Web“ überschreibt die acquisa die Titelgeschichte ihres Novemberheftes. An diesem programmatischen Titel kommt der Fischmarkt selbstverständlich nicht vorbei (Danke, Jochen Krisch!).

„Web 2.0 wird auch den Vertrieb nachhaltig verändern“, erwartet das Fachblatt und dekliniert die neuen Möglichkeiten im Detail durch. Das Fazit am Ende indes klingt wenig verheißungsvoll:

Innovative Ideen haben es mitunter schwer, sich in den Unternehmen durchzusetzen. Das größte Dilemma: Da eine organisatorische Zuordnung weitestgehend fehlt, landen in der Praxis häufig alle Internet-Projekte auf dem Tisch des Online-Marketing-Managers – sofern es ihn gibt. »Selbst große Unternehmen haben maximal ein oder zwei Personen, die für Online-Marketing verantwortlich sind.«

Im begleitenden Interview schließlich kommt Willi Schroll zu Wort, dem langjährigen Fischmarkt-Leser bereits als Co-Autor einer Geschichte im manager magazin bekannt.

Marketing und Vertrieb müssen im Web 2.0-Zeitalter enger zusammenarbeiten, denn das Verhalten der Märkte wird insgesamt schwarmhafter und fluktuierender. Es entstehen leichter Kettenreaktionen als früher. Die Trendabhängigkeit der Märkte nimmt zu. Hier muss das Marketing dem Vertrieb mehr Rückmeldungen geben. Eine intensive interne Kommunikation ist daher unabdingbar.

Neue Social-Commerce-Konzepte

In der E-Commerce-Hochburg Hamburg (Tchibo, OTTO, Libri.de, ehedem Ricardo) sprießen neue, interessante Konzepte und Projekte. Zwei aktuelle Beispiele:

Dealjaeger

Dealjaeger.de ist eine Art digg für gute Preise. Oder guenstiger.de mit nutzergeneriertem Inhalt. Jochen Krisch erzählt mehr und hat auch Testzugangsdaten. Dito die Internet World.

Gimahhot

gimahhot.de ist eine Produktbörse für Neuwaren. Nein, kein Ebay. Die Nutzer können – wie an der Börse – zum aktuellen Marktpreis sofort kaufen oder ein Kaufangebot zu niedrigerem Preis abgeben. Die Händler können darauf reagieren und ihre Preise der Marktlage anpassen. Natürlich nicht nur nach unten.

Mehr dazu im E-Commerce-Blog, per Video und im Gimahhot-Blog.

Google baut das Betriebssystem der Werbung

Anfang des Jahres haben wir uns auf dem Fischmarkt mit der durch Google betriebenen Automatisierung der Werbung befasst (hier Teil 2 und Teil 3, eine Antwort auf Martin Röll und Teil 4).

Robert Young bringt bei GigaOM jetzt eine ähnliche These zu Papier auf den Schirm:

Simply put, Google is building what is essentially an operating system (”OS”) for advertising… one that will work across all media. […]
Google’s Ad/OS will optimize media buying across the spectrum & manage creative placement.

Google’s Ad/OS will be used to manage and buy ads at many of the top new media publishers like MySpace, YouTube, AOL, Ask, and Google itself, of course, along with hundreds of thousands of blogs. It will also be used to buy ads in the NY Times, the Boston Globe, the Washington Post, and all sorts of local papers owned by Tribune, Gannett and McClatchy… not to mention radio stations all over the country that are owned by Clear Channel and other radio conglomerates. And if Google executes on its plan, soon all the major broadcast TV and cable networks will join in to make their ad inventory available via Google’s Ad/OS.

Die spannende Frage ist dann, und auch das hat uns hier vor kurzem beschäftigt, wie dies sich auf das Geschäftsmodell der etablierten Medienhäuser auswirkt. Young ist da wenig zuversichtlich:

The only way for traditional media companies to leverage the core competencies they have today in order to compete with Google’s Ad/OS, in the long run, is to start breeding ad salespeople who will have the expertise and capability to sell across all media platforms. Sure, that’s feasible… when pigs can fly.

Eilmeldung: openBC bestätigt Börsenpläne

Was bislang nur spekuliert werden konnte (etwas anderes lassen die Börsenregeln nicht zu), ist nun offiziell bekannt: openBC geht in den nächsten sechs Monaten an die Börse.
Mir fiel heute morgen auf, dass die Mails von openBC jetzt statt „Open Business Club GmbH“ die „Open Business Club AG“ in der Fußzeile nennen. Das ist, wie sich schnell herausfinden ließ, schon seit Mitte Oktober so. Man hätte also, ähnlich wie seinerzeit bei der Umbenennung in Xing, darauf kommen können, dass es ernst wird.
Die Zahlen sehen nicht schlecht aus:

Im abgelaufenen Geschäftsjahr (01.07.2005 bis 30.06.2006) konnte die OPEN Business Club AG ihre Umsatzerlöse von 1,62 Millionen Euro im vorangegangenen Geschäftsjahr (01.07.2004 bis 30.06.2005) auf 5,99 Millionen Euro steigern. Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres (01.07.2006 bis 30.09.2006) erzielte die OPEN Business Club AG Umsatzerlöse in Höhe von 2,79 Millionen Euro und ein positives Ergebnis.

Und auch über Mitgliederzahlen und den Anteil zahlender Kunden muss nicht länger spekuliert werden:

Seit ihrem Start im November 2003 verzeichnet die Plattform einen starken Anstieg ihrer Mitgliederzahl, die im letzten Quartal um ca. 23 Prozent wuchs. Per Ende September 2006 hatte die Plattform knapp 1,5 Millionen Mitglieder. […] Die OPEN Business Club AG setzt auf ein beitragsfinanziertes Geschäftsmodell. Bereits rund 13 Prozent der Mitglieder nutzen das kostenpflichtige, erweiterte Leistungsangebot der Premium-Mitgliedschaft für 5,95 Euro pro Monat.

13 Prozent von 1,5 Millionen multipliziert mit 5,95 Euro ergibt 1,16 Mio. Euro. Im Monat.
Falls Investoren unter uns sind – Mitglieder werden bevorzugt:

Die OPEN Business Club AG plant, im Rahmen des beabsichtigten Börsengangs Aktien an bestimmte Mitglieder bevorrechtigt zuzuteilen. Dazu werden zahlende Premium-Mitglieder, Moderatoren und besonders engagierte Mitglieder, die jeweils bereits am 1. Oktober 2006 Premium-Mitglied waren, sowie Mitglieder der „ersten Stunde“ zählen, sofern die Mitgliedschaft der jeweiligen Mitglieder am Tag der Billigung eines zu veröffentlichenden Wertpapierprospekts noch ungekündigt fortbestand, sie ihren Wohnsitz in Deutschland oder in der Schweiz haben und bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllen. Näheres dazu finden die Mitglieder in Kürze unter corporate.openbc.com/de.

Gegenstand neuer Spekulationen wird jetzt der genaue Termin des Börsengangs sein. Den kann openBC heute nicht nennen. Vielleicht aber schon bald. Bei uns vergingen seinerzeit zwischen der offiziellen Ankündigung des Börsengangs und der Bekanntgabe des Termins nur gut zwei Wochen.
Man wird sich den heutigen Tag jedenfalls im Kalender notieren dürfen. Das Web 2.0 in Deutschland hat seinen ersten Börsengang. Verläuft er erfolgreich, wird es weitere geben. Und auch die Frage nach der Bubble 2.0 wird vermehrt gestellt und beantwortet werden.
Über die Börsenbewertung von openBC hatte Peter Turi vor einigen Wochen spekuliert:

Geschätzter Firmenwert: 200 Millionen Euro.

Noch höhere Zahlen nennt die FAZ:

Mehr als die Hälfte des Emissionserlöses, der von Branchenkennern auf weit mehr als 100 Millionen Euro geschätzt wird, fließt dem Unternehmen zu, sagte Hinrichs.

Der Spiegel (oder vielmehr itz/Dow Jones) weiß mehr dazu:

Wie Hinrichs weiter sagte, werden die Altaktionäre ihre Anteile im Rahmen des Börsenganges nicht komplett verkaufen. Nähere Einzelheiten zu den finanziellen Details des Börsenganges wollte er nicht nennen.

Eine Gruppe von Privatinvestoren aus dem Investorenkreis der schweizerischen BrainsToVentures hatte im Mai 2004 in die Open Business Club GmbH investiert. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden. BrainsToVentures betreut eigenen Angaben zufolge unternehmerischen Privatinvestoren, die ihr Kapital, Netzwerk und Expertise in schnell wachsende Unternehmen investieren.

Im November 2005 hatte OpenBC weitere rund 5,7 Millionen Euro Risikokapital erhalten. Angeführt wurde diese Finanzierungsrunde von dem Venture-Capital-Unternehmen Wellington Partners. Daneben beteiligten sich aber auch die Altinvestoren von BrainsToVentures an dieser Transaktion.

Zu den Expansionsplänen schreibt die FTD:

Ab 2007 startet Open BC zudem einen Marktplatz, um Dienstleistungen, Aufträge und Jobs anbieten zu können. „Wir begeben uns damit in eine direkte Konkurrenz mit Jobbörsen“, sagte Hinrichs.

Der bekannte Börsenexperte und Highfishdienstleister Rainer Meyer alias Don Alphonso sieht diese Pläne kritisch und kommt daher zu einer konservativeren Bewertung der Aktie:

Kein Kauf. Jedenfalls ist der Wert nicht grösser als 20 Millionen, aber selbst das ist zu viel, wenn OpenBC das Geld für neuen Krempel verschwendet, als wäre es 1999.

(Wird fortgesetzt.)

Revolution durch die virtuelle Hintertür

„Wie Web 2.0 die Reisebranche verändert“, beschreibt Jakob Strobel y Serra in der heutigen FAZ. Seiner Ansicht nach

deutet sich hier ein mögliches Geschäftsmodell der Zukunft an, das noch Utopie, aber keineswegs illusorisch ist: die Wandlung von Community-Seiten zu virtuellen Reisebüros mit quantitativer Totalberatung. Nicht mehr nur ein Reisebüromitarbeiter, der in ein paar Katalogen blättert, hilft dem Kunden bei seiner Wahl, sondern die große Gemeinde der User, die aufgrund der Masse ihrer Bewertungen die Entscheidung leichtmacht. Gebucht wird dann sofort online. Das wäre die Revolutionierung der klassischen Reisebüroidee quasi durch die virtuelle Hintertür.

Im Großen und Ganzen eine sehr gute Geschichte, sieht man von der Kleinigkeit ab, dass Tim O’Reilly als „der inoffizielle Erfinder des Netzes“ bezeichnet wird, was wohl eine Verwechslung mit dem anderen Tim ist.

Begriffliche Leere

„Die Content-Falle. Journalismus in der digitalen Medienwelt“ nennt der Kommunikationswissenschaftler Thomas Schnedler von der Hamburger Universität eine Studie (dpa berichtete), die er für den morgigen heute beginnenden Mainzer Medien-Disput angefertigt hat.

Schnedler kritisiert in seiner Studie den nichts sagenden Begriff «Content», der für Inhalte jedweder Art stehe: «Die einen meinen solide recherchierte Artikel, professionelle Hörfunkbeiträge und aufwendige Fernsehreportagen, andere denken auch an Klingeltöne, Amateurvideos, Download-Spiele, PR-Meldungen oder Musikfiles.» Oft gedankenlos werde ein Begriff gebraucht, der den Unterschied zwischen seriöser Information auf der einen Seite und Kommerz und Amateurprodukt auf der anderen Seite verschleiere.

Enzensberger hat 1988 das Fernsehen als Nullmedium bezeichnet. Dass die TV-Sender Selbstmord aus Angst vor dem Tode begehen würden und ihr eigenes Programm mit einem begrifflichen Vakuum namens „Content“ beschreiben würden, konnte er da noch nicht wissen. Insoweit bin ich mit der Schnedlerschen Analyse einverstanden.

Mit der dichotomischen Unterscheidung zwischen seriöser Information einerseits und Kommerz/Amateurprodukt andererseits liegt er indes schwer daneben. Seriöse Information kann auch Kommerz oder Amateurprodukt sein. Die Unterscheidung hilft keinen Milimeter weiter.

Da fällt mir ein: Wahrscheinlich Womöglich stammt die Unterscheidung gar nicht von Schnedler, sondern vom seriösen dpa-Autor.

Meinungen sind Tatsachen

Dreißig Prozent der deutschen Internetnutzer haben bereits ein Produkt nicht gekauft, weil sie negative Kommentare von anderen Nutzern im Internet gelesen haben. Im Gegenzug geben 56 Prozent an, sich von positven Kommentaren beeinflussen zu lassen. Mehr im Themenblog

Wie sinnvoll sind Tag-Clouds?

Ich stoße immer häufiger auf Tag-Clouds, die weniger hilfreich sind, sondern im Gegenteil erst so richtig die dahinterliegende Beliebigkeit offen zur Schau tragen. Auch bei der hier oben im Fischmarkt sind mir persönlich viel zu viele Redundanzen und Leerworte.
Hier mal das Beispiel von Blog.de
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Machen Tag-Clouds wirklich Sinn? Wo funktionieren sie?