Gegen den Trend

Destatis
"Schwaches Weihnachtsgeschäft",
folgern Nachrichtenredakteure aus der vorläufigen Einzelhandelsbilanz des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2005. Denn die Umsätze im Dezember gingen um nominal 1,2 und real 1,6 Prozent gegenüber Dezember 2004 zurück. (Real heißt übrigens preisbereinigt, also um die Inflationsrate korrigiert, aber das nur am Rande.)

Doch gemach: Was ist das Weihnachtsgeschäft? In Deutschland gewöhnlich der Umsatz der beiden Monate November und Dezember. Und tatsächlich: Für November 2005 verzeichnen die amtlichen Statistiker ebenfalls einen Rückgang, allerdings nur real (preisbereinigt) – nominal stieg der Umsatz um 0,3 Prozent.

Für das Gesamtjahr zeigt sich ein anderes Bild: Die Einzelhandelsumsätze sind nominal um 1,2 und real um 0,7 Prozent gestiegen. Und zwar erstmals seit 2001. In den Jahren 2002 bis 2004 waren sie jeweils gesunken.

Und noch ein interessantes Detail: Der Versandhandel konnte im Dezember 2005 gegen den Branchentrend um 3,4 Prozent nominal und 4,2 Prozent real zulegen – im Gesamtjahr hingegen verlor der Versandhandel (nominal 2,0, real 1,0 Prozent).

Was wollen uns diese Zahlen sagen? Offensichtlich lag der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) falsch, als er Anfang Januar verkündete, der Weihnachtsumsatz liege "auf Vorjahresniveau". (Vor einem Jahr war das übrigens genauso.)

Und der Versandhandel ist dabei, seine Abhängigkeit vom Weihnachtsgeschäft noch zu vergrößern. Insbesondere der Online-Handel erzielt laut HDE ohnehin 25 Prozent seines Jahresumsatzes in den Monaten November und Dezember. Bei Amazon sind es (weltweit) sogar rund 35 Prozent. Seines Jahreszahlen legt Amazon am 2. Februar vor.

Google meint es ernst

"Zur URL automobile.de wurden keine Informationen gefunden", meldet Google auf Fischmarkt-Anfrage. Wer ist automobile.de? Keiner der großen Automärkte im Internet. Sondern eine Website, die schon in der Browserkopfzeile mit aufgereihten Schlüsselbegriffen grüßt.

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jahreswagen neuwagen auto-versicherung auto-finanzierung
auto-leasing">

Mit Brückenseiten, die nichts als Keywordkolonnen enthalten (ein Beispiel bei Matt Cutts), hat sich automobile.de jetzt aus dem per Google erreichbaren Teil des Universums katapultiert, meldet E-Market. "Gute Zeiten für mehr Informationsqualität im Netz, schlechte Zeiten für SEO-Spammer", kommentiert PR-Blogger Klaus Eck.

Wenn ich bei dieser Gelegenheit einen Wünsch äußern dürfte: Buchrezensionen im Web warten schon lange darauf, per Google gefunden zu werden. Was ich indes finde, sind seitenweise Listen der diversen Buchversender. Gäbe es nicht den Perlentaucher, die SZ-Mediathek oder Technorati, dann sähe es ganz düster aus.

Jean-Remy und Peter

Klowand

Einen hab ich noch: Die Klowand-Affaire hatte bis jetzt noch nicht den Weg zum Fischmarkt gefunden. Nun aber macht Don Alphonso an der Blogbar auf ein nicht ganz unwichtiges Detail aufmerksam:

Denn mit Jean-Remy von Matt erwischt es nicht einen Startupper, sondern
einen erfahrenen Kommunikationsspezialisten. Den Mann, den manche für
den besten Texter des Landes halten. Den Gottvater der Werbebranche.
Und es erwischt ihn ausgerechnet bei der Kampagne, die wirklich jeder
kennt. Bei einer Kampagne, die sein Baby war. Das hat Impact wie eine
80mm-Granate.

Was mir Gelegenheit gibt, einen kleinen Seitenhieb auf Peter Kabel (Jung von Matt/next) unterzubringen. Der hatte nämlich im November im Fachblatt iBusiness wie folgt getönt:

Es gibt in Deutschland nur sehr wenige Online-Dienstleister", startet Peter Kabel seine Kampfansage, "die große Marken im Internet selbstständig führen und alleine aufbauen können." Besser
können das seiner Meinung nach schon die klassischen Werbeagenturen.
Die haben nämlich, wie mir Peter Kabel als gewissenhafter
Jung-von-Matt-Arbeitnehmer zu verstehen gibt, schlichtweg mehr
Erfahrung in der Markenkommunikation.

Vor allem in eigener Sache. Quod erat demonstrandum.

Commerce Framework

Heute in der Computerwoche (S. 20): "E-Business-Plattform basiert auf Open Source"
Cowo
Vier lange Spalten über das Commerce Framework von SinnerSchrader Neue Informatik. Dieser Softwarebaukasten für Online-Shops ist bereits bei einer Reihe von Kundenprojekten im Einsatz, u.a. bei der SZ-Mediathek und bei simyo.

Das Framework verwendet Tools wie Ajax zur Umsetzung benutzerfreundlicher Web-Interfaces und das "Spring Framework" mit aspektorientierter Programmierung (AOP), die die Qualität und Wartbarkeit der Anwendung sicherstellen.

Die verschiedenen Komponenten können für jedes Projekt individuell zusammengestellt werden. Ein Beispiel:

Produktverwaltung: Mit Hilfe einer Metasprache lassen sich Produkt- und Kategorisierungstypen für das Business-Modell definieren. Hierbei kann auf Stilmittel wie Vererbung, Assoziation und Komposition zurückgegriffen werden. Die Metasprache definiert die Attribute der Produkte auch aus fachlicher Sicht, da sich Gültigkeitsbereiche und Darstellungsoptionen festlegen lassen.

Wer mehr wissen möchte: Thilo Horstmann erklärt es gern.

Nachtrag: Im Heftarchiv gibt es den Artikel im Volltext, kostet aber.

Abgesang

Martin Röll rechnet ab. Es klingt ein bisschen wie der Abgesang auf die klassische Werbung.

Es ist eben nicht die zentrale Frage, lieber
Andrew Robertson
, von welcher Qualität dein content und Deine
creativity sind, wie Du vorgestern in München vorgetragen hast. Das ist
zwar nett, aber bloß ein Wettrüsten in einem Bereich, der nicht mehr interessant
ist. Pack ein. Geh doch mal wirklich nachrechnen, welches Verhältnis
noch zwischen Deinen Werbeausgaben und dem Marketingerfolg steht. Das ist doch
Unfug, und tief drinnen weißt Du das auch.

Ich denke, das ist etwas voreilig. Auch klassische Werbung wird künftig an Effizienz zulegen, und zwar durch Automatisierung in einem Bereich, der zu Unrecht wenig Beachtung genießt: der Mediaplanung. Und dadurch werden Mittel frei, die in Kreativität investiert werden können. Allerdings nur dann, wenn diese Investition ihre Effizienz nachweisen kann.

Für den klassischen Markenartikler, der Reichweite braucht, führt an klassischer Werbung kein Weg vorbei. Ob sie nun stört oder nicht. Früher oder später wird auch über Google gebuchte Werbung stören. Und trotzdem gebucht werden, solange das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.

Goodbye Duttenhofer – hello Media Markt

Duttenhofer
"Media-Saturn kauft Duttenhofer", titelt die Main-Post nicht ganz zutreffend. Zwar gibt Duttenhofer sein Stammgeschäft in der Würzburger Innenstadt und seine drei unter der Zweitmarke Top 3 betriebenen Standorte in Bad Neustadt, Würzburg und Schweinfurt ab – dort allerdings erzielt Duttenhofer nur noch zehn Prozent seines Umsatzes.

Das Gros ihrer über 300 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet die "Traditionsfirma" (Main-Post) im europäischen Versandhandel unter sechs Marken, von denen Technikdirekt.de als Endkundenmarke die bekannteste sein dürfte. "Die größte Expansion", vermerkt lapidar die Website, "fand in den letzten zehn Jahren in diesem Bereich statt". Und:

Eng verbunden mit dem Erfolg des Versandhandels ist der professionelle
Auftritt im Internet. Jeder der sechs Versender präsentiert sich in
einem eigenen Internetshop mit zukunftsweisender Shoptechnik.

Man mag das Ende (und es ist ja eines, auch wenn Rolf Duttenhofer in der Main-Post erklärt, in Media-Saturn "einen Partner gefunden zu haben,
der die vier Märkte erfolgreich weiter betreiben wird und allen
Mitarbeitern eine Perspektive bietet") eines Lokalmatadors bedauern und die fortschreitende Uniformierung der Innenstädte beklagen. Doch es scheint eng zu werden für stationären Einzelhandel, der sich den Maximen "Ich bin doch nicht blöd" und "Geiz ist geil" verweigert. Und umgekehrt betrachtet: Duttenhofer ist auch nicht der erste Versandhändler, der seine Wurzeln im stationären Handel hat.

[Danke für den Hinweis an Björn Schotte!]

Die Automatisierung der Werbung (2)

Heißt Automatisierung der Werbung, das Kreativität und Marken in der Werbung keine Rolle mehr spielen werden? Könnte man meinen, erwarte ich aber nicht. Im Gegenteil: Effizientere Werbung heißt, dass der (traditionell auf 50 Prozent geschätzte) Anteil der Werbung schrumpft, der nicht mehr ist als hinausgeworfenes Geld.

Der Werbekunde erreicht die gleichen Ziele mit geringerem Mediaeinsatz. Ist das eine schlechte Nachricht für die Werbeträger? Nicht unbedingt. Womöglich können auch sie von steigender Effizienz profitieren, weil effizientere Werbung für ganz neue Einsatzzwecke attraktiv wird. Wenn AdWords etwas bewiesen hat, dann doch dies: Auch Microbudgets können effektiv sein.

Vermutlich wird aber auch der Anteil des Werbebudgets steigen, der in kreative Leistung und Markenbildung investiert werden kann. Zumindest dann, wenn Kreativität und Marken tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil sind. Wenn nicht – dann haben die Kreativen halt Pech gehabt.

Was bleibt unter dem Strich? Auch Kreativleistung muss künftig ihre Effizienz nachweisen. Das ist doch einen Effie wert.

Amazon mit eigener Internet-Show

Amazon_website
Geht jetzt los, worauf viele warten: Branded Entertainment, Exciting Commerce, Event-Shopping?

Jawoll – immerhin kündigt Amazon eine eigene Unterhaltungssendung an
(Details siehe de.internet.com)

Das Projekt soll der Kundenbindung dienen. Was wiederum heißt, daß breite Auswahl, gute Preise, Rezensionen, Suchmaschinen und noch viel mehr alleine es nicht länger reißen. Aufmerksamkeit wird also auch im E-Business teuer, selbst beim Marktführer.

Die Automatisierung der Werbung

Selbst hier im Hause werde ich gelegentlich dafür belächelt, dass ich die Zukunft der Werbung in der Automatisierung sehe und Google AdWords als Prototypen für das, was da kommen wird. Vorgestern gab es einen weiteren Anlass, diese These bestätigt zu finden: Google hat eine Radiowerbeplattform gekauft und will AdWords um das Thema Radiowerbung erweitern. (Mit Printanzeigen wird auch schon experimentiert, und TV-Werbung ist "definitiv auf unserer Liste".)

Warum ist das interessant? Weil das Mediageschäft, insbesondere wie es in Deutschland funktioniert, nicht besonders effizient ist. Das liegt letztlich an der sogenannten AE, einer historischen gewachsenen Provision in Höhe von 15 Prozent, die Media-Agenturen als Rabatt behalten dürfen. Der Werbekunde zahlt 100 Prozent, der Werbevermarkter erhält 85 Prozent, 15 Prozent gehen an die Media-Agentur. Soweit die Theorie.

Dieses Verfahren lädt nicht unbedingt zum effizienten Werbeeinsatz ein, denn die Agentur verdient mehr, je mehr Werbung sie verkauft. Die Masse macht’s. Die Anreize der AE locken Media-Agenturen in den Dunstkreis der Vermarkter, zu Lasten ihrer Kunden. Und schon seit Jahren hat ein massiver Druck seitens der Werbekunden eingesetzt, die von den Agenturen sogenannte Kickbacks fordern (und auch erhalten), also die Rückerstattung eines Teils dieser Provision.

Google hat Anfang 2006 in Deutschland mit der AE-Regelung gebrochen und ein leistungsabhängiges Anreizmodell eingeführt. Das soll vorrangig der Effizienz dienen, ist aber auch ein Signal an den Markt: Wir machen Eure historisch gewachsenen Gepflogenheiten nicht mit, wenn wir sie nicht für effizient halten.

Die Zukunft gehört einer stark automatisierten, von Algorithmen gesteuerten Mediaplanung, -disposition und -abrechnung. AdWords ist die Blaupause dafür. Jüngste Schritte in Richtung Zukunft waren Bannerwerbung bei Google AdSense, Buchung von einzelnen Websites nach TKP – und Google Analytics.

Denn auch die Werbekunden wollen ihre Kampagnen in Echtzeit überwachen und optimieren. Mächtige Web-Analytics-Werkzeuge wie WebSideStory erlauben heute ROI-Betrachtungen in Echtzeit. Warum soll das für TV, Radio oder Print nicht möglich sein? Und warum sollten Vermarkter kein Interesse daran haben, die Kampagnen ihrer Werbekunden zu optimieren, wie Google (in Ansätzen) heute bereits?

Das wird ein paar Jährchen dauern, weil die Materie komplex ist, die Technik noch entwickelt und die Marktstruktur aufgebrochen werden muss. Aber es wird dazu kommen, früher oder später.