„Wie schön, dass ich so viele Möglichkeiten habe! Ich darf jeden Tag etwas dazulernen und kann mich mit meinen Projekten und Kunden zusammen weiterentwickeln! Ich habe alles selbst in der Hand.“
„So toll finde ich das nicht: Immer muss ich flexibel sein. Ständig ändert sich alles und ich muss weiter dazu lernen, sonst ist mein Know-how morgen nichts mehr wert. Und wer sagt mir, wo es lang geht?“
Zwei Sichtweisen auf dieselbe Situation. Was wir heute als work 2.0 bezeichnen, nämlich die Eigenverantwortung des Einzelnen für seine berufliche Entwicklung, ist gerade bei Freelancern und vielen Agenturen besonders gut zu beobachten: Sie stellen sich den veränderten Anforderungen, anstatt nach der guten alten Zeit zu rufen.
work 2.0 geht deutlich weiter als das IKEA-Prinzip, nach dem einfach standardisierte Bauteile zusammenfügt werden. Obwohl: IKEA hat auch aufgehört, passende Schrauben dazuzulegen, mit der Begründung, es gäbe so viele unterschiedliche Wände. Stimmt ja auch.
In der Arbeitswelt ist es nämlich so, dass es eine immer größere Vielfalt von Anforderungen gibt. Und weil die Vielfalt immer größer wird, kann man irgendwann nicht mehr von Standards sprechen. Erste und oberste Anforderung ist dann: Wandlungsfähigkeit, also lernfähig, wach und neugierig zu bleiben.
Alte Strukturen ächzen
Die Gewinner von work 2.0 werden diejenigen sein, die unternehmerische Eigenschaften mitbringen. Man muss seine Bildung selbst organisieren, seine Aufträge, seine Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und Multiplikatoren – alles möglichst professionell und konkret. Man produziert sich selbst (als wer auch immer), inklusive Qualitätskontrolle (wenn man schlau ist), denn das Feedback vom Markt kommt schnell und direkt.
Analog zu web 2.0 sieht man auch in der heutigen Arbeitswelt, wie die alten, zentralen Strukturen ächzen und viele hilflos fordern, dass flexible Arbeitsformen wie z. B. Zeitarbeit wieder abgeschafft werden. Gewerkschaften sind da ganz groß, aber auch die Politik nutzt das Vehikel gern, um Ängste zu schüren. Kein Mensch scheint sich für die Chancen zu interessieren, die flexibles Arbeiten mit sich bringt.
Die kreative Klasse
Allerdings: Die viel besungene kreative Klasse hat das längst verstanden. Und sie wächst. Es gibt sogar eine Theorie über sie, wie Wikipedia verrät. Sie sind es, die Innovationen vorantreiben. Viele arbeiten in Agenturen oder sind in der Technologie oder Beratung tätig. Als Einzelne, Teams, Sozietäten, Bürogemeinschaften. Oft mit zwei bis vier Visitenkarten im Gepäck.
Und: Es sind keine verschrobenen Erfinder und Künstler, vielmehr moderne Dienstleister, die jederzeit den Wert ihrer Arbeit für den jeweiligen Kunden im Blick haben. Die Anzahl derer, die dieser kreativen Klasse zugeordnet werden, bestimmen vermutlich früher oder später Wirtschaftspotenzial und somit den Wohlstand einer Gesellschaft. Zum Beispiel unserer.
Vielleicht sollte man sich mal darum kümmern?
Christiane Strasse ist Gründerin und Geschäftsführerin von projektwerk. Sie beschäftigt sich seit über 10 Jahren mit der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und gründete projektwerk 1999 als Plattform für die Akteure dieses Marktes. projektwerk ist Sponsor der next08.