Warum verkaufen Autohersteller nicht direkt?

Warum sind die Websites von Automobilherstellern, obwohl aufwendig und teuer gemacht, letztlich austauschbar und überflüssig? Weil sie nicht verkaufen sollen, sondern zum Marketing gehören. Das hat nämlich eine ganze Reihe von Konsequenzen: So fallen sie in die Verantwortung von Führungskräften, die sich ansonsten mit TV- oder Printwerbung befassen – und deren von der Massenkommunikation bestimmte Maßstäbe mehr oder weniger unzureichend auf das Web übertragen.

Diese Leute beauftragen wiederum mehrheitlich Agenturen, die zu den Werbenetzwerken gehören – und also ebenfalls einer klassischen Werberdenke unterliegen, was völlig im Einklang mit ihren Auftraggebern steht. Dabei entstehen durchaus kreative Dinge, wie jüngst das Project Fox: Volkswagen richtet in Kopenhagen ein Hotel Fox ein und bewirbt damit den Europa-Start des gleichnamigen Kleinwagens. (Hat aber natürlich mit dem Web auch wieder nur am Rande zu tun.)

Wollten die Hersteller mit Hilfe ihrer Websites wirklich Autos verkaufen und nicht vor allem Marketing oder Kundenbindung betreiben, würden sie völlig anders aussehen. Und ich denke, das wird auch geschehen. Bislang überlassen die Hersteller den Internetvertrieb weitgehend ihren Händlern. Doch die setzten schon 2003 6,9 Prozent aller Neu- und Gebrauchtwagen über das Internet ab. Für 2005 wird eine Verdoppelung erwartet.

Für Neuwagen sind Ebay Motors/mobile.de, autoscout24, Euro Car Market oder pkw.de aber schlicht nicht das richtige Umfeld. Früher oder später sind die Hersteller gezwungen, mit eigenen Flagship-Stores im Web dagegen zu halten, wenn sie ihre Marke nicht beschädigen wollen. Dem stationären Handel machen sie schließlich auch Beine.

Outsourcing to Customer

Supermarkt"Der Kunde wird immer mehr zum besten und billigsten Mitarbeiter der Unternehmen. ‚Ourtsourcing to the Customer‘ steht für viele Anbieter im Zentrum der Strategieentwicklung" (Daniel Sieb, Das nächste große Ding im Handel, GDI_Impuls 4.04).

Wieso empfinden Millionen Menschen dieses Selbermachen als befreiend? Im Supermarkt: parken, rumlaufen, suchen, anstellen, draufpacken, bezahlen, eintüten, wegkarren. Online: Suchen, klicken, Daten eingeben, überweisen, auf den Versand warten. Sind es wirklich die gesparten Euros? Oder ist das Zwischenmenschliche der wahre Lustkiller beim Shoppen?

TUI bekennt sich zur Bausteinreise

Die Wirtschaftswoche kommt heute mit einem Interview mit TUI-Chef Michael Frenzel. Darin nennt er auch Zahlen zum Online-Umsatz. Zitat:

"Wir wachsen in diesem Segment überproportional und schneller als der Markt, getrieben vor allem vom Angebot unserer beiden konzerneigenen Billigflieger Hapag-Lloyd Express und ThomsonFly. Im Jahr 2000 hatten wir gerade mal 50 Millionen Euro Online-Umsatz. In den vergangenen beiden Jahren hat sich dieser Geschäftsbereich explosionsartig entwickelt, die Umsätze haben sich von gut 700 Millionen auf 1,3 Milliarden Euro fast verdoppelt, der Anteil am gesamten Reiseumsatz ist auf zehn Prozent gestiegen."

Frenzel prognostiziert mittelfristig eine Drittelung des Marktes in die Segmente klassische Pauschalreise, im Internet gebuchte "Bausteinreise" und selbstorganisierte Individualreise. Das würde bedeuten, dass sich der Internet-Anteil noch einmal mehr als verdreifachen würde.

Das Frenzel-Interview lässt allerdings nur ahnen, wie stark sich das gesamte Reisegeschäft durch dynamische Preissysteme und individuelle Bausteinreise verändert. Um nur einen Aspekt zu nennen: Wer im Internet einzelne Elemente seiner Reise sucht und konfiguriert, legt seinen Entscheidungsprozess offen. Reiseanbieter werden beginnen, das Kundenverhalten zu analysieren und zu Produktdifferenzierung und einer präziseren Kundenansprache zu nutzen. Think Amazon! Man wird bald schon per Algorithmus generierte Empfehlungen sehen ("Kunden, die einen Flug nach London gebucht haben, haben auch dies und jenes gebucht…"). Ob wir das allerdings bei der TUI sehen werden oder bei einem unabhängigen Newcomer, bleibt eine spannende Frage.

Mehr Flagship, weniger Outlet

Seltsam. Burberry, Louis Vuitton, Hilfiger oder Montblanc — die Luxusmeilen unserer Großtädte
erleben eine wahre Invasion von Flagship-Stores. Da werden keine Kosten &
Mühen gescheut, die Produkte aufwändig zu inzenieren. Toll! Und online? Tote
Hose. Keine Produkte, keine Informationen, keine Bezugsmöglichkeiten…

2005: noch immer dekorieren die Marken schicke Schaufenster
für den Samstagnachmittag-Bummel, reaktivieren ihre Klientel beim
Sonntagsbrunch in FAS & WAMS, um sie am Nachmittag Richtung Ebay zu
schleusen. Wer soll das verstehen?