Sie klang schon optimistisch, die Prognose des Online-Vermarkterkreises (OVK). Doch offensichtlich war noch genug Luft enthalten, sodass die jetzt vorgelegten Zahlen für 2005 die Prognose locker übertreffen: 60 Prozent Umsatzwachstum meldet der OVK für den Online-Werbemarkt im vergangenen Jahr. Für 2006 liegen die Schätzungen nun bei einem Gesamtvolumen von 1,3 Milliarden Euro oder einem erneuten Zuwachs um 46 Prozent.
Die am stärksten beworbene Produktgruppe sind Online-Dienstleistungen. Dahinter folgen Telekommunikation, Finanzen, E-Commerce und der Automarkt. E-Commerce dürfte ist hier nach Nielsen-Systematik als Versand von Waren plus Tourismus/Ticketing zu verstehen sein. Dieses Geschäft Der Online-Versandhandel macht jedoch laut Statistik des bvh mit 6,1 Milliarden Euro (Prognose 2005) nur etwa ein Drittel des gesamten E-Commerce-Umsatzes aus. Zusammen mit elektronischen Dienstleistungen wie Touristikbuchungen, Finanzdienstleistungen, Versicherungsabschlüssen und Softwaredownloads hat der E-Commerce-Umsatz mit Waren und Dienstleistungen im Jahr 2005 voraussichtlich einen Wert von 18,1 Mrd. Euro erreicht.
Die steigende Akzeptanz des Online-Kaufs ist denn auch – neben der zunehmenden Verbreitung von Breitbandanschlüssen und damit steigender Nutzungsintensität – einer der wichtigsten Gründe für das enorme Wachstum der Online-Werbung. Sie hat mit 4,6 Prozent inzwischen einen relevanten Anteil am Gesamtwerbemarkt erreicht. Für kommenden Jahre wird allgemein erwartet, dass sich die Schere zwischen Mediennutzungsanteil (2005: 14,6 Prozent) und Werbemarktanteil schließt.
E-Commerce treibt also das Wachstum der Online-Werbung voran, und Online-Werbung hat inzwischen ein Volumen erreicht, das sie mehr und mehr zum Wachstumstreiber für den gesamten Werbemarkt macht. Dazu passt die Markteinschätzung von Booz Allen Hamilton, der zufolge es zu zu einer Verschiebung von den alten zu den neuen Medien und von klassischer zu nicht-klassischer Kommunikation kommt.
Februar 2006
Sind Suchmaschinen Blutsauger?
Ohne Suchmaschinenmarketing ist Erfolg im E-Commerce nicht mehr möglich. Und die Suchmaschinen profitieren ohne eigenes Zutun von höheren Konversionsraten, die durch verbesserte Usability erreicht werden. Diese These vertritt Jakob Nielsen in seiner Alertbox mit der provokanten Überschrift „Suchmaschinen sind die Blutsauger des Web“.
Er argumentiert, dass E-Commerce-Unternehmen im Zweifel fast den gesamten Bruttogewinn in Suchmaschinenmarketing investieren können, solange steigende Nutzerzahlen zu höheren Umsätzen führen. Auf der anderen Seite führen Investitionen in Usability zu höheren Konversionsraten und damit – bei gleichbleibenden Ausgaben für Suchmaschinenmarketing – zu höheren Gewinnen.
Höhere Gewinne treiben jedoch die Preise im Suchmaschinenmarketing nach oben, weil dort nach wie vor fast der gesamte Gewinn reinvestiert werden kann. Unter dem Strich profitieren somit die Suchmaschinen ohne eigenes Zutun von den Anstrengungen der E-Commerce-Unternehmen.
Nielsen wäre nicht Nielsen, hätte er nicht Anregungen für seine Leser, wie sie dieser Problematik entkommen können. Was er vorschlägt, ist nicht neu oder originell, aber dennoch richtig: E-Mail-Marketing, Request-Marketing, Communities, Affiliate-Marketing, RSS-Feeds (dazu heute mehr bei Exciting Commerce), URL auf allen Produkten, Hardware (iPod!) und Mobile Marketing. Fazit:
The real goal is to make users come back, and to have them come directly to your site instead of clicking on expensive ads.
Jon Lebkowsky liest zwischen den Zeilen und kommt zu folgendem Schluss:
Nielsen’s complaint is not about search engines per se, but about “Web 2.0″ and the evolving semantic web. If I’m right, his concern is also applicable to RSS (which he notes that he hasn’t researched yet) and tagging… we’re moving away from “site” and “page” as controlling metaphors, and focusing more on information, less on presentation. Nielsen’s been so focused on web page and site usability that he’s only just beginning to get the message.
Dazu passt ein Einzeiler von Tom Coates, Yahoo!, vorgetragen in der letzten Woche bei The Future of Web Apps (Carson Workshops):
Start designing with data, not with pages
Oliver Wagner vom Agenturblog war dort und berichtet ausführlich.
Via Wolfgang Sommergut.
Die Automatisierung der Werbung (3)
„Das Geschäftsmodell der Werbeagenturen ist womöglich nicht mehr lange zeitgemäß“, orakelt Bernd Röthlingshöfer. Den Anlass dazu geben zwei Beobachtungen:
- Google testet ein Auktionsmodell für Printwerbung, und Gerhard Schoolmann spielt die Konsequenzen durch, die Googles Markteintritt im Besonderen und Auktionsmodelle im Allgemeinen auf den klassischen Werbemarkt haben könnten. Seine Kernaussage:
Das traditionelle Geschäftsmodell der Werbeagenturen, die heutzutage von den Agenturprovisionen der Medien (meist 15%) leben, gerät unter Druck. Das Koppelgeschäft – wir entwerfen kostenlos Anzeigen und verdienen an der Agenturprovision – wird zerschlagen und die Agenturen werden sich auf das eine oder das andere spezialisieren. Die Anzeigenprovisionen fließen stattdessen in die Taschen von Google und Anbietern, die nachziehen werden.
Ähnliche Überlegungen hatten uns auf dem Fischmarkt zuletzt im Januar beschäftigt. Die Auswirkungen der Automatisierung treffen vor allem Werbeagenturen, die zugleich als Mediaagenturen arbeiten oder ihre Gewinne vor allem aus dem Mediageschäft ziehen. Je besser es einer Agentur gelingt, ihre Leistung direkt vom Werbekunden honorieren zu lassen und den Umweg über das Mediageschäft zu vermeiden, desto weniger Probleme. Transparenz gewinnt.
- Nun gibt es allerdings womöglich einen zweiten Trend namens Do it Yourself Advertising. Und der würde das Geschäftsmodell der Werbeagenturen sehr viel empfindlicher berühren als die Automatisierung. So glossiert der Werbeblogger:
Nachdem die ersten DTP-fähigen Computer dafür gesorgt haben, dass Sekretärinnen Flyer gestalteten und nachdem WYSIWYG-Editoren dafür gesorgt haben, dass Freunde vom Neffen des Vertriebsleiters am Wochenende mal schnell den Unternehmens-Webauftritt gebastelt haben, dürfen wir uns jetzt bald auf Instant-Spots freuen.
Hier herrscht Sorge, dass Kreativität womöglich künftig nicht mehr bezahlt werden wird. Ich befürchte das eigentlich nicht, eher im Gegenteil. Martin Rölls Abgesang auf die klassiche Werbung halte ich für verfrüht.
Denn alle neuen Werbewerkzeuge haben eines gemeinsam: Sie erhöhen die Effizienz der Werbung. Sie eliminieren Kosten, die durch historisch gewachsene Strukturen, unzureichende Technik und ineffektive Abwicklung entstehen. Werbung wird in der Herstellung billiger, aber die freiwerdenden Mittel können (und werden) auch in Kreativität investiert werden – unter einer Bedingung: Kreativität muss ihre Effizienz nachweisen können. Enter Web Analytics.
Insofern ist die historische Analyse von Bernd M. Michael, Ex-CEO von Grey, in der w&v [PDF] zwar interessant, hilft aber keinen Millimeter weiter. Denn die guten, alten Zeiten kommen nicht zurück. Werbeagenturen investierten besser ins Thema Effizienznachweis, dann stimmte auch die Kasse. Die technische Entwicklung hilft, sie schadet nur denen, die sie ignorieren.
Teil eins und zwei dieser (bis jetzt) Trilogie und eine Antwort auf Martin Röll sind im Januar erschienen. Foto von Matt Balara
Wachstumsbranche
Das wird ePages Auftrieb geben: Mit Arndt Groth (Foto li.) wird dort kein Geringerer CEO als der bisherige Chef von InteractiveMedia (T-Online) und Vorsitzende des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW).
An der Unternehmensgeschichte von ePages lassen sich die Meilensteine einer ganzen Branche ablesen: 1983 vom heutigen Hauptgesellschafter Wilfried Beeck (Foto) als Beeck & Dahms Software GbR in Kiel mitgegründet, befasste sich die Firma zunächst mit dem Thema Warenwirtschaft.
1992 gründete Beeck zusammen mit Stephan Schambach die NetConsult GmbH, die später unter dem Namen Intershop bekannt wurde und sich ab Mitte der 90er Jahre auf das Thema E-Commerce konzentrierte. 1996 gehörte Intershop zu den ersten Kunden von SinnerSchrader.
Zum Jahresbeginn 2001 geriet Intershop ins Trudeln. Im Zuge der Sanierung verließ Beeck 2002 den Intershop-Vorstand und übernahm mit seiner alten Firma unter dem neuen Namen ePages die Produktlinie Intershop 4 („mit Fokus auf Hosting Provider und den Mittelstand“), die seitdem kräftig weiterentwickelt wurde.
Wer ePages bis jetzt nicht auf dem Zettel hatte, sollte das nun schleunigst nachholen. Arndt Groth sagt zu seinem Wechsel:
Der E-Commerce-Markt ist die am schnellsten wachsende Branche der digitalen Wirtschaft. ePages ist mit innovativen Produkten in einem der interessantesten Segmente exzellent positioniert.
Übertreibt er? Das wird die Zukunft zeigen. Für die Branche ist dieser Wechsel jedenfalls ein gutes Signal.
Die AEG-Troika
Sie werden immer ähnlicher, die drei Riesen. Am Ende werden Amazon, Ebay und Google mehr oder weniger das Gleiche tun und mit den gleichen Dingen ihr Geld verdienen.
Zwei Meldungen dazu allein aus dieser Woche: Amazon startet einen AdSense-Klon. Google bringt mit GBuy eine Alternative zu PayPal (Ebay) auf den Markt.
Schauen wir mal genauer hin: Amazon hat schon lange Auktionen und Powerseller-Shops (wie Ebay), eine eigene Suchmaschine und jetzt auch eine Werbeplattform (wie Google). Ebay baut ein separates Profiseller-Portal [FAZ] auf (à la Amazon) und muss früher oder später auch das Thema Suche neu adressieren (schon wegen Google Base). Und Google spielt ein Infrastruktur-Thema nach dem anderen: Froogle, Google Local, Google Base, GBuy – alle haben Potenzial, Amazon wie Ebay zu schaffen zu machen.
Am Ende verdienen alle drei ihr Geld mit drei Themen:
- Informationen von Dritten bereithalten
- Käufer mit Verkäufern in Kontakt bringen
- Transaktionen abwickeln lassen
Infrastruktur, that is.
Meg Whitman sieht das [in der FT, kostenpflichtig] jedoch anders:
The four dominant internet groups – Google, Yahoo, eBay and Amazon – will increasingly focus on their core activities rather than compete with each other head-on, according to Meg Whitman, eBay’s chief executive.
„I think we will end up specialising,“ she told the FT in an interview yesterday. „We have specialised in e-commerce, payment and voice communication. Google stands for search, Yahoo largely stands for content – so I think we may on the fringe compete, but I suspect that over time the businesses will become more specialised.“
Es bleibt spannend.
0,4 Prozent Google-Traffic?
Posts that contain BMW Google per day for the last 30 days.
Robert hat eine interessante Theorie, wozu BMW den ganzen SEO-Aufwand trieb, wenn doch angeblich nur 0,4 Prozent des Traffics via Google kommt: Es geht um Direktverkauf.
Mag sein. Doch zunächst möchte ich diese Zahl bezweifeln. Auf den Fischmarkt (der natürlich keineswegs mit bmw.de zu vergleichen ist) kamen im Januar laut Google Analytics 14 Prozent aller Besucher via Google. Und was war der meistgesuchte Begriff? Fischmarkt. Viele Nutzer kommen also via Google, weil es einfacher ist als eine Domain einzutippen.
Sollte das bei BMW anders sein? Und wozu dann Suchmaschinenoptimierung? Doch nicht für 4.400 Besucher im Monat – sondern damit es mehr werden. BMW kann nicht daran gelegen sein, dass die Kommunikation der Web-Nutzer über Marke und Produkte völlig an der eigenen Website vorbeigeht.
Autokonfiguratoren dienten schon 2002 immer mehr Nutzern zur Kaufvorbereitung und sind längst Standard auf den Websites der Automobilhersteller. Das eigentliche Versäumnis ist, dass dies die letzte Innovation der Branche im Web war.
Doch halt – gerade kommt die Meldung, dass Volkswagen Navigationslösungen auf Basis von Google Earth entwickelt. Klingt spannend.
Stipendium
Mit 10.000 Euro fördert SinnerSchrader zum zweiten Mal eine Dissertation im Themenbereich E-Business. Angesprochen sind Doktoranden aller wissenschaftlichen Fachrichtungen. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 13. April, die Vergabe findet am 27. April 2006 statt. Alle Details auf unserer Website unter www.sinnerschrader.de/stipendium.
Dima fällt aus
Schon im vergangenen Jahr hat sie nur noch geröchelt, in diesem Jahr fällt sie ganz aus: die Dima, einst das Flaggschiff der Direktmarketingbranche.
Offiziell ist zwar die Frage, die das Branchenblatt OnetoOne Ende Dezember stellte, noch immer nicht beantwortet, aber der Zeitablauf hat inzwischen Fakten geschaffen: Die einschlägigen Direktmarketer haben ihre Messebudgets längst anderweitig verplant. Branchenkenner fragen sich, wer dort überhaupt noch ausstellen sollte.
Im Gespräch sind nun ein zweijähriger Messerhythmus und die auch anderswo erfolgreiche Kombination mit einem Fachkongress. Doch zuvor trifft sich der DDV am 17. des Monats zur Mitgliederversammlung.
Die Branche selbst hat sich schon im letzten Jahr anderweitig orientiert: Während die Dima 3.340 Besucher zählte, erreichten die 6. Mailingtage mehr als 5.700 Teilnehmer. Der Termin für die 7. Auflage steht schon fest.
SEO in weiß-blau
Die Automobilbranche ist für Werber so etwas wie die Königsdisziplin für Sportler. Kein Wunder also, dass höchste Aufmerksamkeit auch auf dem liegt, was Autohersteller und -händler im Web treiben. Jetzt hat es BMW erwischt. Die weiß-blaue Website war (und ist in Teilen immer noch) alles andere als sauber suchmaschinenoptimiert.
Nachdem das publik wurde, hat BMW nun reagiert, wie Robert Basic meldet. Kein Wunder, schließlich hat ja Google angekündigt, dieses Spielchen nicht länger hinnehmen zu wollen.
Jetzt wäre interessant zu wissen, ob der SEO-Etat bei Interone liegt. Oder sollte ich schreiben: Lag?
Nachtrag: Wie Gerald Steffens und Mario Sixtus berichten und sich leicht überprüfen lässt, ist bmw.de bei Google nicht mehr zu finden. Das ging ja schnell.
Zweiter Nachtrag: Der SEO-Etat lag offenbar nicht bei Interone. Die Geschichte ist jetzt auch in der Presse. Und Thomas Knüwer schreibt, was BMW dazu sagt.
Dritter Nachtrag: Warum die Websites von Automobilherstellern, obwohl aufwendig und teuer gemacht, letztlich austauschbar und überflüssig sind, habe ich schon vor elf Monaten geschrieben.
Vierter Nachtrag: bmw.de ist zurück. Die meisten Links ab Platz 2 führen ins Leere. Im Cache sind sie noch, inklusive Redirect.
Sind 17 Prozent viel oder wenig?
Das Weihnachtsgeschäftsquartal von Amazon hat die Analysten enttäuscht. Das liegt vor allem daran, dass der Gewinn im Vorjahresvergeich um fast 43 Prozent zurückging.
Der Umsatz indes stieg um 17 Prozent, in den USA und Kanada sogar um 21 Prozent, in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Japan und China (so sieht für Amazon der Rest der Welt aus) zusammen um 13 Prozent. Für das Gesamtjahr 2005 legte Amazon immerhin ein Umsatzwachstum von 23 Prozent auf 8,49 Mrd. US-Dollar hin. Der Nettogewinn sank auf 359 Mio. US-Dollar, während es 2004 noch 588 Mio. US-Dollar waren. [Golem]
Die schlechte Nachricht ist: Das Weihnachtsgeschäft ist schlechter gelaufen als der Rest des Jahres. Amazon selbst stellt – good news first – den gewachsenen Cash-flow an die Spitze seiner Mitteilung. Und enttäuschende Weihnachtsquartale sind für Amazon wirklich nichts Neues.