Bei der BMW Marketing Innovation hat man zwei Aufgaben: die Welt nach neuen Trends zu scannen und daraus neue Marketingansätze zu entwickeln. Jörg Reimann, dessen Chef, skizziert die klassische Struktur von BMW und zeigt auf, wo es Schnittstellen zu UGC und anderen Web 2.0-Phänomenen gibt.
Im Zeitalter der Disintermediation, der Ausschaltung des ‚Vermittlers‘ zwischen Firmen und Kunden, wird sich über P2P-Kommunikation ein direkter Kontakt zum Kunden ergeben. Daraus folgt unter anderem, dass der angebotene Content spannend sein muss.
Ein Beispiel dafür ist der ExpertenPocast von der IAA 2005. 10- und 5-Minuten-Clips auf Deutsch und Englisch wurden per RSS als Podcasts angeboten. Bei iTunes schaffte es der Podcast auf Platz 43 und das Experiment wurde als Erfolg verbucht.
Jetzt sagt er doch glatt „Ich will nicht zuviel Werbung für Google machen“, dabei zeigte er schon ein Google-Video (der BMW-Spot dort war aber grade nicht verfügbar) und eins von YouTube.
Reimann ermutigt dazu, Links willkommen zu heißen und auch den Content in die Welt hinaus zu entlassen.
BMW bietet zudem Audiobooks an bei bmw-audiobooks.com. Autoren wie Karin Slaughter erstellen für das Format eigens Thriller, in denen BMWs eine Rolle spielen. Das ist auch die Frage: Wo ist die Grenze zwischen Marketing und Literatur? Hier wurde der Markencontent wie Reimann sagt ‚besonders subtil‘ eingearbeitet, so dass dies für die Autoren akzeptabel war.
BMW macht auch Vodcasts und berichtet von Messen, der F1 und von Golfevents. „Man muss etwas zu erzählen haben, und es muss eine spannende Geschichte sein“, betont Reimann. Exklusive Events oder Interviews und Hintergrundgeschichten bieten sich an.
Über solche Kanäle lässt sich der Impact von Live-Events massiv und international verbreitern. Binnen 24 Stunden wurde ein ‚geklautes‘ Werbevideo – dem auch noch der Ton verloren gegangen war – bei YouTube über 80.000 mal angesehen. Das Video stand parallel auch bei BMW im Pressebereich.
Zum Mini veranstaltete BMW einen Clip-Contest und erhielt viele ‚User-generated‘-Beiträge. „Andererseits wollen wir im driver’s seat sein und unsere Marke interpretieren und nicht den Kunden überlassen – aber wenn die Message gut ist, dann verbreiten wir die gerne global“, schränkt Reimann ein und betont: „Videoportale sind serious stuff, das sind nicht nur Kiddies, die Urlaubsvideos hochladen.“
Communities wie iVillage und Myspace dienen als Vorbild für eine demnächst startende BMW-Community „M Power World“. User-generated Content und Vernetzungsfunktionen werden vermischt mit Premium Content aus dem ‚Inneren‘ von BMW – „nicht vor der Presse, aber detaillierter“ (Reimann). BMW erfofft sich über diesen Kanal Marktforschungsinformationen darüber, was der BMW-Kunde sich im Detail wünscht. „Vielleicht nicht repräsentativ, aber authentisch“.
„Blogs sind mein Liebligsthema“, sagt Reimann und gesteht „Die Frage, wie man Blogs nutzt, hat mir schon die eine oder andere schlaflose Nacht bereitet.“ Sein Rezept lautet: „Wir wollen, dass die Blogger über uns schreiben. Sie sind meinungsstärker und in der Reichweite relevanter als viele Journalisten.“
Und deswegen behandelt BMW für sie relevante Blogger auch wie Pressevertreter. „Das sind keien Freakblogs, das sind relevante, meinungsstarke Medien. Ich warne davor, sie zu vernachlässigen“, ist Reimanns Rat (da ist Reimann deutlich weiter als mancher Frontmann deutscher Agenturen).
Das IAAblog.com war BMWs Blog zur IAA, auf dem Thomas Gigold über alle Aussteller berichtete – natürlich auch über BMW. BMWoracleRACING.com ist ein Blog über BMWs Engagement beim Segelsport. „Die Nachfrage bei diesem Blog ist extrem hoch“, freut sich Reimann. Auf dem Vlog vlogbymini.de berichtete der Videoblogger gabemac (xolo.tv) von der Automobilausstellung Leipzig.
„Der Long Tail geht nicht weg, er wird relevanter“, gibt Reimann seine Einschätzung. Neue Nischen entstehen ständig und über Long-Tail-Kanäle sind sie zu erschließen.
Diskussion
Wie verhalten sich ‚drivers seat‘ und ‚Konsumentenkontolle?
R: Wir müssen eine Balance finden, die Markenführung dürfen wir nicht aus der Hand geben. Wir wollen ihnen Content geben, den sie dann selbst verbreiten können, und stärker Nachfrageorientierung pflegen.
Wie hat sich das Marketing verändert?
R: Man muss die Rückkanäle auch pflegen udn schnell regaieren. Das ist eine Kernherausforderung, hinter diese Rückkanäle auch ein Beschwerdemanagement zu bauen. Ich empfehle nicht zu viele Kanäle und Blogs aufzubauen. So etwas kann man nicht an Call Center auslagern, da muss am anderen Ende auch jemand sitzen, der eine BMW-Visitenkarte hat.
Ein Snippet aus der ersten Kaffeepause:
Der Vertreter eines deutschen Versandhauses sagte sinngemäß: „Wir merken, dass Geld, das wir in Onlinewerbung stecken, mehr Rückläufe erzegt. Mittelfristig wird der Anteil, den wir dafür ausgeben, immer größer werden.“