Careless Computing? Richard Stallman und die Cloud

Die Wahrheit liegt in den Daten. Und wenn die Daten abheben und in die Wolken des Internets verschwinden, dann liegt die Wahrheit eben in den Wolken. Doch wer hat dann die Kontrolle?
Der säkulare Trend ist klar: weg vom lokalen Rechner, hin in die Datenzentren der großen Akteure wie Google und Amazon. Heißt das auch: weg aus der direkten Kontrolle des Nutzers, hin zur Kontrolle durch internationale Konzerne?

Richard Stallman. Photo by jeanbaptisteparis on Flickr. Some rights reserved
Richard Stallman ist ein Unikum. Bereits in den 80er Jahren gründete er die Free Software Foundation und setzt sich seitdem für freie Software ein, was nicht unbedingt auch kostenlose Software bedeutet. Das wohl bekannteste und bedeutendste Beispiel für freie Software ist Linux.
Auf Linux basiert das neue, von Google entwickelte Betriebssystem Chrome OS, das vor kurzem auf ersten Testrechnern ausgeliefert wurde. Es gibt auch eine freie Variante namens Chromium, doch mit freier Software hat das Unterfangen nicht viel zu tun.
Das meint jedenfalls Richard Stallman, der den polemischen Begriff Careless Computing ins Spiel gebracht hat. Für Stallman sieht Chrome OS wie ein Plan aus, der die Nutzer zu Careless Computing verführen soll, indem sie gezwungen werden, ihre Daten in der Cloud abzulegen statt auf den eigenen Rechnern. In den USA, so sein Argument, verlieren die Nutzer sogar die gesetzlichen Rechte an ihren eigenen Daten, wenn sie diese auf den Systemen von Unternehmen ablegen.
Sollten wir also unsere Daten der Cloud anvertrauen? Oder sollten vielleicht eher die Gesetze geändert werden, um sie der neuen Situation anzupassen?
Sie möchten Richard Stallman gerne auf der Bühne der NEXT Conference im Mai 2011 sehen? Der Call for Participation ist offen, Sie können hier abstimmen.

Der Anti-Zuckerberg: Johan Staël von Holstein startet MyCube

Mein persönliches Glanzlicht letzte Woche auf der SIME in Stockholm war Johan Staël von Holstein. Seine Ambitionen sind groß: Er hat Facebook und Google auf dem Kieker. Und zwar wegen ihrer, um mit Ilse Aigner zu sprechen, Datensammelwut. Nicht dass Johan Staël von Holstein etwas gegen Daten hätte, im Gegenteil. Doch sein Anliegen ist, den Nutzern die volle Kontrolle über ihre Daten zu geben.
Und seine Metaphorik ist drastisch. Er vergleicht die Abhängigkeit des heutigen Internetnutzers von Google oder Facebook mit der eines Sklaven von dessen Herren. Und ist sich sicher: So wie Sklaverei einst völlig legal war und heute verboten ist, so wird diese Datenausbeutung früher oder später verboten werden – und die Nutzer wieder die Kontrolle über ihre eigenen Daten übernehmen.
Die Firma, die der einstige Gründer von Icon Medialab und LetsBuyIt vor einem Jahr ins Leben gerufen hat, trägt den Namen MyCube. Letzte Woche startete MyCube das erste Produkt namens MyCube Vault. Es ist ein Backup-Werkzeug, zunächst beschränkt auf Facebook. Und anders als Lösungen wie Backupify speichert MyCube Vault die aus Facebook heruntergeladenen Daten statt in der Cloud auf dem eigenen Rechner.
Im Januar soll der zweite Streich folgen: Unter dem Namen MyCube ist der Start eines neuen Social Networks angekündigt. Johan Staël von Holstein ist der Anti-Zuckerberg. Er ist Jahrgang 1963, verheiratet und hat Kinder. Seine Lebenserfahrung verändert die Sicht auf die Dinge. Während es für einen jungen ehemaligen Collegestudenten durchaus attraktiv ist, sein (Privat-)Leben in der Öffentlichkeit zu leben, sieht das für wohlhabende Angehörige der Generation Web 1.0 schon anders aus.
Letztere haben nicht nur Geld, sie sind auch bereit, es auszugeben – und zwar auch für digitale Güter. Insofern ist Johan Staël von Holstein auch der Anti-Anderson. Zum Kern von MyCube wird ein Microbezahlsystem mit einer digitalen Geldbörse gehören. Nutzer können Nutzer für digitale Inhalte bezahlen und dafür selbst bezahlt werden, ohne dass MyCube dafür kassieren will.
Erst wer sein Guthaben auf ein herkömmliches Konto überweisen möchte, wird von MyCube zur Kasse gebeten. Hier heißt der Gegner für Johan Staël von Holstein nicht Facebook oder Google, sondern Visa – für ihn die profitabelste Firma der Welt.

iPhone oder Android, das ist hier die Frage

Das Telekom-Monopol auf das iPhone in Deutschland ist Geschichte. Seit heute ist das Apfeltelefon auch bei Vodafone, o2 und Apple selbst erhältlich. Damit stellt sich die Gretchenfrage des digitalen Konsumenten: Wie hältst Du’s mit der Smartphonereligion? Was spricht für iPhone, was für Android?
iphone_vs_android.jpg
Wir sehen hier eine Neuauflage des großen Schismas zwischen Mac und PC. Google schickt sich an, das Erbe von Microsoft zu übernehmen. Android ist auf dem Weg, das Windows der Smartphones zu werden – jede Menge Hardware von verschiedensten Herstellern, die dem Betriebssystem jeweils eine eigene Geschmacksrichtung verpassen.
Auf der anderen Seite steht Apple mit genau einem Gerät in genau einer Farbe (schwarz wie das T-Modell von Ford, theoretisch auch weiß). Die einzige Variationsbreite ist die Größe des eingebauten Speichers. Das Betriebssystem unterliegt strengster Kontrolle durch Steve Jobs persönlich, inklusive der erhältlichen Apps.
Für mich persönlich ist das Tethering entscheidungsrelevant, also die Möglichkeit, das Telefon mit dem Notebook zu verbinden, um unterwegs Konnektivität zu haben. Hier ergibt sich bis jetzt kein klares Bild. Bei o2 ist Tethering mit dem iPhone erst zum Jahresende angekündigt, Vodafone macht keine Aussagen. Android kann Tethering prinzipiell seit der Version 2.2 – und bei Vodafone funktioniert es auch, sagen mir Kollegen, die bereits ein Android-Gerät haben.
Android oder iPhone? Das iPhone würde sich zwischen Macbook und iPad zweifelsohne ganz hübsch machen. Ohne Tethering allerdings ist es nur die Hälfte wert. Fest steht für mich nur eines: Blackberry ist nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahre keine Option mehr. Das Blackberry Bold 9000 ist schon von den relativ wenigen Apps, die ich installiert habe, völlig überfordert.

The Age of Augmented Humanity.

Es waren große Worte, mit denen Eric Schmidt, CEO von Google bei der diesjährigen IFA eingeleitet wurde. Niemand Geringeres als Albert Einstein und seine Vision von Technologie als Wegbereiter der Demokratie dienten als Prolog:

„Technology enables communication and communication enables democracy!“

Schmidt mühte sich den Worten gerecht zu werden und sprach gleich von einem neuen Zeitalter, das eingeleitet sei: das Zeitalter der Erweiterten Menschheit! Die begriffliche Ähnlichkeit zur Augmented Reality fällt dabei auf und in einem Interview mit der FAZ hat Eric Schmidt auch betont, dass die Augmented Humanity auf dem selben Prinzip aufbaue. So soll uns in 5-10 Jahren unser mobiles Gerät nicht nur mitteilen, wer die Oper direkt vor mir erbaut hat, sondern auch mitteilen, ob Freunde von mir in der Nähe sind oder welche Geschäfte, vielleicht sogar welches andere Opernstück ich mir in der Umgebung anschauen könnte, weil es eher meinen Geschmack trifft. Im Prinzip heißt das nicht anderes, als dass Google in Zukunft unsere Wünsche, Stimmungen und Freunde so gut kennt, dass mir nicht nur Dinge, Orte oder Erlebnisse vorgeschlagen werden, nach denen ich suche, sondern, von denen ich bisher noch gar nichts ahnte.

„Computer science is now driving knowledge in human discipline in all sorts of new ways… Imagine a future where you don’t forget anything. Why? Because the computer remembers. You don’t have to remember anymore.“

Ein Computer, der dir alles Wissen der Welt in Sekundenschnelle zur Verfügung stellt? Das hatten wir doch schonmal. Genau, IBM verkündete vor einigen Wochen den allwissenden Computer konstruieren zu wollen. Hier bei Fischmarkt schrieben wir damals, dass der Watson genannte Supercomputer Antworten auf komplizierte Fragen innerhalb weniger Sekunden finden könnte; und all das ohne große Streuverluste mit irrelevanten Informationen, wie wir es von Google kennen.
Der erste Schritt in das Zeitalter der Augmented Humanity ist nun mit Google Instant getan. Bei dieser Weiterentwicklung der Suchmaschine erscheinen in Echtzeit unter der Eingabeleiste potentielle Suchergebnisse und gibt uns so, quasi unterwegs noch alternative Inhalte mit auf den Weg.

Diese generische Suche ist nur ein erster Schritt in die von Schmidt beschriebene Vision des personalisierten, ortsgebundenen und allwissenden Informationsdienstes. Insbesondere das Attribut allwissend dürfte im Zusammenhang mit Google für Aufsehen sorgen und die Befürchtungen, die im Zuge der StreetView-Debatte beinahe schon hysterische Züge annahmen, schüren. Denn während bei Google Instant noch die Statistik die Wahrscheinlichkeit berechnet, auf deren Grundlage Suchergebnisse vorgeschlagen werden, geht die von Schmidt auf der IFA vorgestellten Vision weiter:

When I walk down the streets of Berlin, I like history. What I want is for my computer – my smartphone – to be doing searches constantly. Did you know? Did you know? Did you know? This occurred here. This occurred there. Because it knows who I am, it knows what I care about, and it knows roughly where I am.
This notion of autonomous search – the ability to tell me things I didn’t know but am probably very interested in – is the next great stage, in my view, of search.

Erweitert die Google-Vision also unser Leben um sinnvolle Instrumente? Oder kommen wir dem Schreckensszenario von George Orwells „Big Brother“ einen Schritt näher?

Warum Google TV eine Schreibmaschinentastatur braucht

Auf der IFA in Berlin sind erste Exponate aufgetaucht, die das Interface des kommenden Google TV in Aktion zeigen. Allerdings zeigt Sony nur ein Demo-Video des für diesen Herbst angekündigten Google-Fernsehers.

Eine wirkliche Live-Demo zeigte Google-Produktmanagerin Brittany Bohnet gestern im Rahmen der IFA-Keynote von Eric Schmidt. Das Video gibt es hier und hier, nebenbei bemerkt in einem der schlechtesten Webvideoplayer, den ich je gesehen habe. Die Demo beginnt bei Minute 32.
Google TV ist die Inkarnation des mächtigsten Google-Paradigmas überhaupt: Search. Die gesamte Interaktion funktioniert über die Suche. Und Suche heißt Tastatureingabe, egal ob Hardwaretastatur oder Touchscreen via Android. Zwar wird es auch eine Spracheingabe geben, auch die wurde gezeigt. Doch es dürfte dauern, bis die sich im Wohnzimmer durchsetzen kann.
Brittany Bohnet nutzte für die Demo eine Standardtastatur, kündigte aber an, dass die im Herbst auf den Markt kommenden Geräte großartige Fernbedienungen haben werden. Egal wie die aussehen, sie werden eine mehr oder weniger herkömmliche Schreibmaschinentastatur haben müssen, um Google TV bedienbar zu machen.
Und damit sind wir, was die Usability betrifft, im Prinzip wieder dort, wo wir auf der IFA 1983 schon einmal waren: beim Start von BTX nämlich. Die Älteren unter uns werden sich erinnern. Auch BTX brauchte eine Tastatur. Aber wer will schon mit einer Tastatur vor dem Fernseher sitzen?
Nerds ganz sicher, aber der Rest der Bevölkerung nahm erst Notiz von BTX, als die findigen Jungs von 1&1 ab 1988 den Dienst dorthin brachten, wo die Tastatur schon vorhanden war – auf den PC nämlich. Dort wuchs das Pflänzchen heran und legte den Grundstein für das, was seit der IFA 1995 T-Online heißt.
appletv_remote.png
Google TV und Apple TV unterscheiden sich nicht nur in der Qualität ihrer Bühnenpräsentationen. Klar, dass Eric Schmidt einem Steve Jobs auf der Bühne nicht das Wasser reichen kann. Der große Vorteil von Apple TV: Es braucht keine Tastatur. Eine simple Fernbedienung genügt, mit viel weniger Knöpfen als der übliche Unterhaltungselektronikschrott, der sonst so als Fernbedienung auf den Couchtischen der Republik liegt.
Das könnte der entscheidende Unterschied sein.

Gmail zieht das Innovationstempo an

Letzte Woche habe ich zum ersten Mal aus Gmail heraus ein Festnetztelefon angerufen. Das geht ganz einfach, auch ohne in den USA zu wohnen: Einfach die Oberfläche auf English (US) umstellen, Gmail neu laden – fertig! Schon prangt eine neue Zeile („Call phone“) in Google Talk Chat. Klicken, Nummer eingeben und anrufen.
screenshot2.jpeg
Anrufe nach Deutschland kosten 2 US-Cent pro Minute, in die USA und nach Kanada sind die Gespräche mindestens bis Jahresende gleich kostenlos. Nebenbei: Wer produziert bei Google eigentlich diese neckischen Videos?

Inzwischen ist das Gmail-Telefon auch schon wieder die Innovation von letzter Woche, denn seit gestern sortiert Gmail auch noch meine Mail nach Wichtigkeit. Priority Inbox heißt der Spaß und ist ganz, ganz großes Kino. Apropos Kino: Auch hier gibt es wieder ein hübsches Video.

SinnerSchrader gewinnt Creative Brand Channel Competition von YouTube

Unser YouTube-Kanal hat die Creative Brand Channel Competition gewonnen. Der von YouTube ausgerichtete Wettbewerb gab deutschen Media- und Kreativagenturen die Gelegenheit, einen eigenen Top Brand Channel zur Eigenpräsentation zu erstellen. YouTube wollte damit die Agenturen dazu herausfordern, das kreative Potential dieser Plattform zu erkennen und zu nutzen.

Well, done. In der Endrunde konnten wir uns gegen Agenturen wie Jung von Matt, MetaDesign, Ogilvy und Scholz & Friends durchsetzen. Die Kriterien bei der Bewertung der Wettbewerbsbeiträge und der Entscheidung über die Gewinner waren Innovation und Kreativität, Interaktion und mögliches Nutzer-Engagement, Einzigartigkeit und Originalität.

Apple TV und iAd: Warum Ads wichtiger sind als Apps

Als ich gestern auf der Heimfahrt MacBreak Weekly lauschte, da fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren von den Augen: Nicht die Apps sind der Killerfaktor für Apple TV, sondern die (i)Ads. Oder vielleicht auch beides. Auf jeden Fall sind Apps nichts ohne Ads.

Exponat 1: MacBreak Weekly 209
Das heiß erwartete neue Apple TV (oder auch iTV) ist ein Pflock, den Apple ins TV-Geschäft einschlagen wird. Dieses Geschäft ruht auf zwei Säulen: Fernsehwerbung und Direktzahlungen der Konsumenten in Form von Bezahlfernsehen, Kabelfernsehen und Rundfunkgebühren. Apple baut beide Elemente nach: iAd für die Werbung, iTunes und App Store für die Direktzahlungen. Und behält jeweils einen Teil der Umsätze für sich.
Allein die TV-Kabelindustrie in den USA hat im vergangenen Jahr 89,9 Mrd. US-Dollar Umsatz erwirtschaftet, davon 53 Mrd. für klassisches Kabelfernsehen. Der US-Markt für Fernsehwerbung wird in diesem Jahr auf 35,4 Mrd. geschätzt. Apple selbst kam im vergangenen Jahr auf 42,9 Mrd. Umsatz, allerdings weltweit.
Mit iAd, iTunes und App Store auf iTV fängt Apple an, an diesem großen Kuchen zu knabbern. Wie seinerzeit bei der Schlacht mit der Musikindustrie wird entscheidend sein, ob es gelingt, die Produzenten attraktiver Inhalte auf die Apple-Plattform zu ziehen – oder vielmehr, wann. Denn mit iPod, iPhone, iPad und iTunes (auf Mac/PC) hat Apple heute bereits eine sehr große Plattform, auf der heute schon mehr und mehr TV-Inhalte verfügbar sind – gute Startvoraussetzungen für das neue Apple TV.
Als erste Branche wird wohl die TV-Kabelindustrie die neue Konkurrenz zu spüren bekommen. Je mehr attraktive TV-Inhalte im Apple-Ökosystem verfügbar sind, desto geringer der Bedarf für Kabelfernsehen. Die Netzbetreiber werden zu dumb pipes, reinen Durchleitern für das Internet – weder Apple noch Inhalteproduzenten oder TV-Sender müssten an sie zahlen. Und auch die TV-Sender sind nicht vor Apple sicher: Wer attraktive Filme oder Serien produziert, kann sie über Apple auch direkt vermarkten.
Dass Apple mit iAd den TV-Markt schon fest im Blick hat, darauf deutet schon die Website hin:
Apple_iAd.jpgExponat 2: advertising.apple.com
Das Killerargument für den Werbemarkt sind übrigens, und hier liegt auch die Verbindung zum zweiten heißen Trend Big Data, die Daten. Apple kann mit iAd echte, harte Nutzungsdaten liefern – kein Vergleich mit den fehlerträchtigen Quotenmessungen von Nielsen oder GfK. iAd ist das trojanische Pferd (Jung von Matt, aufgepasst!), mit dem Apple den TV-Werbemarkt ähnlich aufrollen kann wie Google seinerzeit mit Adwords den Onlinewerbemarkt – der immer noch kleiner ist.
iAd komplettiert das Ökosystem von Apple aufs Feinste. Für den Fernsehmarkt ist die Apple-Werbeplattform das vorletzte Puzzleteil, das noch gefehlt hat. Fehlt nur noch iTV (oder wie auch immer das neue Apple TV heißen wird). Spannend bleibt, was Google und Google TV dem entgegenzusetzen haben. Untätig bleiben wird Google jedenfalls nicht.

Wie Apple und Google das Fernsehen revolutionieren wollen

Neben Big Data ist interessanterweise das gute, alte Fernsehen eines der momentan heißesten Themen. Nicht in seiner analogen Form freilich, und auch nicht als digitales Fernsehen 1.0, das nur die Distribution digitalisiert hat, aber die Geschäftsmodelle unberührt ließ. Das heutige digitale Fernsehen ist nicht innovativer als es seinerzeit die CD im Vergleich zur Schallplatte war. Das digitale Fernsehen 2.0 entsteht derzeit bei Apple und Google.
Beide arbeiten an unterschiedlichen Ansätzen, die sich aus der ebenso unterschiedlichen Unternehmens- und Produktphilosophie erklären lassen. Apple stellt iTunes in den Mittelpunkt und setzt auf Hardware wie iPod, iPhone, iPad oder (wenn es denn kommt) iTV. Der digitale Content läuft auf allen Endgeräten inklusive Mac/PC per iTunes-Software. iTV wäre der Nachfolger von Apple TV, das Steve Jobs zuletzt im Juni als Apples Hobby bezeichnete, mangels übermäßigen Erfolges.
Einiges spricht dafür, dass Apple in diesem Markt auch weiterhin eher vorsichtig agiert. Die Gerüchteküche erwartet derzeit den Launch von iTV für Anfang September, auch wenn sich der Hype gerade wieder etwas abkühlt. Apple hat für den 1. September zu einem Pressetermin eingeladen, bei dem allerdings, saisonal bedingt, die neue iPod-Kollektion für das Weihnachtsgeschäft im Mittelpunkt stehen dürfte.
Google hat für diesen Herbst sein lange erwartetes Google TV angekündigt. Es besteht aus einer zusätzlichen Kiste, die zwischen Fernseher und Settopbox/Receiver installiert wird. In einige neue TV-Geräte soll Google TV auch gleich eingebaut werden. Im Vergleich Apple verfolgt Google eher eine offene Strategie, wie auch schon bei Android vs. iPhone im Mobilfunkmarkt.

Weder Apple noch Google scheint es derzeit zu gelingen, die großen TV-Sender in den USA an Bord zu holen. Der TV-Markt dürfte für beide nicht im Sturm zu nehmen sein, aber mittelfristig spricht vieles dafür, dass Apple den Erfolg von iPod, iPhone und iPad ein weiteres Mal wiederholen kann.
Denn der Killerfaktor könnten die Apps sein. Ein Apple TV (oder iTV) mit dem von iPhone und iPad bekannten Betriebssystem iOS und Zugang zum App Store macht aus dem guten, alten Fernsehkasten die Entertainmentplattform schlechthin, inklusive Games – wenn es Apple denn gelingt, das Bedienungsproblem zu lösen.