Mein persönliches Glanzlicht letzte Woche auf der SIME in Stockholm war Johan Staël von Holstein. Seine Ambitionen sind groß: Er hat Facebook und Google auf dem Kieker. Und zwar wegen ihrer, um mit Ilse Aigner zu sprechen, Datensammelwut. Nicht dass Johan Staël von Holstein etwas gegen Daten hätte, im Gegenteil. Doch sein Anliegen ist, den Nutzern die volle Kontrolle über ihre Daten zu geben.
Und seine Metaphorik ist drastisch. Er vergleicht die Abhängigkeit des heutigen Internetnutzers von Google oder Facebook mit der eines Sklaven von dessen Herren. Und ist sich sicher: So wie Sklaverei einst völlig legal war und heute verboten ist, so wird diese Datenausbeutung früher oder später verboten werden – und die Nutzer wieder die Kontrolle über ihre eigenen Daten übernehmen.
Die Firma, die der einstige Gründer von Icon Medialab und LetsBuyIt vor einem Jahr ins Leben gerufen hat, trägt den Namen MyCube. Letzte Woche startete MyCube das erste Produkt namens MyCube Vault. Es ist ein Backup-Werkzeug, zunächst beschränkt auf Facebook. Und anders als Lösungen wie Backupify speichert MyCube Vault die aus Facebook heruntergeladenen Daten statt in der Cloud auf dem eigenen Rechner.
Im Januar soll der zweite Streich folgen: Unter dem Namen MyCube ist der Start eines neuen Social Networks angekündigt. Johan Staël von Holstein ist der Anti-Zuckerberg. Er ist Jahrgang 1963, verheiratet und hat Kinder. Seine Lebenserfahrung verändert die Sicht auf die Dinge. Während es für einen jungen ehemaligen Collegestudenten durchaus attraktiv ist, sein (Privat-)Leben in der Öffentlichkeit zu leben, sieht das für wohlhabende Angehörige der Generation Web 1.0 schon anders aus.
Letztere haben nicht nur Geld, sie sind auch bereit, es auszugeben – und zwar auch für digitale Güter. Insofern ist Johan Staël von Holstein auch der Anti-Anderson. Zum Kern von MyCube wird ein Microbezahlsystem mit einer digitalen Geldbörse gehören. Nutzer können Nutzer für digitale Inhalte bezahlen und dafür selbst bezahlt werden, ohne dass MyCube dafür kassieren will.
Erst wer sein Guthaben auf ein herkömmliches Konto überweisen möchte, wird von MyCube zur Kasse gebeten. Hier heißt der Gegner für Johan Staël von Holstein nicht Facebook oder Google, sondern Visa – für ihn die profitabelste Firma der Welt.