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Blick in den Postkorb

Donald E. Knuth (ja, der Knuth) ist seiner persönlichen E-Mail-Hölle am 1. Januar 1990 entkommen. Seitdem benutzt er keine E-Mail mehr. Dem 1992 emeritierten Gelehrten mag diese Abstinenz noch möglich gewesen sein. Heute sind die meisten Nutzer zur E-Mail gezwungen.

Büroarbeitsplätze sind in vielen Branchen flächendeckend mit Mail ausgestattet. Angestellte kommunizieren via Mail mit Kunden, Lieferanten und Dienstleistern. Weil sie es müssen. Eine Mailadresse ist wie eine Aufforderung an die ganze Welt, Mail zu schicken. Und die Welt zögert nicht, es zu tun. Selbst die interne Kommunikation läuft häufig per Mail. Oder läuft nicht, weil Mails einfach nicht gelesen werden.

Fischmarkt: Die E-Mail-Hölle

Die jüngste Generation verweigert sich bereits dem kollektiven Druck und weicht auf eine flexible Kombination von Instant Messaging und SMS aus. Auch ein Grund für die Attraktivität und das Potential von Twitter.

Just ask a group of teen Internet entrepreneurs, who readily admit that traditional e-mail is better suited for keeping up professional relationships or communicating with adults.

Ein schneller Blick in den Posteingang von heute früh: Er enthält 1398 Elemente, davon 577 ungelesen. Das älteste trägt das Datum 13. April 2007. Im April war mein Postkorb leer. 414 Mails stammen aus der Zeit vom 13. April bis 3. Mai. Zwischen dem 3. Mai und dem 8. Juni gibt es genau eine Mail. 577 Mails datieren vom 13. Juli bis 12. August – der größte Teil von ihnen stammt aus der Urlaubszeit.

Posteingang

Hier die letzten zwanzig Mails im Postkorb, eingegangen zwischen 15.21 Uhr gestern und 10.13 Uhr heute. Dazu kamen 6 Spamverdächtige sowie 489 und 131 Spams (in zwei verschiedenen Ordnern).

In diesem Fall sind vier echte Mails darunter, die kein Spam, kein Newsletter und keine Hinweis-Mails von Blogs, Xing, der Stundenerfassung, Facebook oder Twitter sind. Kein Problem, dieser Poststapel ist schnell bearbeitet.

Schwierig wird es nur dann, wenn ich dem Posteingangskorb einmal nicht diese liebevolle Aufmerksamkeit widmen kann, weil ich im Urlaub, auf Reisen, in Besprechungen oder auch einfach nur sehr beschäftigt bin. Dann läuft ein Rückstand auf, den zu bearbeiten sich kaum lohnt.

Die kleine Stichprobe zeigt nämlich, wie wenig tatsächlicher Wert in der Mail enthalten ist. Die meisten Newsletter bekomme ich ungefragt, weil sie an generische Adressen (info@, presse@ etc.) geschickt werden. Meistens lassen sie sich nicht abbestellen. Kein Problem, ich lösche sie einfach.

Die Blog-, Xing-, Facebook- oder Twitter-Mails nehme ich zur Kenntnis und lösche sie ebenfalls. Bleiben eine projektbezogene Mail, die ich zu den Akten lege, und drei blogbezogene Fehlermeldungen, die ich bearbeite, beantworte oder weiterleite.

Nichts gegen die vier nützlichen Mails, aber welchen Wert hat der Rest? Ergotherapie? In der Zwischenzeit sind übrigens schon wieder neue gekommen. Es gibt Tage, da könnte ich von morgens bis abends nur Mail bearbeiten. Aber was hätte ich damit gewonnen – außer einem Fleißbienchen und dem guten Gefühl, das sich beim Anblick einer leeren Inbox einstellt? Wo ist die Wertschöpfung?